Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Gespaltenes Brandenburg nach der Wahl: Brandenburger Mauer
> Das Land ist in einen roten Westen und einen blauen Osten gespalten.
> Überall da, wo es Hoffnung gibt, stößt die AfD aber an ihre Grenzen.
Bild: Eine Mauer im brandenburgischen Hirschfeld, wo die AfD über 50 Prozent g…
Beeskow taz | An Beschwörungen hat es nicht gefehlt. „EIN Brandenburg“ lie…
[1][Dietmar Woidkes] SPD im Wahlkampf plakatieren, als bedürfte es nicht
mehr als dieses „EIN“, um klarzustellen: Die SPD ist der rote Faden, der
sich durchs Land zieht, von der Prignitz bis zur Lausitz, vom Fläming bis
zur Uckermark. Früher hieß die SPD mal Brandenburgpartei, nun war diese auf
drei Versalien geschrumpft.
Trotz des erstaunlichen Endspurts, den Dietmar Woidke hingelegt und der
seiner [2][SPD einen knappen Vorsprung vor der AfD gesichert hat], ist seit
dem 1. September klar: Dieses eine Brandenburg gibt es nicht. Es ist
vielmehr tief gespalten. Nicht nur in einen wachsenden Berliner Speckgürtel
und die ländlichen Regionen fernab der Hauptstadt. Brandenburg hat als
Bundesland seit Sonntag auch mit einer Spaltung in Ost und West zu kämpfen.
Schaut man auf die Karte mit den Direktmandaten, so ist der Westen des
Landes rundweg rot, der Osten dagegen nahezu flächendeckend blau. Natürlich
gibt es Ausnahmen. Dietmar Woidke hat seinen Wahlkreis in Forst behauptet,
Mike Bischoff gewann in der Uckermark. Umgekehrt hat die AfD im Westen kein
einziges Direktmandat holen können. Insgesamt gingen 25 Direktmandate an
die SPD, 15 an die AfD. Alle anderen Parteien holten zusammen nur vier
Wahlkreise, einen die Grünen, einen die Freien Wähler, zwei die CDU.
Roter Westen, blauer Osten, das entspricht nicht ganz den bisherigen
Erklärungsversuchen für den Aufstieg der AfD. Abgelegene Landstriche, in
die kein Zug mehr fährt; Dorfläden, die schließen; der letzte Arzt, der das
Licht ausmacht: All das gibt es auch im Westen der Mark. Dennoch hat die
SPD alle drei Wahlkreise in der Prignitz gewonnen. Offenbar hat der Erfolg
der AfD im blauen Osten Brandenburgs noch andere Ursachen als schlechte
Verkehrsanbindungen und Bevölkerungsabwanderung.
Blaues Band an der Grenze zu Polen
An dieser Stelle lohnt ein Blick an die polnische Grenze. In
Eisenhüttenstadt kommen die Rechtspopulisten auf 30 Prozent der
Zweitstimmen, in den ländlichen Regionen der Lausitz erreichen sie wie in
Heinersbrück sogar 50,5 Prozent. Nur in Schwedt, wo die SPD traditionell
stark ist, und im Oderbruch, wo viele Kreative leben, konnte die AfD nicht
punkten.
Zwar hat die AfD die Angst vor Grenzkriminalität geschickt für sich zu
nutzen versucht. Doch das blaue Band an der Grenze zu Polen ist auch eine
verspätete Reaktion auf die Deindustrialisierung der Nachwendezeit. So
arbeiten im Stahlwerk von Eisenhüttenstadt noch 2.500 von ehemals 16.000
Beschäftigten. Obwohl er noch brennt, ist für viele Menschen der Ofen aus.
Was der Braunkohle in der Lausitz noch bevorsteht, lässt sich andernorts
längst beobachten.
Wo nur verschwindet, ohne dass etwas Neues entsteht, färbt sich die
politische Landkarte blau. Wo dagegen Neues entsteht, gibt es auch neue
Hoffnung. Der Spreewald etwa ist als prosperierende Tourismusregion
weitgehend immun gegen die AfD. Ein anderes Beispiel ist die Prignitz. Im
seit der Wende stark geschrumpften Wittenberge gibt es neue Hoffnung.
Geschickt nutzt die lokale Politik die Lage der Stadt an der Bahnstrecke
von Berlin nach Hamburg für eine kleinteilige Wirtschaftspolitik. 1.400
neue Jobs sind entstanden. In Wittenberge kam die SPD auf 38,1 Prozent. Wer
Hoffnung hat, wählt offenbar nicht die Partei der Angst.
