| # taz.de -- Klimastreik im Norden: Bauern besetzen Hafen in Brake | |
| > Landwirte blockieren den größten Futtermittelhafen Deutschlands. Damit | |
| > protestieren sie gegen klimafeindliche Fleischimporte. | |
| Bild: Die Besetzung des Hafens in Brake soll den Klimastreik am Freitag unterst… | |
| Brake taz | Die LKW-Schlange wird lang und länger. Die Autos stehen vor der | |
| Zufahrt zum Seehafen in Brake an der Unterweser in Niedersachsen, etwa 40 | |
| Kilometer südlich von Bremerhaven. Die Fahrzeuge kommen nicht weiter, so | |
| berichtet es Berit Thomsen von der [1][Arbeitsgemeinschaft bäuerliche | |
| Landwirtschaft (AbL)]. Die AbL hat gemeinsam mit dem [2][Bundesverbandes | |
| Deutscher Milchviehhalter (BDM)] eine Blockade organisiert. | |
| Am Mittwochvormittag rollen in Brake sieben Trecker auf die Zufahrtsstraße | |
| zum Hafen, 40 Bäuer*innen und Sympathisant*innen laufen nebenher, sie | |
| tragen Transparente mit Aufschriften wie: „Mit fairen Preisen und fairem | |
| Handel das Klima retten. Stoppen wir das Mercosur-Abkommen“. | |
| Gegen späten Mittag ist der Hafen blockiert. Für mehr als eine Stunde kann | |
| kein LKW seine Anhänger leeren, kein Schiff seine Ladung löschen. Mit ihrer | |
| Aktion wollen die Vieh- und Milchbäuer*innen auf das geplante | |
| Mercosur-Abkommen aufmerksam machen. Das [3][Freihandelsabkommen zwischen | |
| der Europäischen Union und dem südamerikanischen Wirtschaftsverbund] | |
| Mercosur soll unter anderem die Autoproduktion in Europa ankurbeln, dafür | |
| hoffen die Mercosur-Staaten auf mehr Agrarexporte nach Europa. | |
| Die Blockade der alternativen und links orientierten Organisationen AbL und | |
| BDM soll ein Beitrag zum bundesweiten Klimastreik am kommenden Freitag | |
| sein. „Wir kämpfen für eine nachhaltige Landwirtschaft und kritisieren | |
| weltweite Lebensmitteltransporte“, sagt Ottmar Ilchmann, Milchbauer aus | |
| Rhanderfehn in Ostfriesland: „Wir unterstützen Fridays for Future.“ | |
| Der Seehafen Brake ist der größte Futtermittelhafen in Deutschland. Dort | |
| werden vor allem Getreide, Futter- und Düngemittel umgeschlagen, aber auch | |
| Holz, Papier, Eisen, Stahl. Im vergangenen Jahr wurden dort 6,28 Millionen | |
| Tonnen Güter umgeschlagen. Das nennen die Organisationen AbL und BDM | |
| „fragwürdig“. Milchbauer Ilchmann hat insbesondere die weltweiten | |
| Lebensmitteltransporte im Blick. | |
| Allein die EU importiert jedes Jahr zollfrei rund 250.000 Tonnen | |
| Rindfleisch aus den sogenannten Mercosur-Ländern, also Brasilien, | |
| Argentinien, Paraguay, Uruguay. Die Menge soll künftig um etwa 99.000 | |
| Tonnen jährlich erhöht werden. Darunter ist auch Rindfleisch aus den USA. | |
| Anfang August hatten sich die EU und die USA entsprechend geeinigt, die | |
| Rede ist von jährlichen 45.000 Tonnen. „Amerikanisches Rindfleisch ist das | |
| beste der Welt“, hatte US-Präsident Donald Trump bei der | |
| Vertragsunterzeichnung gesagt. | |
| ## Rinder auf Matschwiesen | |
| Genau das bezweifeln die Bauernorganisationen. „Wir vermuten, dass keine | |
| echte Qualitätskontrolle stattfindet“, sagt Berit Thomsen, | |
| außenhandelspolitische Sprecherin der AbL. Wie kann das sein? Die Einfuhr | |
| beispielsweise von mit Hormonen behandeltem Fleisch in die EU ist streng | |
| verboten. Doch das Verbot kann umgangen werden. Wie Verbraucherzentralen | |
| warnen, gelten Hormonverbote ausschließlich für das Futter, das Tiere etwa | |
| 100 Tage vor der Schlachtung bekommen. Ansonsten stehen die Tiere, häufig | |
| dicht gedrängt, auf zermatschten Wiesen und fressen kein Gras, sondern | |
| meist Kraftfutter. | |
| Ohnehin gilt der europäische Rindfleischmarkt als gesättigt, wie Thomsen | |
| sagt: „Es gibt viel mehr Fleisch, als gebraucht wird.“ Ähnlich, nur | |
| andersherum, verhalte es sich mit dem Export von Milchprodukten. „Gerade in | |
| Niedersachsen gibt es jede Menge Mastbetriebe, die mehr Milch produzieren, | |
| als der deutsche Markt braucht“, sagt Milchbauer Ilchmann. Diese | |
| Überschüsse – Milchpulver, Käse, Babynahrung – würden unter anderem in … | |
| Mercosur-Länder verschifft und geflogen. „Das ist weder nachhaltig noch | |
| ökonomisch sinnvoll“, so Ilchmann. | |
| Von den weltweiten Im- und Exporten hätten kleine Höfe, so wie Ilchmann | |
| einen betreibt, nichts. „Das nutzt nur den großen Handelskonzernen etwas“, | |
| sagt Ilchmann: „Weil die mit großen Mengen kleinere Preise produzieren und | |
| dann von den Konsumenten verlangen können.“ | |
| Schaut man auf die Brandrodungen im Amazonasgebiet, mit denen der Regenwald | |
| vernichtet wird für landwirtschaftliche Nutzflächen, unter anderem als | |
| Weidegebiete und für den Anbau von Exportsoja, lasse das nur einen Schluss | |
| zu. Ilchmann sagt: „Das Abkommen muss verhindert werden.“ | |
| ## Hafenbetreiber bleiben gelassen | |
| Was ist die Alternative? „Lebensmittelsouveränität“, sagt der Bauer aus | |
| Ostfriesland. Das heißt, dass jede Region aus sich selbst heraus die | |
| Lebensmittel produzieren sollte, die sie benötigt. So blieben weite | |
| Transporte aus, für die Lebensmittel sei das ohnehin besser. | |
| Die Betreiberin des Seehafens, die [4][Niedersachsen Ports GmbH,] sieht den | |
| Protest gelassen. Der habe zu keinen größeren Störungen geführt, erklärte | |
| Joachim Birk, Vizesprecher des Unternehmens. Das werde voraussichtlich auf | |
| Strafanzeigen verzichten. | |
| 18 Sep 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.abl-ev.de/start/ | |
| [2] http://bdm-verband.org/html/ | |
| [3] /EU-Mercosur-Freihandelsabkommen/!5626177 | |
| [4] https://www.nports.de/ | |
| ## AUTOREN | |
| Simone Schmollack | |
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