# taz.de -- Im Haifischbecken: Klingt illegal, ist es aber nicht | |
> In der Mariannenstraße 34 stehen Eigentumswohnungen zum Verkauf. Die | |
> jetzigen Mieter*innen könnten in drei Monaten auf der Straße stehen. | |
Bild: Die Mieter*innen der Mariannenstraße 34 könnten bald auf der Straße st… | |
Die Hilferufe mehren sich: Ein Café hier, ein Buchladen da, ein | |
Kindergarten oder gleich ein ganzes Mietshaus – überall in der Stadt | |
fürchten MieterInnen und Gewerbetreibende um ihre Existenz. Sie werden | |
hinausgentrifiziert, gekündigt, zwangsgeräumt. Und immer mehr von ihnen | |
wehren sich. Wir erzählen ihre Geschichten. | |
Auch betroffen? Dann schreiben Sie gerne an [1][[email protected]]. | |
Der kleine Fisch: Im August bekamen die Mieter*innen im Mehrfamilienhaus an | |
der Mariannenstraße 34 einen Brief. Darin stand, dass ihre Wohnungen | |
verkauft werden – zehn Tage hätten sie Zeit zuzuschlagen. Danach werde eine | |
Immobilienfirma alle Wohnungen auf dem Markt anbieten. | |
Die Frist ist kurz, aber den Kaufpreis konnte sich im Haus ohnehin niemand | |
leisten. Was kriminell klingt, ist ganz legal: Das Mehrfamilienhaus in | |
Kreuzberg wurde bereits 1998 in Eigentumswohnungen aufgeteilt und 2007 | |
weiterverkauft. Deswegen haben weder Bezirk noch Bewohner*innen ein Recht | |
auf Vorkauf. Zudem ist die Sperrfrist abgelaufen, das heißt, der Eigentümer | |
darf Eigenbedarf anmelden und die Mieter*innen vor die Tür stellen. Das ist | |
deren größte Angst: dass die Wohnungen von Privatpersonen gekauft werden, | |
die selbst einziehen wollen. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate – | |
danach stünden die Bewohner*innen auf der Straße. | |
„Wir befinden uns in einer absurden Situation: Wir hoffen, dass das Haus | |
von einem Kapitalanleger gekauft wird, damit wir weiterhin mieten können“, | |
berichtet Anwohner Andreas (Name geändert), der seit zweieinhalb Jahren im | |
Haus wohnt. Andere Anwohner*innen hätten bereits Kinder und Enkelkinder an | |
der Mariannenstraße aufgezogen. Seit einem Jahr schikaniert der | |
Hausbesitzer die Bewohner*innen: Regelmäßig tauchen Handwerker um 7 Uhr | |
morgens auf. „Die haben so laut und umständlich wie möglich saniert“, | |
vermutet Andreas. | |
Der große Fisch: Die Eigentümerfirma Wildhorn RP 2 GmbH hat das Haus 2007 | |
gekauft und bietet die einzelnen Wohnungen seit August über den Makler | |
David Borck an. Die zwei Gesellschafter der Eigentümerfirma gehören einem | |
Freiherrn und einem Grafen. Andreas’ Vermutung, dass die Sanierungen ein | |
Mittel zum Zweck waren, bestätigt der Jahresabschlussbericht der Firma von | |
2016. Darin steht, dass die Umbauten „für Unruhen unter den Mietern“ sorgen | |
und „einige Mieter lieber umziehen“ werden. Und weiter: „Das ist eindeutig | |
in unserem Interesse, denn dann können wir die frisch leerstehenden | |
Wohnungen sanieren und zu einem weitaus höheren Preis neu vermieten.“ | |
Wer frisst hier wen? Seitdem die Mieter*innen von dem drohenden Rausschmiss | |
erfahren haben, organisieren sie sich. Das Haus ist Teil der Initiative 200 | |
Häuser, die gegen die Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentum in Kreuzberg | |
protestiert. Die Bewohner*innen veranstalteten ein Hoffest, um auf ihre | |
Situation aufmerksam zu machen – zwei Tage später standen die ersten | |
Besichtigungstermine an. | |
12 Sep 2019 | |
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## AUTOREN | |
Anina Ritscher | |
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