Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- SPD-Pläne für Vermögensteuer: Nur das zweitbeste Instrument
> Was Vermögen angeht, gleicht Deutschland mittlerweile einer
> Feudalgesellschaft. Der SPD-Vorschlag einer Vermögensteuer greift leider
> viel zu kurz.
Bild: Das ist nur Geld. Richtiges Vermögen ist viel mehr
Die Ungleichheit bei Vermögen ist in Deutschland dramatisch – nicht wenn
man sie mit egalitären Träumereien misst, sondern mit den Niederlanden,
Frankreich, Spanien vergleicht. Das obere eine Prozent besitzt hierzulande,
so das SPD-Papier zur Vermögensteuer, bis zu einem Drittel des
Gesamtvermögens. [1][Und die unteren 40 Prozent haben nichts. Die Zahlen
sind eindeutig].
Reich wird man in Deutschland in zunehmendem Maße nicht durch Arbeit, Lohn
oder Gehalt, sondern durch Mieten oder Aktiengewinne. Wer hat, wird allein
dadurch reicher, dass er besitzt. Wer nichts hat, hat hingegen nur wenig
Chancen, zu Wohlstand zu kommen. Dass die FDP, die doch Leistung
großschreibt, diese Absage an das meritokratische Prinzip achselzuckend
akzeptiert, zeigt, dass sie zur Partei reiner Besitzstandswahrung verkommen
ist.
Die Deutschen klammern sich noch immer an den Kinderglauben, dass sie
eigentlich eine gleiche Gesellschaft sind. Dabei erinnert das Land
mittlerweile, was das Vermögen angeht, an eine Feudalgesellschaft. Es gibt
oben eine kleine Gruppe, die ihren Besitz stetig mehrt, und unten eine sehr
große Gruppe von Habenichtsen mit geringen Aufstiegsmöglichkeiten. Es ist
ein Rätsel, dass unsere kritische, aufgeklärte Öffentlichkeit diese
Entwicklung hinnimmt wie ein Naturgesetz. Denn zudem sind Steuern für
Besitz in Deutschland extrem gering. In Großbritannien und Frankreich, auch
keine egalitären Modellgesellschaften, sind sie mehr als viermal höher.
Das beste Mittel, um zu verhindern, dass wie von selbst immer weniger immer
mehr besitzen, ist die Erbschaftsteuer. Doch die ist hierzulande so gut wie
wirkungslos. In Deutschland werden pro Jahr 400 Milliarden Euro vererbt,
mehr als 98 Prozent davon steuerfrei. Ob man erbt oder nicht, markiert die
neue Klassenspaltung in Deutschland.
[2][Die SPD möchte nun eine Vermögensteuer einführen]. Das ist erfreulich,
auch wenn es nur das zweitbeste Instrument zur Verringerung der
Reich-Arm-Kluft ist. Immerhin hat die SPD nach langem Zögern den Ernst der
Lage verstanden und scheut sich nicht, sogar das schlimme Wort Umverteilung
in den Mund zu nehmen. Ganz Genaues lässt sich zu den SPD-Plänen noch nicht
sagen. Denn es liegt bislang nur eine schmale Skizze vor, ohne konkrete
Zahlen, die offenbar mit Blick auf die Wahlen in Sachsen und Brandenburg
veröffentlicht wurde.
Klar ist schon jetzt: Der SPD-Vorschlag, der bis zu 10 Milliarden Euro im
Jahr bringen soll, ist viel zu vorsichtig. Um die Jahr für Jahr wachsende
Unwucht beim Vermögen abzubauen, reicht das nicht aus. Es wäre nur ein
erster Schritt.
26 Aug 2019
## LINKS
[1] /Bericht-zu-weltweiter-Ungleichheit/!5467859
[2] /Konzept-fuer-Vermoegensteuer/!5620264
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
Vermögenssteuer
Umverteilung
soziale Ungleichheit
Erbschaftsteuer
soziale Ungleichheit
Wohlstand
Umverteilung
Thorsten Schäfer-Gümbel
Soli-Zuschlag
Lesestück Interview
## ARTIKEL ZUM THEMA
Einkommensunterschiede in Deutschland: Ungleich wie nie
Selten waren Einkommensunterschiede zwischen Arm und Reich in Deutschland
so deutlich wie heute. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der
Böckler-Stiftung.
Umfrage von Allensbach: Schräg gestimmt
Der „Generation Mitte“ geht es gut wie nie, aber die Leute klagen über
schlechte Stimmung. Die Seele funktioniert nun mal paradox.
Debatte über Vermögensteuer: Grüne bleiben lieber vorsichtig
Der SPD-Vorstoß für eine Vermögensteuer stößt bei den Grünen auf gebremste
Begeisterung. Parteichef Habeck wirbt lieber für eine Digitalsteuer.
Konzept für Vermögensteuer: Beschluss zur Profilschärfung
Die Sozialdemokraten wollen reiche Privatpersonen, aber auch Firmenkapital
besteuern. In der Großen Koalition hat das Vorhaben aber keine Chance.
Ökonom über Soli-Zuschlag: „Arme zahlen so viel wie Reiche“
Die reichsten Haushalte müssen nicht weiter entlastet werden, sagt Stefan
Bach. Der Soli sollte auf die Einkommensteuer aufgeschlagen werden.
Ökonom über Verteilungsgerechtigkeit: „Zunehmende Schieflage“
Der neue Wirtschaftsweise Achim Truger kritisiert, dass die Steuerpolitik
die Einkommensungleichheit verstärkt habe. Außerdem lehnt er die
Abschaffung des Soli ab.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.