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# taz.de -- Schweizer Fremdenfeinde: Mit Internetspielen gegen Ausländer
> Kurz vor den Parlamentswahlen profiliert sich die national-konservative
> SVP durch Hetze gegen Ausländer. Mit einem Spiel, in dem ein Schafbock
> schwarze Schafe aus dem Land kickt.
Bild: In Alpenidyll verpackte Fremdenfeindlichkeit: "Zottel rettet die Schweiz"
Es liest sich wie die Anleitung zum banal-berühmten Internet-Zeitvertreib
"Moorhuhn" - doch nicht Moorhühner sind das Ziel, sondern "schwarze Schafe,
die für kriminelle Ausländer stehen": "Kick die schwarzen Schafe dorthin
zurück, wo sie hergekommen sind. [...] Ein Mausklick verstärkt den Kick.
Die weißen Schafe bitte nicht behelligen." So steht es auf der Website des
"Zottel-Games" (www.zottel-game.ch).
Erdacht ist das Spiel samt seines Protagonisten, dem Schweizer Gamsbock
Zottel, von der Schweizerischen Volkspartei (SVP). In fünf Wochen, am 21.
Oktober, wählen die Schweizer ein neues Parlament. Und die
national-konservative SVP will ihren Siegeszug fortsetzen. Seit der Wahl
2003 ist die Volkspartei die stärkste Partei im Parlament. 28 Prozent
erhielt die Truppe bei der letzten Wahl - und stellt zwei Minister in der
siebenköpfigen Kollektiv-Regierung. Eines der wichtigsten Anliegen laut
Eigendarstellung: "Die SVP setzt sich für weniger Asylmissbrauch, gegen
illegale Einwanderung und gegen die Zuwanderung zum Sozialsystem ein."
Wichtigster Vorkämpfer ist dabei eben Gamsbock Zottel samt seinen braven
weißen Schafen. Aber nicht nur gegen Ausländer kämpft Zottel - auch
Richter, Grünen-Politiker und "EU-Steuervögte" kann man in den vier Spielen
kicken oder wahlweise abschießen.
Doch nicht nur im Internet versucht die SVP entsprechend Stimmung zu
machen. Auch die Plakatwerbung der Nationalkonservativen steht in der
Kritik. Am Freitag haben sich deswegen sogar die Vereinten Nationen
eingeschaltet: Doudou Diène, UN-Experte zur Bekämpfung und Aufdeckung von
Rassismus, forderte die SVP am Freitag erneut dazu auf ein umstrittenes
Wahlplakat zu entfernen. Auch hier wieder im Mittelpunkt: Schafe. Zu sehen
sind weiße, die ein schwarzes aus der Schweiz herausdrängen. Dazu der
Slogan: Sicherheit schaffen! Für den UN-Beauftragten Diène nicht
hinnehmbar. "Ich bin - wie schon andere - zu dem Schluss gekommen, dass das
Plakat Rassen- und Religionshass hervorrufen kann", urteilte er am
vergangenen Freitag in Genf.
Schon zuvor hatte er gemeinsam mit dem UNO-Sonderberichterstatter für die
Rechte von Migranten, Jorge A. Bustamante die Wahlkampagne angeprangert.
DIe Schweizer Regierung antwortete darauf, solche Werbung falle in der
Schweiz unter "Meinungsäußerungsfreiheit".
Zu kritisieren gäbe es für die UN-Rassismusexperten aber eigentlich noch
viel mehr. Etwa das Plakat des Unterwalliser SVP-Nationalrats Oskar
Freysinger. Der nebenberufliche Schriftsteller hat Wahlwerbung aufgehängt,
auf denen Moslems zu sehen sind - von hinten. Sie neigen sich zum Gebet auf
den Boden. "Benutzt Eure Köpfe!" kommentiert Freysingers Plakat die
Abbildung der zahlreichen Hintern.