Der Wittenberger Bürgermeister Oliver Hermann warnt schon lange, dass die
milliardenschweren Mittel, mit denen Brandenburg den Strukturwandel
bestehen will, nicht allein auf die Lausitz beschränkt werden dürfen. Auch
die Prignitz und die Uckermark, fordert er, müssen mehr unterstützt werden.
Aber auch Frankfurt (Oder) und Eisenhüttenstadt, Schwedt und Guben brauchen
einen strukturpolitischen Neustart, einen Anschub, um für die Green Economy
gerüstet zu sein.
Auf dem Land können neue Arbeitsplätze entstehen
Doch Geld vom Land ist nicht das einzige Rezept gegen die Depression. Wie
in ländlichen Regionen neue Arbeitsplätze entstehen können, hat gerade erst
die Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung über die
„urbanen Dörfer“ gezeigt. Voraussetzung dafür, dass sich junge Menschen a…
der Stadt dauerhaft in ländlichen Regionen niederlassen, sind schnelles
Internet sowie eine Verwaltung, die solche Chancen auch zu nutzen begreift.
Und ein neuer Politikstil, wie ihn etwa Frankfurts Oberbürgermeister René
Wilke (Linke) pflegt: transparent, lösungsorientiert, unideologisch.
Dass die SPD nun nicht mehr wie bisher (mit der Linken) weitermachen kann,
muss für das Land nicht unbedingt negativ sein. Im Gegenteil. Gerade eine
neue Koalition wie zum Beispiel ein Kenia-Bündnis aus SPD, CDU und Grünen
kann neue Ideen für Brandenburg bedeuten. Der SPD ist dazu nämlich in der
Vergangenheit nicht allzu viel eingefallen. Entweder hat sie wie beim
Cargolifter oder dem Lausitzring auf zweifelhafte Großprojekte gesetzt, die
sich am Ende als gescheiterte Symbolprojekte erwiesen. Oder sie hat, wie in
der Lausitz, bis zuletzt an der Braunkohle festgehalten.
Für die Grünen würde mit Kenia, aber auch mit Rot-Rot-Grün dagegen die
Chance bestehen, als Schrittmacher eines neuen Wandels punkten zu können.
Dafür dürfen sie aber nicht allein auf einen schnellen Ausstieg aus der
Kohle setzen, sondern sie müssen den Anspruch formulieren, die innovative
Brandenburg-Partei zu werden. Das Umwelt- und Landwirtschaftsressort wäre
dazu zu wenig. Zukunftsthemen sind auch Verkehr und Infrastruktur.
2 Sep 2019
## LINKS
[1] /Dietmar-Woidke/!t5014933
[2] /SPD-nach-der-Wahl-in-Brandenburg/!5622167
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Landtag Brandenburg
Schwerpunkt AfD
SPD
Brandenburg
Wahlen in Ostdeutschland 2024
Schwerpunkt Landtagswahlen
Parität
AfD Sachsen
Schwerpunkt Landtagswahlen
Schwerpunkt Landtagswahlen
## ARTIKEL ZUM THEMA
CDU in Brandenburg: Konservative Revolte
Saskia Ludwig gilt als krawallige Querulantin der Brandenburger CDU. Nun
fordert sie Landeschef Ingo Senftleben heraus.
Frauen in Parlamenten: Gender Equality? Fehlanzeige!
In den neu gewählten Landtagen in Brandenburg und Sachsen ist der
Frauenanteil zurückgegangen. Alle Parteien haben Nachholbedarf.
Landtagswahl in Brandenburg: Alles okay, Forst?
Bei der Landtagswahl errang die SPD im Städtchen Forst einen komfortablen
Sieg. In der Lokalpolitik dominiert allerdings die AfD. Ein Ortsbesuch.
Wahlergebnisse Sachsen und Brandenburg: Wegschauen geht nicht mehr
Auch die CDU begreift, dass die AfD die Demokratie in Deutschland bedroht.
Jetzt braucht die Zivilgesellschaft Unterstützung von der Politik.
SPD nach der Wahl in Brandenburg: Gerade noch mal gut gegangen
Auch wenn die SPD in Brandenburg Stimmen verloren hat: Auf ihrer Wahlparty
gibt es nur glückliche Verlierer, denn sie liegt klar vorne.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.