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# taz.de -- Die deutsche Wirtschaft schrumpft: Keep calm and relax
> Minus 0,1 Prozent sind kein Grund zur Panik, sagt die Bundesregierung.
> Allerdings kündigen Zahlen aus den USA von schlechten Zeiten.
Bild: Investitionen trüben die Gewinne: neuartige Turbine in einer Montagehalle
Berlin taz | Der Wirtschaft geht es prächtig, im zweiten Quartal legte das
BIP um satte 0,5 Prozent zu. Das Dumme nur: Die Rede ist von den
Niederlanden.
Und während auch die Eurozone insgesamt leicht wuchs, schrumpfte die
Wirtschaftsleistung in Deutschland um 0,1 Prozent. Als Gründe gibt das
Statistische Bundesamt vor allem den Außenhandel an. Die Exporte von Waren
und Dienstleistungen sanken im Vergleich zum Vorquartal stärker als die
Importe.
Die Abkühlung der Weltwirtschaft, die Unsicherheiten wegen des
Handelskonflikts zwischen den USA und China sowie die Unwägbarkeiten des
Brexits belasten die exportorientierte deutsche Industrie. Hinzu kommt
der Strukturwandel in der Autoindustrie durch die Elektromobilität: Die
Renditen sinken wegen der hohen Investitionen in Forschung und Entwicklung,
schrieb am Dienstag das Center of Automotive Management aus Gladbach. Vor
allem die Chinesen kaufen deutlich weniger Autos – was für Ökonomen auch
ein Hinweis ist, dass die Wirtschaftsdaten dort schlechter aussehen, als
von Peking kommuniziert.
## Es kann auch schnell wieder bergauf gehen
Für das Klima mag das erfreulich sein, für die deutsche Wirtschaft eher
nicht. Aber heißt das jetzt, dass es eine Rezession gibt und erstmals seit
einer gefühlten Ewigkeit wieder steigende Arbeitslosenzahlen? „Ökonomen
haben noch nie eine Rezession rechtzeitig vorhergesagt“, sagt Peter
Bofinger dazu am Telefon. Der Mann muss es wissen, er ist Professor für
Volkswirtschaftslehre an der Universität Würzburg und war von März 2004 bis
Ende Februar 2019 einer der fünf Wirtschaftsweisen. Er verweist damit auf
den Umstand, dass es aus der gegenwärtigen Situation heraus auch schnell
wieder bergauf gehen kann.
Darauf setzt offenbar die Bundesregierung, die zwar von einem „Weckruf und
ein Warnsignal“ (Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier in der Bild)
spricht, sonst aber eher auf das „Prinzip Ruhe bewahren“ setzt. Wohl auch,
um Ausgabenwünsche abzublocken. Immer mehr Akteure fordern jetzt vom Staat,
mit Investitionen die Konjunktur zu stützten – der einflussreiche
Industrieverband BDI etwa wünscht sich, die Bundesregierung möge die
Spielräume der Schuldenbremse voll ausnutzen. Die sieht ja nicht die
derzeit praktizierte schwarze Null vor, sondern ließe eine Neuverschuldung
von 0,35 Prozent des BIP zu. Die Antwort der Bundesregierung am Mittwoch:
no way.
Bofinger hat eine andere Idee: „Unternehmen, die jetzt in neue, effizienter
Technologien investieren, müssten den Betrag sofort komplett abschreiben
können“, sagt er. Abschreiben heißt: Beispielsweise eine Maschine kaufen
und die Kosten in der Steuererklärung ansetzen, damit weniger Gewinn
ausweisen und weniger Steuern zahlen. Normalerweise zieht sich eine solche
Abschreibung über mehrere Jahre hin. Den Unternehmen stünde schneller Geld
für neue Investitionen zur Verfügung, dem Staat würden unter dem Strich
keine Steuern entgehen.
Was in Deutschland gestern unbeachtet blieb, ist eine Meldung aus den USA:
Dort werfen erstmals seit 2005 kurzfristige Staatsanleihen mehr Zinsen ab
als langfristige. Normalerweise wollen Investoren, die ihr Geld lange an
den Staat verleihen, dafür höhere Zinsen sehen, als wenn sie es nur kurz
verleihen. Schließlich kommen sie lange nicht an ihr Geld ran. Kehrt sich
der Trend um, ist das ein deutliches Zeichen der Verunsicherung in der
Wirtschaft: Sämtliche sieben Rezessionen seit 1969 ging eine solche Umkehr
der Verzinsung voran.
14 Aug 2019
## AUTOREN
Ingo Arzt
## TAGS
Rezession
BIP
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Das Milliardenloch
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Federal Reserve
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