# taz.de -- Im Haifischbecken: Stress nach 30 Jahren | |
> Als „lebendiges Denkmal“ hat ein ex-besetztes Haus in Mitte überlebt. | |
> Jetzt aber machen die Samwer-Brüder Druck. | |
Bild: Die phantastischen 1990er Jahre vor der Tucholskystraße 32 | |
Die Hilferufe mehren sich: Ein Café hier, ein Buchladen da, ein | |
Kindergarten oder gleich ein ganzes Mietshaus – überall in der Stadt | |
fürchten MieterInnen und Gewerbetreibende um ihre Existenz. Sie werden | |
hinausgentrifiziert, gekündigt, zwangsgeräumt. Und immer mehr von ihnen | |
wehren sich. Wir erzählen ihre Geschichten. Auch betroffen? Dann schreiben | |
Sie gerne an [email protected]. | |
Die kleinen Fische: Die Bewohner des unsanierten, ex-besetzten Hauses in | |
der [1][Tucholskystraße 30] in Mitte und ihre Freunde aus dem weiß | |
getünchten Nachbargebäude mit der Nummer 32 und ähnlicher Vergangenheit | |
haben über Jahrzehnte ohne Einmischung von außen gelebt. Sie haben ihren | |
Freiraum verteidigt, mit günstigen Mietverträgen, die bereits 1991 | |
abgeschlossen wurden, mit Gemeinschaftsräumen, Hausplena und Platz für | |
Kultur (Comicbibliothek Renate) und Kneipenkultur (Zosch). | |
„Das Haus atmet den fantastischen Zustand der 1990er Jahre“, sagt ein | |
Bewohner, der anonym bleiben will. Die einstigen Umstände, die einer | |
Sanierung der Nummer 30 im Wege standen und zum Ist-Zustand als „lebendes | |
Denkmal“ führten, werden für die Ex-Besetzer nun zum Problem. | |
Der große Fisch: Die Hausverwaltung Home Real-Estate hatte mit nur zwei | |
Tagen Vorlauf die „Beräumung“ des Dachbodens am 2. September angekündigt. | |
Sie war dann nicht erschienen, hat sich aber für diesen Mittwoch erneut | |
angemeldet, ungeachtet dessen, dass die Bewohner die Arbeiten inzwischen | |
selbst erledigt haben. Eine Anfrage der taz wollte die Hausverwaltung am | |
Montag nicht beantworten. | |
Mit einem Protestfrühstück werden die Mieter gegen die angekündigte | |
Maßnahmen protestieren. Eine rückwirkende Mieterhöhung für die Gewerberäume | |
von 10.000 Euro – zu zahlen am Folgetag – haben sie dagegen beglichen. Wem | |
das Haus gehört, konnten die Passanten in der Tucholskystraße tagelang | |
sehen: „Tanze Samwer mit mir“ stand auf einem der vielen aus den Fenstern | |
hängenden Transparente. Im Zuge des Kaufs der [2][Uferhallen in Wedding] | |
vor drei Jahren fielen auch die beiden Häuser an das [3][Geflecht der | |
Rocket-Internet-Brüder]. | |
Wer frisst hier wen? „30 Jahre hat sich keiner eingemischt. Der Dachboden | |
ist der Anfang“, sagt der Bewohner. Immerhin: Sie haben unbefristete | |
Mietverträge. Laut einer Sondervereinbarung sind sie für Instandhaltung | |
selbst zuständig. „Normalerweise kriegt man Mängel angezeigt, eine Frist | |
und tritt in den Dialog“, sagt er. Die Verwaltung setzt dagegen schon bald | |
auf eine Bauamtsbegehung. „Mit diesem Eigentümer werden wir wohl nicht mehr | |
glücklich“, so der Mieter. Der Traum: ein genossenschaftliches Modell, das | |
ihre gemeinschaftliche Lebensweise auf Dauer erhält. | |
9 Sep 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.facebook.com/TucholskyGruen/ | |
[2] /Ausstellung-in-den-Uferhallen/!5617774/ | |
[3] /Rocket-Internet-investiert-in-Immobilien/!5606016/ | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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