| # taz.de -- Haushaltsüberschuss in Deutschland: Finanzielle Schizophrenie | |
| > Klimaschutz, Energiewende, Infrastruktur – dafür braucht der Staat | |
| > Geld. Steuersenkungen sind da nicht angesagt. | |
| Bild: Es geht um Zukunftsfähigkeit: U-Bahn-Station Savignystraße in Essen | |
| Wer politische Forderungen aufstellt, tut gut daran, die großen Debatten zu | |
| berücksichtigen. Worüber redet diese Gesellschaft augenblicklich? Klima, | |
| [1][Energiewende], schlechtes Internet auf dem Land, abgehängte Gebiete, | |
| Differenzen [2][zwischen West- und Ostdeutschland]. Vermeintlich zu hohe | |
| Steuern für Bürger*innen und Unternehmen stehen nicht im Fokus. Dieser | |
| Befund kann helfen bei der Frage, was mit dem [3][neuerlichen Überschuss] | |
| im Bundeshaushalt anzufangen wäre. | |
| Mit 13,5 Milliarden Euro hat der Bund 2019 den höchsten Haushaltsüberschuss | |
| seit der Wiedervereinigung verbucht. Trotz weltwirtschaftlicher Probleme | |
| lief die deutsche Ökonomie unter dem Strich gut. In einer solchen Situation | |
| kann man Steuersenkungen fordern, wie es FDP und Teile der Union tun. Dem | |
| wohnt zwar eine gewisse Plausibilität inne. Die USA haben ihre | |
| Gewinnsteuern für Unternehmen gesenkt, andere reiche Länder ebenso. Wer | |
| will, mag darin einen wachsenden Nachteil deutscher Firmen in der | |
| internationalen Konkurrenz sehen. Die eigentlichen Probleme der hiesigen | |
| Exportwirtschaft liegen jedoch nicht auf der Kostenseite, sondern in | |
| strukturellen Umbrüchen: So muss die Autoindustrie ihre [4][Modellpalette | |
| elektrifizieren]. | |
| Wie die großen politischen Diskussionen nahelegen, geht es jetzt | |
| vornehmlich um Zukunftsfähigkeit. Infrastruktur, Energieversorgung und | |
| öffentliche Dienstleistungen sind nicht auf der Höhe der Zeit. Für diese | |
| Herausforderungen braucht der Staat Geld, das er nicht leichtfertig für | |
| Steuersenkungen ausgeben sollte. Dabei ist es kein Gegenargument, dass | |
| derzeit etliche Milliarden Euro vor allem in Bundesländern und Kommunen | |
| wegen der immer noch schlechten personellen Ausstattung der | |
| Planungsabteilungen nicht ausgegeben werden. | |
| Dieser Zustand ändert sich nur, wenn die begonnene Investitionsoffensive | |
| anhält. Nur dann hat es für Länder und Gemeinden Sinn, neue Planerinnen und | |
| Planer einzustellen. Diesen Bedarf zu kennen, das staatliche Geld aber in | |
| Steuersenkungen zu stecken, wäre eine Art finanzieller Schizophrenie. | |
| 15 Jan 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Hannes Koch | |
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