Auch sein Parteikollege und Fraktionschef Andreas Glarner will auf das
Thema Islam "aufmerksam" machen. Auf seiner Wahlwerbung ist eine
verschleierte Muslimin zu sehen. Daneben steht "Aarau oder Ankara? Damit
wir uns auch in Zukunft wohlfühlen - Andreas Glarner in den Nationalrat."
Dafür gab’s eine Strafanzeige - und eine krude Rechtfertigung vom
Verursacher: "Plakate müssen plakativ sein", erklärte er gegenüber
Schweizer Medien.
Der SVP-Jugendverband zündelt ebenfalls fröhlich mit: Der Nachwuchs aus dem
Kanton Baselland stellte einen "Youtube"-Film auf seine Internetseite, in
der ein Mann mit mehreren Schüssen getötet wird. "80 Prozent der
Gewaltdelikte werden begangen durch kriminelle Ausländer", kommentieren die
Parteijugendlichen das Ganze.
SVP-Parteipräsident Ueli Maurer beunruhigt das alles gar nicht. "Im
Gegenteil: Wir wollen ja die Diskussion anfachen", zitieren ihn Schweizer
Medien. Es sei schon immer so gewesen, dass man bei heiklen Themen zuerst
vom Stil einer Kampagne spreche und nicht von der Sache. "Bis in ein paar
Tagen oder ein paar Wochen spricht man dann vom Inhalt, und dann sind wir
dort, wo wir sein wollen", glaubt der SVP-Chef.
Schon seit Jahren fällt seine Partei immer wieder auf mit ihrer
populistischen Haltung gegenüber Ausländern - und spricht damit
offensichtlich der Mehrheit der knapp acht Millionen Eidgenossen aus der
Seele. Im September 2006 hatte das kleine Völkchen über eine Verschärfung
der Ausländergesetzgebung abgestimmt. Kirchen und Mitte-Links-Bündnisse
hatten einen Volksentscheid gegen die neuen Regelungen angestrengt, die
unter Leitung des SVP-Mannes und Justizministers Christoph Blocher
ausgearbeitet worden waren. Doch 68 Prozent der Schweizer votierten für die
schärferen Gesetze. Jetzt werden Asylanträge von Flüchtlingen ohne
Ausweispapiere grundsätzlich nicht mehr bearbeitet und Ausländern ohne
Aufenthaltsrecht droht bis zu zwei Jahren Haft.
Die nationalkonservative SVP hat Übung in solchen Anliegen. Schon zur
Abstimmung über die erleichterte Einbürgerung im September 2004 hatte die
SVP ein Plakat verbreitet, gegen dessen Botschaft sich dann sogar einige
Parteigruppierungen auflehnten: Auf dem Plakat war eine Holzkiste zu sehen.
Darin liegen Schweizer Pässe - verschiedenfarbige Arme recken sich gierig,
um eines der Dokumente zu ergattern.
Erdacht werden die Kampagnen zumeist von der Schweizer Werbeagentur Goal,
die auf ihrer Website auch die SVP-Kampagnen stolz präsentiert. Und auf
Fortbildungen zum Thema Wahlkampf gibt es Referate zum Thema "Taktik des
Angriffs" und "Militärische Führungsgrundsätze". Anfang 2006 wurde eine
solche Veranstaltungen dann auch mit Know-how aus der Bundesrepublik
unterstützt: Der ehemalige CDU-Bundesgeschäftsführer und Berliner
Ex-Senator Peter Radunski erklärte den National-Konservativen im Hotel Bad
Horn am Bodensee die Wahlkampftaktiken der bundesdeutschen Parteien - in
seiner Funktion als Berater der Firma Publicis PR. Methoden, die übrigens
fruchten. In einer Umfrage der "SRG SSR idée suisse" vom vergangenen
Freitag lag die SVP an der Spitze mit 26 Prozent, vor den Sozialdemokraten
mit 23 Prozent.
17 Sep 2007
## AUTOREN
Max Hägler
## TAGS
Kolumne Internetexplorerin
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