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# taz.de -- Verhandlungen der USA mit den Taliban: Frieden ohne Waffenruhe?
> Das Abkommen der USA mit den afghanischen Taliban verzögert sich und
> könnte in letzter Minute doch noch scheitern.
Bild: Kundus am Samstag: Vorbereitung für die Beerdigung kurz zuvor getöteter…
BERLIN taz | Am 1. September endete die Frist, die US-Präsident Donald
Trump seinem Afghanistan-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad für ein
[1][Abkommen mit den Taliban] gesetzt hatte. Der Termin ist nun
verstrichen, obwohl Khalilzad die letzten Wochen mehrmals behauptet hatte,
man sei einem Abschluss „nahe“.
Am Sonntag erklärte Khalilzad die neunte Gesprächsrunde in Katars
Hauptstadt Doha für beendet und flog nach Kabul, um Afghanistans Präsident
Aschraf Ghani zu „konsultieren“. Aber er sagte nicht, dass die
Verhandlungen zu Ende seien.
Taliban-Quellen erklärten am Wochenende zwar, ihre Führung und
Frontkommandeure hätten Kopien eines Abkommens-Entwurfes erhalten und
würden ihn studieren. Das könne „ein paar Tage“ dauern.
Aber es scheint mindestens noch ein weiteres Problem zu geben: Offenbar
wollen die Taliban das Abkommen als „Islamisches Emirat von Afghanistan“ –
ihre quasistaatliche Eigenbezeichnung – abschließen. Dem dürfte Präsident
Ghani kaum zustimmen. Denn damit würde eine zweite, konkurrierende
afghanische Regierung anerkannt und seine Position weiter geschwächt.
## Rahmenabkommen zu Lasten der afghanischen Regierung
Khalilzad hatte seit Oktober 2018 mit den Taliban verhandelt. Schon im
Januar verkündete er einen Durchbruch in Form eines Rahmenabkommen, in dem
sich die USA zum Abzug ihrer noch gut 14.000 Soldaten aus Afghanistan
bereit erklärten. Das wird auch die anderen etwa 8.500 Nato-Soldaten
betreffen, darunter 1.500 der Bundeswehr.
Die Taliban garantieren im Gegenzug, dass Terrororganisationen wie al-Qaida
und der „Islamische Staat“ (IS) nicht von Gebieten unter Taliban-Kontrolle
agieren dürfen, also rund der Hälfte des Landes.
Aber seither hakt es. Die Taliban weigerten sich, die Regierung in Kabul
als Verhandlungspartei zuzulassen. Khalilzad knickte ein. Er entwickelte
die Formel eines sogenannten inklusiven Verhandlungsteams, zu dem neben
Vertretern der Regierung auch solche der Opposition und Zivilgesellschaft
gehören sollen.
Unmittelbar nach der Unterzeichnung des Abkommens mit den USA soll das Team
als zweiter Gesprächsstrang mit den Taliban über einen innerafghanischen
Friedensschluss und die Nachkriegsordnung verhandeln. Damit aber hatte
Khalilzad Ghanis international anerkannte Regierung bereits zu einer
Fraktion unter anderen herabgestuft.
## Für Präsident Ghani sind die Wahlen jetzt ganz wichtig
Ghani beharrt nun umso stärker darauf, die für den 28. September
terminierte afghanische Präsidentenwahl durchzuziehen. Die soll seine
Position wieder stärken, auch auf die Gefahr hin, dass die Taliban mit
Gewalt gegen die Wahl vorgehen.
Auch weigerten sich die Taliban, eine landesweite Waffenruhe zu
akzeptieren. Sie wollten eine solche nur auf die westlichen Soldaten
beschränken und afghanische Regierungskräfte ausnehmen. Damit stellt das
bilaterale US-Taliban-Abkommen aber noch kein Friedensabkommen dar.
Die Taliban unterstrichen ihre Haltung jetzt mit Angriffen auf die
Provinzhauptstädte Kundus und Pul-e Chumri am Wochenende. Nach offiziellen
Angaben starben in Kundus 27 Menschen, 100 wurden verletzt, in Pul-e
Chumri, Hauptstadt von Baghlan, gab es 6 Tote und 33 Verletzte. Ob in
beiden Fällen neben den Angehörigen der Sicherheitskräfte und Zivilisten
auch tote Taliban mitgezählt wurden, ist unklar.
## Taliban haben zwei Provinzhauptstädte angegriffen
Inzwischen drängten Regierungstruppen und US-Spezialeinheiten die Taliban
wieder weitgehend aus beiden Städten hinaus. In Kundus zogen sich die
Taliban aber nur in stadtnahe Positionen zurück, wo sie schon vor dem
Angriff standen, und zwar seit Jahren.
Solche Gewalt könnte sich bei der September-Wahl wiederholen und damit
innerafghanische Friedensgespräche und letztlich auch den Truppenabzug in
Frage stellen.
2 Sep 2019
## LINKS
[1] /Debatte-Gespraeche-mit-Taliban/!5589677
## AUTOREN
Thomas Ruttig
## TAGS
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Schwerpunkt Afghanistan
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Taliban
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