| # taz.de -- Surfen am Arbeitsplatz: 90 Sekunden rumballern ist ok | |
| > Viele Menschen vertrödeln Arbeitszeit im Netz, sie surfen und ballern. | |
| > Kein Grund zur Sorge: Das sogenannte Cyberloafing hat viele Vorteile. | |
| Bild: Wer die kleinen Hühner abknallt, kriegt Punkte – und ist weniger gestr… | |
| Die Moorhühner sind nicht umsonst gestorben. Vor zwanzig Jahren wurde das | |
| [1][Computerspiel] entwickelt. Innerhalb von 90 Sekunden so viele Vögel wie | |
| möglich zu erlegen, begeisterte die Massen – und jagte Arbeitgebern Angst | |
| ein. „Moorhuhn bedroht die deutsche Wirtschaft“, titelte Heise Online im | |
| Februar 2000. Die Mitarbeiter würden Speicherplatz verbrauchen und ihre | |
| Zeit mit dem Spiel vertrödeln. „Wenn wöchentlich 300.000 Angestellte | |
| während der Arbeit nur 30 Minuten lang Hühner jagen, bedeutet das bereits | |
| Verluste von fast vier Millionen Euro täglich“, [2][zitierte der Spiegel | |
| einen Arbeitgeber]. | |
| Seit 2002 gibt es einen Namen für das, was Zigtausende Deutsche damals | |
| während ihrer Arbeitszeit taten: „Cyberloafing“, also „Cybertrödeln“.… | |
| zählt nicht nur Surfen im Internet, wenn man eigentlich arbeiten sollte, | |
| sondern eben auch das gute alte Moorhuhn. | |
| Mittlerweile haben sich die Möglichkeiten des Onlinebummelns ebenso | |
| vervielfacht wie die wissenschaftlichen Studien dazu. Das Problem wird | |
| ernst genommen, denn es geht ins Geld: In den USA sollen Arbeitnehmer im | |
| Schnitt zwei Stunden pro Tag „cyberloafen“, was Betriebe übers Jahr | |
| hochgerechnet bis zu 85 Milliarden Dollar kostet. | |
| Wer warum Cyberloafing betreibt, dieser Frage nahmen sich US-Forscher vor | |
| zwei Jahren an. Sie untersuchten 49 bereits durchgeführte Studien zu dem | |
| Thema. Das Interessante an dem Ergebnis, veröffentlicht [3][in der | |
| Fachzeitschrift Career Development International]: Es ist egal, wie lange | |
| man schon bei dem Unternehmen tätig ist. Alter, soziale Herkunft und | |
| Einkommen? Irrelevant. Getrödelt wird überall. | |
| Was sehr wohl einen Unterschied macht, sind Persönlichkeitsmerkmale: Wer | |
| sich gut selbst kontrollieren kann, ist weniger anfällig; das erscheint | |
| logisch. Aber warum sind Menschen mit großem Selbstvertrauen häufiger | |
| Cybertrödler? Das verwunderte die Forscher. Vielleicht, mutmaßen sie, ist | |
| ihnen eher langweilig, oder sie sind so selbstsicher, ihre Aufgaben zu | |
| bewältigen, dass sie nebenbei andere Dinge machen. Wer das Gefühl hat, für | |
| seinen Beitrag für das Unternehmen nicht ausreichend gewürdigt worden zu | |
| sein, der fühlt sich weniger schuldig, in der Arbeitszeit online | |
| abzuhängen. „Neutralisierung“ nennen die Forscher diesen Effekt. | |
| Cyberloafing hat auch Vorteile, wie eine kürzlich im Fachjournal | |
| [4][Computers in Human Behavior erschienene Studie] zeigt. Knapp 260 | |
| Menschen, die Teilzeit in typischen Studentenjobs wie im Verkauf oder in | |
| der Gastronomie arbeiteten, wurden zu ihrem Onlineverhalten sowie zu | |
| Aggression am Arbeitsplatz befragt. Wie zufrieden sind sie mit ihrem Job? | |
| Das Ergebnis: „Cyberloafing“ kann dazu dienen, Stress zu vermindern. Wer | |
| wegen aggressiven Verhaltens unzufrieden mit seinem Job ist, dem geht es | |
| besser, je mehr er sich online ablenkt. Die Moorhühner sind nicht umsonst | |
| gestorben. | |
| 5 Sep 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Die-Wahrheit/!5058461 | |
| [2] https://www.spiegel.de/karriere/computerspiel-moorhuhn-aufstieg-und-fall-de… | |
| [3] https://www.researchgate.net/publication/319601717_A_meta-analytic_investig… | |
| [4] https://www.researchgate.net/publication/313720412_Age_and_Gender_Differenc… | |
| ## AUTOREN | |
| Anna Goldenberg | |
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