# taz.de -- Biohändler listen AfD-Hirse aus: „Kein enkeltaugliches Wirtschaf… | |
> Alnatura, BioCompany, dennree, Weiling, Biomare verkaufen keine Ware der | |
> Spreewälder Hirsemühle mehr, weil deren Chef bei der AfD aktiv ist. | |
Bild: Der Rohstoff, mit dem in der Spreewälder Hirsemühle in Kolkwitz-Kriesch… | |
BERLIN taz | Mehrere Bio-Händler haben Hirse-Produkte eines Unternehmens | |
ausgelistet, weil sein Inhaber AfD-Politiker ist. Sowohl die bundesweit | |
vertretene Öko-Supermarktkette Alnatura als auch die regionalen | |
Konkurrenten BioCompany und Biomare sowie der Fachgroßhändler dennree und | |
Weiling teilten der taz mit, sie würden nicht mehr mit der [1][Spreewälder | |
Hirsemühle] zusammenarbeiten. Sie gehört [2][Jan Plessow], Beisitzer im | |
Vorstand der AfD im brandenburgischen Spree-Neiße-Kreis. Die Partei | |
reagiert, indem sie die Auslistung mit dem staatlich organisierten Boykott | |
der Geschäfte von Juden in der Nazi-Zeit gleichsetzt. | |
„Diese Partei leugnet den menschengemachten Klimawandel. Damit stellt sich | |
der maßgebliche Entscheider der Spreewälder Hirsemühle [3][gegen die Werte | |
von Biomare] und der gesamten Bio-Branche“, heißt es auf der Internetseite | |
der Leipziger Kette mit [4][drei Filialen]. In ihrem Sortiment hätten | |
„Produkte aus einem Hause, das sich gegen mehrere wichtige Kriterien für | |
Nachhaltigkeit stellt, keinen Platz“. Deshalb verkauft Biomare nicht mehr | |
Hirsekörner- und flocken des Brandenburger Herstellers, die zum Beispiel | |
für Müslis oder Brot verwendet werden. | |
Die BioCompany ([5][58 Filialen in Berlin, Hamburg und Dresden]) schrieb | |
der taz, Mühlenchef Plessow äußere sich öffentlich zu Themen wie Migration | |
und Klimawandel „auf eine Art und Weise, die sich mit unseren Werten und | |
Überzeugungen, wie z.B. Vielfalt und Toleranz, sowie nachhaltiges, | |
enkeltaugliches Wirtschaften nicht vereinbaren lassen“. | |
## AfD-Reaktion: „Linke Meinungsdiktatur“ | |
„Alnatura hat sich gegründet unter dem Leitgedanken, Sinnvolles für Mensch | |
und Erde zu leisten. Der Klimawandel ist nach wissenschaftlichen | |
Erkenntnissen menschengemacht“, erklärte das Unternehmen, das mehr als 100 | |
Geschäfte in Deutschland und der Schweiz hat. Ökolandbau sei eine | |
Möglichkeit, das Klima zu schützen. Die Kette arbeite mit Partnern, „die | |
auf der Erkenntnis dieser wissenschaftlichen Grundlage diesen Weg | |
konsequent mit uns gehen wollen“. | |
Biomare hatte Mühleninhaber Plessow vor der Auslistung die Möglichkeit zur | |
Stellungnahme gegeben. In seiner Antwort warf Plessow Biomare-Chef Malte | |
Reupert [6][eine „linksradikale“ Einstellung und „Stasi-Manier“] vor und | |
vermutete, Reupert sei „Westdeutscher“. Nach der friedlichen Revolution | |
1989 in Ostdeutschland etabliere sich mehr und mehr eine „linke | |
Meinungsdiktatur“. | |
Auf Reuperts Vorhaltung, dass die AfD den menschengemachten Klimawandel | |
leugne, antwortete der Hirsemüller: „Klimaschutz ist aussichtslos.“ Es sei | |
auch „kompletter Schwachsinn“, alle Atom- und Kohlekraftwerke abzustellen. | |
Plessow bestritt, dass die AfD rassistisch sei, ergänzte aber, „angebliche | |
Flüchtlinge“ würden „durchgefüttert“ und dann auch noch integriert. Er | |
zitierte einen Artikel aus der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit zu | |
„Ausländerkrawallen“ und „Migrantenbanden“. Außerdem fragte er, was d… | |
„Engagement eines Menschen in einer Partei mit dem Produkt zu tun hat, das | |
in seinem Unternehmen hergestellt wird“. | |
## Biohändler will „bei sich selbst anfangen mit dem Verbessern“ | |
Tatsächlich ist Biohändler Reupert [7][Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen | |
im Kreis Nordsachsen] –„und nach eigenen Angaben „Teilnehmer der | |
friedlichen Revolution 1989 in Leipzig“. Es gebe einen Unterschied | |
„zwischen einer echten Verfolgung mit Gefängnis, Berufsverboten bis hin zu | |
Mord – und einem Widerspruch in einer gesellschaftlichen | |
Auseinandersetzung“, schreib Reupert dem Hirsemüller. Kaum ein mit der | |
Sache befasster Wissenschaftler habe Zweifel an der Verantwortung des | |
Menschen für den Klimawandel. Deutschland sei „bei Wohlstand, Demokratie, | |
öffentlichen Institutionen, innerer und äußerer Sicherheit und sozialer | |
Absicherung jeweils unter den besten 10 Staaten auf der Welt“. Es gebe | |
Probleme etwa beim Klimaschutz und der Integrationspolitik. „Nur entbindet | |
uns das alles nicht von der Notwendigkeit und Pflicht, bei uns selbst | |
anzufangen mit dem Verbessern.“ Er streiche deshalb nicht nachhaltige | |
Produkte und Hersteller aus seinem Sortiment. | |
Christian Lüth, Pressesprecher der AfD-Bundestagsfraktion, rückte die | |
Hirsemühle-Auslistung in die Nähe mit dem Boykott jüdischer Geschäfte, den | |
das nationalsozialistische Regime ab 1933 organisierte. Damals hieß es auf | |
Plakaten: „Deutsche! Wehrt euch! Kauft nicht bei(m) Juden!“ Lüth twitterte | |
nun über das Biomare-Schild zur Hirsemühle: „Ökos! Wehrt Euch! Kauft nicht | |
bei AfDlern!“ | |
„Das ist inhaltlich falsch, weil ich nicht Politik oder Staat oder Medien | |
bin, sondern Unternehmer, der eine Sortimentsentscheidung für sich selber | |
trifft“, sagte Reupert der taz. Die Kriterien lege er „nach den Erwartungen | |
meiner Kunden und meinen eigenen Werten“ fest. Das sei von seiner im | |
Grundgesetz verankerten Gewerbefreiheit gedeckt. | |
Plessow ließ eine Bitte der taz um Stellungnahme bis Redaktionsschluss | |
unbeantwortet. | |
7 Oct 2019 | |
## LINKS | |
[1] http://www.hirsemuehle.de/hirse_htmls/hirse_kontakt.htm | |
[2] http://www.afd-spn.de/kreisvorstand/ | |
[3] https://bio-mare.com/auslistung-spreewaelder-hirsemuehle/ | |
[4] https://bio-mare.com/unser-profil/unsere-standorte/ | |
[5] https://www.biocompany.de/bio-company-markt-finden/ | |
[6] https://bio-mare.com/biomare-informiert/transparenz/ | |
[7] https://www.gruene-tdo.info/impressum/ | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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