# taz.de -- Für und Wider des EU-Mercosur-Abkommens: Mehr Schaden als Nutzen | |
> Das geplante EU-Abkommen mit den Mercosur-Staaten hilft vor allem | |
> deutschen Autoexporteuren und brasilianischen Rinderzüchtern. | |
Bild: Schon vergessen? Der Amazonas brennt … | |
BRÜSSEL taz | Das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den | |
südamerikanischen Mercosur-Staaten sorgt weiter für Wirbel. [1][Nachdem der | |
Deal zunächst wegen der Waldbrände im Amazonas unter Beschuss geraten war], | |
wird nun auch der wirtschaftliche Nutzen infrage gestellt. | |
Das Abkommen bringe nur minimale wirtschaftliche Gewinne, dafür aber einen | |
rasanten Anstieg der Fleischimporte vor allem aus Brasilien, heißt es in | |
der ersten offiziellen Folgenabschätzung. Sie kommt von der renommierten | |
London School of Economics und sorgt für Ernüchterung in Brüssel. | |
In der EU würde das Bruttoinlandsprodukt nach Schätzungen der britischen | |
Experten um lediglich 0,1 Prozent steigen. Auch die globalen Handelsflüsse | |
würden sich kaum verändern. Dies dürfte vor allem die EU-Kommission | |
enttäuschen. Sie wirbt für den Deal mit dem Argument, die EU werde dadurch | |
zum Vorreiter für den freien Welthandel. | |
Auch die Wirkung auf das Klima halten die Experten für „vernachlässigbar“. | |
Die CO2-Emissionen würden bis 2032 in der EU um lediglich 0,03 bis 0,05 | |
Prozent steigen, in Brasilien um bis zu 0,18 und in Argentinien um bis zu | |
0,7 Prozent. Eine Verbesserung ist das nicht – aber auch nicht der von | |
Kritikern oft behauptete Klima-Killer. | |
## Mehr Rindfleisch aus Brasilien und Argentinien | |
Spürbare Folgen hätte das Abkommen dagegen für den Maschinenbau und die | |
(vorwiegend deutschen) Autohersteller sowie für die brasilianischen und | |
argentinischen Fleischproduzenten. Insgesamt würde die EU 30 bis 64 Prozent | |
mehr Rindfleisch aus den Mercosur-Staaten einführen – und 37 bis 79 Prozent | |
mehr anderes Fleisch. | |
Unter dem Strich würde die EU von dem Abkommen dennoch mehr profitieren als | |
die südamerikanischen Staaten, heißt es in der Studie. Dies ist allerdings | |
vor allem auf das größere (absolute) Handelsvolumen zurückzuführen. Relativ | |
zur Größe der Volkswirtschaft hätten dagegen die Mercosur-Staaten mehr | |
Vorteile – wenn auch nicht sehr große. | |
## Garantien für den Klimaschutz fehlen | |
Reicht das, um die Nachteile – etwa durch zunehmende Brandrodung – | |
auszugleichen? [2][Das Europaparlament ist davon nicht überzeugt.] Die | |
Studie blende völlig aus, „dass die Schwächung der Umweltbehörden und | |
Kontrollen durch die neue brasilianischen Regierung zu mehr Entwaldung | |
führt“, kritisiert die grüne Europaabgeordnete Anna Cavazzini. Dies werde | |
zu mehr Treibhausgasemissionen führen. | |
Auch der Vorsitzende des Handelsausschusses, der SPD-Politiker Bernd Lange, | |
lehnt den Deal in der gegenwärtigen Form ab. Das Abkommen sei „nicht | |
unterschriftsreif“, weil Garantien für den Klimaschutz und Sanktionen | |
fehlten. Lange will den Text, der derzeit von Juristen geprüft wird, noch | |
einmal aufschnüren, um beim Klima und bei den Arbeitnehmerrechten | |
nachzubessern. | |
## Deutschland drückt aufs Tempo | |
Rückendeckung bekommen die Kritiker im Europaparlament aus Frankreich. „Wir | |
können kein Handelsabkommen mit einem Land unterzeichnen, das den | |
Amazonas-Regenwald nicht respektiert, das das Pariser Klima-Abkommen nicht | |
respektiert“, sagte die französische Umweltministerin Elisabeth Borne mit | |
Blick auf Brasilien. | |
Demgegenüber drückt Deutschland aufs Tempo. Das Mercosur-Abkommen biete | |
allen Beteiligten wirtschaftliche Perspektiven und enthalte zugleich ein | |
„ambitioniertes Kapitel zur nachhaltigen Entwicklung mit verbindlichen | |
Regeln zu Arbeit, Umwelt und Klima“, lobte Bundeswirtschaftsminister Peter | |
Altmaier (CDU) bei der Eröffnung der Lateinamerika-Konferenz in Frankfurt. | |
Damit das Abkommen in Kraft treten kann, müssen alle EU-Staaten zustimmen. | |
Neben Frankreich haben auch Irland, Finnland und Luxemburg Bedenken und | |
Vorbehalte. Auch das Europaparlament muss noch einwilligen. | |
9 Oct 2019 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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