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# taz.de -- Verfassungsgericht gegen Gewerkschaft: Zu klein, darf nicht mitmach…
> Eine neue Minigewerkschaft ist gescheitert. Das Bundesverfassungsgericht
> urteilt, dass sie nicht genügend Mitglieder hat, um tariffähig zu sein.
Bild: Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe
Karlsruhe taz Die Neue Assekuranz-Gewerkschaft (NAG) kann auch weiter keine
Tarifverträge abschließen. Eine Klage der Gewerkschaft, die Beschäftigte
aus der Versicherungsbranche vertritt, scheiterte jetzt beim
Bundesverfassungsgericht. Die Tariffähigkeit dürfe von der
Durchsetzungsfähigkeit, insbesondere der Mitgliederzahl, abhängig gemacht
werden, so das Gericht.
Die NAG wurde 2010 von enttäuschten Verdi-Mitgliedern gegründet, die die
[1][private Krankenversicherung] (PKV) bewahren wollen. Verdi dagegen
fordert eine einheitliche Bürgerversicherung und damit die Abschaffung der
PKV. Die NAG ist keine arbeitgebernahe („gelbe“) Gewerkschaft, sondern
versteht sich als streitbare Beschäftigten-Vertretung. Wieviele Mitglieder
die NAG unter den rund 300.000 Beschäftigten der Versicherungsbranche hat,
will sie aber nicht sagen.
2015 stellte das Landesarbeitsgericht (LAG) Hessen fest, dass die NAG keine
tariffähige Gewerkschaft ist. Die NAG sei zu schwach. Nach Schätzung der
Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi), die das Statusverfahren
beantragt hatte, bestand die NAG damals nur aus rund 500 Mitgliedern.
## Auch Verdi ist nur schwach organisiert
Verdi hat nach eigenen Angaben 17.000 Mitglieder in der
Versicherungsbranche, zu der rund 300.000 Beschäftigte gehören. Der
Organisationsgrad ist also auch bei Verdi schwach. Allerdings hat Verdi mit
knapp zwei Millionen Mitgliedern einen starken Apparat, der auch schwach
organisierten Branchen zugute kommt.
Die NAG erhob gegen das hessische Urteil Verfassungsbeschwerde. „Wie soll
eine Organisation wachsen, wenn ihr wesentliche Rechte wie die
Tariffähigkeit vorenthalten werden?“, fragten die
Assekuranz-Gewerkschafter. An die Tariffähigkeit sind auch noch andere
Gewerkschafts-Rechte geknüpft. So können externe NAG-Funktionäre derzeit
nicht an Betriebsversammlungen und Betriebsratssitzungen teilnehmen. Die
NAG kann auch nicht bei der Wahl externer Aufsichtsratsmitglieder
kandidieren.
Das Bundesverfassungsgericht hielt nun an der bisherigen Rechtsprechung
fest und lehnte die NAG-Klage ab. Tariffähig kann eine Gewerkschaft damit
weiterhin nur sein, wenn sie eine „gewisse Durchsetzungskraft“ gegenüber
der Arbeitgeberseite hat. Sonst wäre eine Gewerkschaft vom guten Willen der
Arbeitgeber und anderer Gewerkschaften abhängig. Das LAG Hessen durfte
dabei auch auf die Größe und Zusammensetzung der Mitgliedschaft abstellen,
so die Verfassungsrichter. Es sei „nachvollziehbar“, dass bei einem
Organisationsgrad von weit unter einem Prozent der Beschäftigten keine
ausreichende Durchsetzungsfähigkeit gegenüber den Arbeitgebern bestehe.
Verdi begrüßte den Beschluss. „Es ist nicht im Interesse der Beschäftigten,
wenn sehr kleine Organisationen Tarifverträge abschließen könnten“, sagte
Martina Grundler, die Fachgruppenleiterin Versicherungen.
Die NAG gibt aber noch nicht auf und will jetzt den Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg anrufen. „Die NAG will auch auf
jeden Fall weitermachen“, sagte Marco Nörenberg, der Vorsitzende des
NAG-Gewerkschaftsrats. Verdi ziehe sich immer mehr aus der
Versicherungsbranche zurück. Das Rückgrat der NAG seien die „weit über
hundert“ zur NAG gehörenden Betriebsrats-Mitglieder. Für die Kandidatur zum
Betriebsrat kommt es nicht auf Streik- und Tariffähigkeit an. (Az.: 1 BvR
1/16)
22 Nov 2019
## LINKS
[1] /Trend-bei-Krankenversicherung/!5048864
## AUTOREN
Christian Rath
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Schwerpunkt Fridays For Future
Frank Werneke
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