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# taz.de -- Verdi-Bundeskongress in Leipzig: Gewerkschaft for Future
> Die Gewerkschaft Verdi bemüht sich um einen Anschluss an die
> Klimabewegung. Eine große Mehrheit ist gegen weitere Rodungen im
> Hambacher Forsts.
Bild: Der neue Verdi-Chef Frank Werneke will mit Fridays for Future „eng zusa…
Leipzig taz | Der Beifall für Freya Matilda Schlabes war gewaltig. Am
Freitag direkt nach der Mittagspause betrat die 16-jährige Aktivistin der
Fridays for Future die große Bühne des Verdi-Bundeskongresses in Leipzig.
„Wir alle wissen, wie unbequem große Veränderungen für uns sein können“,
sagte die Elftklässlerin mit entschlossener Stimme zu den knapp 1.000
Delegierten. Aber es sei „nun mal wirklich dringend, denn wir haben keine
zweite Erde in Reserve.“
Der Bundesregierung warf Schabes Untätigkeit vor. Das Klimapaket der Großen
Koalition sei „ein Schlag ins Gesicht der jungen Generation“, denn es
reiche von vorne bis hinten nicht aus. „Wir streiken weiter“, kündigte sie
an. Eine gerechte Klimapolitik sei notwendig. „Und dafür müssen wir noch
viel, viel mehr Menschen werden – in den Schulen, in den Unis und auch bei
euch in den Gewerkschaften“, sagte die junge Frau unter tosendem Applaus.
Der Aufritt von Freya Matilda Schlabes war ein emotionaler Höhepunkt auf
dem Verdi-Kongress, der seit Sonntag in der Leipziger Messe tagt. „Wir
werden gemeinsam für eine ökologische Wende, die sozial gerecht gestaltet
wird, kämpfen und werden Hand in Hand für diese Zukunft nach vorne gehen“,
versprach der neugewählte Vorsitzende Frank Werneke im Anschluss in
Richtung der Fridays for Future. Das sei eine Zusage von ihm.
Lange hatte sich Deutschlands zweitgrößte Gewerkschaft schwer mit der
Klimabewegung getan – aus Angst vor dem Verlust vor Arbeitsplätzen. Verdi
organisiert neben vielen anderen auch die Beschäftigten in den Kraftwerken,
sowohl im Bereich der Steinkohle- wie der Braunkohleverstromung.
Zur innergewerkschaftlichen Konfliktvermeidung vermied die Gewerkschaft
denn auch auf dem vorigen Bundeskongress vor vier Jahren irgendeine
Festlegung auf einen Kohleausstieg vor dem Sankt-Nimmerleins-Tag. Für die
Gewerkschaftsführung war das Thema Klima damals noch ein höchst
unangenehmes Thema.
## Workers for Future
Doch mittlerweile hat sich Verdi mächtig bewegt. Das zeigte sich nicht nur
an „Workers for Future“-Buttons an den Reversen etlicher Delegierter oder
„Verdi-Jugend for Future“-Transparenten. Greifbarstes Zeichen war ein
Kongressbeschluss am Donnerstag: „Der Bundeskongress spricht sich
ausdrücklich gegen die geplante Rodung des Hambacher Forsts sowie die
generelle Zerstörung von Dörfern und Natur für den Braunkohleabbau aus.“
763 Delegierte stimmten für den Satz, nur 63 dagegen. Es gab 16
Enthaltungen. Das war deutlich.
Bemerkenswert: Die Antragskommission hatte zunächst die Ablehnung
empfohlen, dann jedoch nach zahlreichen Wortmeldungen insbesondere aus den
Reihen der Verdi-Jugend und einer zwanzigminütigen Beratungspause ihr Votum
zugunsten des Antrags geändert.
Die Klimafrage zog sich durch den gesamten Kongress, der am Samstag zu Ende
gehen wird. Immer wieder nahmen Delegierte positiven Bezug auf die Fridays
for Future. Auch der bisherige Verdi-Chef Frank Bsirske lobte in seinem
Rechenschaftsbericht am Montag die Jugendbewegung, die zu Recht darauf
dränge, „dass mehr gegen den Klimawandel unternommen wird“. Denn angesichts
der Dynamik und des Ausmaßes des menschheitsbedrohenden Klimawandels dränge
die Zeit.
## Ökologische Transformation, sozial
In der Klimafrage müssten die Gewerkschaften „an vorderster Front stehen“,
sagte Christy Hoffman, Generalsekretärin der UNI Global Union, in ihrem
Grußwort am Mittwoch. „Wir dürfen bei diesem Überlebenskampf nicht am Rande
stehen“, forderte sie. „Toll, dass Verdi hier klar Stellung bezieht.“
In der UNI Global Union haben sich Gewerkschaften – darunter auch Verdi –
aus 150 Ländern zusammengeschlossen, die zusammen rund 20 Millionen
Beschäftige aus dem Dienstleistungssektor vertreten. „Um eine gerechte
Zukunft sicherzustellen, müssen wir mutig sein“, sagte Hoffman.
Schon in der Eröffnungsrede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am
Sonntag nahm das Klima einen zentralen Platz ein. „Der Kampf gegen den
Klimawandel braucht kraftvolle Entscheidungen, besser heute als morgen“,
sagte Steinmeier. Dabei müssten allerdings die Lasten fair verteilt werden,
mahnte er. Die richtige Antwort auf die Erderwärmung sei „nicht soziale
Kälte, sondern solidarische Verantwortung“.
Dem schloss sich am Mittwoch Frank Werneke in seiner ersten Grundsatzrede
als neuer Verdi-Chef an. Erforderlich sei eine „ökologische Transformation,
bei der es sozial gerecht zugeht“, sagte er am Mittwoch. „Wir brauchen
jetzt eine ökologische Energie-, Verkehrs- und Agrarwende“, forderte
Werneke. Ganz auf der Linie von Klimaaktivistin Schlabes bezeichnete er das
GroKo-Klimapaket als „eine klare Enttäuschung“. Mit den Fridays for Future
werde Verdi „auch in der kommenden Zeit eng zusammenarbeiten“.
27 Sep 2019
## AUTOREN
Pascal Beucker
## TAGS
Schwerpunkt Fridays For Future
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