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# taz.de -- Die Haushaltswoche im Bundestag: Ein neuer Haushalt und vier Hürden
> Das Füllhorn versiegt. Der Finanzminister dürfte in den kommenden Jahren
> Probleme bekommen, Einnahmen und Ausgabenwünsche in Einklang zu bringen.
Bild: Auf gefüllte Kassen kann der Finanzminister sich künftig nicht mehr ver…
Berlin taz | Noch ist genug Geld da, um Löcher zu stopfen. Über 9
Milliarden Euro nimmt sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) aus den
Rücklagen der vergangenen fetten Jahre, um die Einnahmen und Ausgaben im
Bundeshaushalt 2020 in Einklang zu bringen, der diese Woche im Bundestag
diskutiert wird.
Außerdem verpflichtet er seine KollegInnen in den anderen Ministerien schon
jetzt, insgesamt 5 Milliarden Euro weniger auszugeben, als ihnen im
kommenden Jahr offiziell zustehen. Ein beliebter Finanzminister-Trick,
damit es passt.
Von einer „strukturellen Lücke“ von insgesamt 14 Milliarden Euro in Scholz…
Finanzplan spricht denn auch CDU-Finanzexperte Eckhardt Rehberg. Immerhin:
Nach zehn Jahren Aufschwung ist die finanzielle Lage noch so komfortabel,
dass der SPD-Finanzminister Einnahmen und Ausgaben in Deckung bringt. Und
zwar wieder einmal, ohne neue Schulden einzuplanen. Aber geht das so
weiter? Zum Ende der Haushaltswoche zeigt sich, dass es mehrere Hürden für
die Finanzpolitik gibt.
## Hürde 1: Rezession
„Die hohen Überschüsse schmelzen bis 2021 deutlich ab“, schreibt das
Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in seiner aktuellen Analyse.
Dazu gehört auch die Befürchtung, dass es dieses Jahr wohl zu einer
[1][leichten, vorübergehenden Rezession in der Wirtschaft] kommt. Im
nächsten Jahr folgt dann eine Erholung, hoffen die Forscher. Scholz hat
seinen Entwurf ebenfalls auf die Annahme gebaut, dass die Wirtschaft 2020
wenigstens ein bisschen wächst.
Allerdings kann es auch ganz anders kommen: Führt der Brexit zu größeren
Turbulenzen oder verschärfen die USA und China ihren Handelskonflikt,
könnte die bundesdeutsche Wirtschaft in eine längere Schrumpfung rutschen.
In der Folge würden sich größere Löcher im Haushalt auftun.
## Hürde 2: Investitionen
Der SPD-Finanzminister rühmt, ein „Allzeithoch“ bei den Investitionen
geschafft zu haben. Das ist leicht übertrieben, aber für den Zeitraum seit
2002 hat er recht. 11 Prozent der Mittel im Bundeshaushalt stehen nächstes
Jahr für Investitionen bereit – rund 40 Milliarden Euro von insgesamt 360
Milliarden geplanten Ausgaben. Und trotzdem sind die Lücken in der
öffentlichen Infrastruktur augenfällig. Gerade erst sagte eine Prognose,
dass bald Zehntausende GrundschullehrerInnen fehlen. Der öffentliche Nah-
und Fernverkehr muss ebenfalls dringend ausgebaut werden. Die Mobilfunk-
und Datennetze sind löchrig.
Und besonders schlecht sieht es in vielen Kommunen aus. Deren
Nettoinvestitionen waren 2018 insgesamt negativ. Das heißt: Viele Städte
und Gemeinden geben für ihre Schulen, Kitas, Straßen, Krankenhäuser und
Bibliotheken weniger Geld aus, als für den Werterhalt nötig wäre. [2][Sie
leben von der Substanz.] Um diese Entwicklung umzudrehen, mahnt das DIW ein
Investitionsprogramm von rund 30 Milliarden Euro jährlich an. Davon ist in
der Haushaltsplanung nichts zu sehen.
## Hürde 3: Klima
Der Energie- und Klimafonds der Bundesregierung verfügt augenblicklich über
eine Rücklage von rund 7 Milliarden Euro. Und jährlich kommen mehrere
Milliarden durch die Versteigerung von Emissionszertifikaten hinzu. Doch
selbst diese Summen werden wohl nicht reichen, um [3][alle Maßnahmen zu
finanzieren], die das Klima-Kabinett am 20. September beschließen wird.
Auch hier lautet die Frage: Woher kommen die zusätzlichen Mittel?
## Hürde 4: Nato
Die Bundesregierung hängt hinter ihren Zusagen an das Bündnis zurück,
[4][die Ausgaben für das Militär zu erhöhen]. Wollte man in den kommenden
Jahren 1,5 Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung erreichen, kostete
das rund 6 Milliarden Euro jährlich zusätzlich. Woher nehmen?
## Fazit
Angesichts dieser Herausforderungen wird Haushaltsdisziplin allein nicht
reichen. Höhere Einnahmen müssten her. Etwa in Gestalt des neuen
Emissionshandels für Gebäude und Verkehr sowie der Versteigerung
entsprechender Zertifikate sind sie bereits geplant. Und auch die
sogenannte schwarze Null, das Prinzip der Nicht-Neuverschuldung, dürfte zur
Disposition stehen. Gäbe die Regierung dies auf, könnte sie ohne Probleme
mindestens 5 Milliarden Euro jährlich zusätzlich ausgeben.
12 Sep 2019
## LINKS
[1] /Die-deutsche-Wirtschaft-schrumpft/!5615500
[2] /Initiative-gegen-Schuldenbremse/!5619363
[3] /Generaldebatte-im-Bundestag/!5625571
[4] /Deutschland-erhoeht-Ruestungsausgaben/!5596209
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Das Milliardenloch
Schwarze Null
Olaf Scholz
Investitionen
Finanzen
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Ökonomie
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Rezession
Schwerpunkt Rot-Rot-Grün in Berlin
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