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# taz.de -- Aussteigerprogramm für Nazis: Exitus für Exit?
> Seit Jahren verhilft Exit Nazis zum Ausstieg. Nun droht das Ende: In
> einer Förderrunde des Familienministeriums geht der Verein bisher leer
> aus.
Bild: Teilnehmer einer rechten Demo unter dem Motto „Wir für Deutschland“ …
Berlin taz | Wer dieser Tage mit Bernd Wagner spricht, erlebt einen
wütenden Mann. Eine „Schande“ sei es, wie mit seinem Projekt, der
Aussteigerhilfe Exit, umgegangen werde. Man werde völlig hängengelassen,
stehe „mit den Aussteigenden wie Deppen im Regen“, poltert Wagner. „Hier
wird jahrelange Arbeit kaputtgemacht.“
Tatsächlich steht die wohl bekannteste Aussteigerhilfe für
[1][Rechtsextremisten] momentan vor dem Aus. Im Jahr 2000 von Wagner
gegründet, verhalf Exit seitdem nach eigenen Angaben 750 Neonazis zum
Rückzug aus der Szene. Gefördert wurde dies zuletzt maßgeblich durch das
Bundesprogramm „Demokratie leben“, angesiedelt beim
Bundesfamilienministerium. Dort entschied man nun, welche Projekte für die
neue, vierjährige Förderperiode ab 2020 Gelder erhalten. Und: Exit ist nach
eigener Auskunft nicht dabei.
Bis Ende September wurden die Träger, die auch künftig als „Modellprojekte�…
finanziert werden sollen, vom verantwortlichen Bundesfamilienministerium
informiert und dürfen nun ihre finalen Konzepte einreichen. Exit habe dabei
keine Rückmeldung erhalten, sagt Bernd Wagner. „Das ist eine Katastrophe.“
Man sei nun dabei, alle 115 AussteigerInnen, die man aktuell betreue,
„abzuwickeln“, so Wagner. „Die verstehen die Welt nicht mehr. Und ich auch
nicht.“
Im Familienministerium gibt man sich bedeckt. Man befinde sich im laufenden
Verfahren, Informationen zu einzelnen Bewerbern könne man deshalb nicht
mitteilen, erklärt ein Sprecher der taz. Er verweist aber auf die große
Menge der Antragsteller: Für die neue Förderperiode von „Demokratie leben“
hätten sich mehr als 1.000 Projekte beworben, die sich gegen Extremismus
und für Demokratiearbeit engagieren wollen. Nach eine Prüfung durch 60
GutachterInnen seien schließlich rund 100 Initiativen als Modellprojekte
ausgewählt worden. „Wir haben eine hohe Nachfrage und begrenzte Mittel“, so
der Sprecher. [2][„Dies erfordert eine Auswahl.“]
## Alles nur noch Verarsche
Tatsächlich wurde anderen Aussteiger-Projekten bereits die Aussicht auf
eine Förderung mitgeteilt. So soll die Bundesarbeitsgemeinschaft „Ausstieg
zum Einstieg“, die mehrere kleinere Aussteiger-Projekte im Bereich
Rechtsextremismus bündelt, künftig als Modellprojekt gefördert werden –
auch dort hatte man um eine Weiterfinanzierung gebangt. Giffey nennt die
Bundesarbeitsgemeinschaft einen „zentralen Baustein des Bundesprogramms“.
Exit-Chef Wagner indes verweist darauf, dass kein Name in der
rechtsextremen Szene bekannter sei als Exit und kein Projekt mehr
Aussteiger betreut habe, darunter etliche „Hochkaräter“. „Das jetzt alle…
in diesen Zeiten, zu zerschlagen, ist Irrsinn.“ Zumal es, so Wagner, auch
den Bereich Islamismus betreffe, wo derzeit 22 AussteigerInnen mitbetreut
würden. Auch deren Sicherheit werde nun gefährdet, genauso wie die von
potentiellen Opfern.
Auch Teile der Politik reagieren mit Unverständnis. Kaum ein Tag vergehe
derzeit ohne rassistische Gewalt und neue Erkenntnisse über rechtsextreme
Netzwerke, sagt die Grünen-Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth.
„Ausgerechnet jetzt nimmt die Bundesfamilienministerin in Kauf, dass
zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechtsradikalismus und für die
Demokratie erschwert wird. Das ist verheerend.“ Roths Forderung: „Das
Gegenteil müssen wir tun: Etablierte Initiativen mit ihren gewachsenen
Netzwerken stärker unterstützen, die Finanzierung verstetigen und mehr
Planbarkeit schaffen.“
Im Familienministerium wird indes betont, dass das Vergabeverfahren noch
nicht beendet sei. Eine Förderung von Bewerbern sei auch jenseits der
Modellprojekte möglich, so ein Sprecher. Etwa als Teil eines der 14
neugeschaffenen „Bundeskompetenzzentren“. Exit-Gründer Wagner sagt, auch
dazu habe er aber bisher nichts gehört. „Das ist alles offensichtlich nur
noch Verarsche.“
3 Oct 2019
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Neonazis/!t5008534/
[2] /Foerderung-von-Anti-Rechts-Projekten/!5593665
## AUTOREN
Konrad Litschko
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