# taz.de -- Mitstreiterin über 10 Jahre Gängeviertel: „Es wird immer Krisen… | |
> Das Hamburger Gängeviertel-Projekt feiert sein zehnjähriges Bestehen. | |
> Hannah Kowalski war von Anfang an dabei – und dachte oft ans Aufgeben. | |
Bild: Schauplatz etlicher externer und interner Kraftakte und Verwerfungen: Das… | |
taz: Frau Kowalski, heute Abend geht die Zehn-Jahres-Feier des | |
Gängeviertels los, geht es noch drunter und drüber? | |
Hannah Kowalski: In den Gängen des Gängeviertels wurde gestern noch | |
unglaublich viel gebaut, überall brummte es. Es wurden neue Dächer gemacht, | |
eine Seebrücke gebaut, Transparente aufgehangen. Heute treffen nicht nur | |
die Besucher des Gängeviertels ein, sondern auch die Gäste, die hier Kunst | |
und Performance machen. Die letzten Vorbereitungen müssen jetzt schnell | |
noch fertig werden. | |
Wie geht es einem nach zehn Jahren? | |
Für uns sind zehn Jahre ein besonderer Geburtstag, weil wir dieses Jahr | |
ganz viele Gründe haben, um anzustoßen. Der wichtigste Grund ist der | |
Erbpachtvertrag, den wir gerade unterschrieben haben. Der sichert das | |
Gängeviertel für die nächsten 75 Jahre. So wird es dem Markt entzogen und | |
vor Investoren geschützt. Und deshalb finden wir uns natürlich toll. | |
Sie waren bei der Besetzung dabei – haben Sie daran geglaubt, dass Sie so | |
lange durchhalten würden? | |
Nein, ich hatte damit gerechnet, dass wir geräumt werden, dass es ein | |
temporäres Konzept ist, dass es niemals durchgeht und wir so alt werden. | |
Oder ich hätte damit gerechnet, dass nach zehn Jahren das Projekt komplett | |
kommerzialisiert und entseelt wäre. | |
Es gab also Punkte, an denen Sie alles hinschmeißen wollten? | |
Ja, ganz viele, andauernd. Auch kürzlich noch, weil wir nicht die | |
Zugeständnisse bekommen haben, die wir brauchten, um dieses Projekt zu | |
machen. Es wirkt jetzt noch alles so Friede-Freude-Eierkuchen, dabei darf | |
man nicht vergessen, wie hart es war mit der Stadt. Die andere Sache ist, | |
dass wir das alle ehrenamtlich machen. Irgendwann war man einfach | |
ausgebrannt und hatte das Gefühl, es geht nicht weiter. | |
Jetzt wo der Vertrag unterschrieben ist, wird die Zukunft rosig? | |
Also aktuell ist es nicht rosig, aber es ist auch nicht mehr tiefschwarz. | |
Ganz sicher ist es bunt hier. Ein Kunstaktivist hat mir mal gesagt: „Ein | |
Projekt wie das Gängeviertel wird immer in der Krise sein. Wichtig ist, | |
dass nicht alle gleichzeitig in der Krise sind.“ Mir ist also bewusst, dass | |
es immer prekär sein wird, dass es immer Krisen und interne Konflikte geben | |
wird, auch mit der Stadt oder anderen Stellen. Aber wenn ich das Gefühl | |
habe, es geht nicht weiter, haben andere Leute das Gefühl, es geht doch | |
noch weiter, und dieses Kollektiv gibt mir Kraft. | |
Ist der Name der Initiative „Komm in die Gänge“ also noch Programm? | |
Auf jeden Fall. Herausforderungen, wie die Konflikte um Wohnraum und die | |
Vereinzelung der Personen in der Stadt bleiben die gleichen. Was jetzt noch | |
dazu kommt, ist die Frage, wie schaffen wir einen Ort, an dem wir nicht nur | |
eine weiße Mittelschicht haben, sondern wo alle das machen können, was sie | |
wollen und die Möglichkeit bekommen, ihre Projekte anzugehen. Deshalb gibt | |
es noch genug zu tun. Eine andere Sache ist, dass der Feind jetzt nicht | |
mehr nur der Investor ist, so wie vor zehn Jahren, sondern dass man mit dem | |
Rechtsruck Angst hat, dass Projekte wie das Gängeviertel noch unmöglicher | |
werden. | |
22 Aug 2019 | |
## AUTOREN | |
Carlotta Kurth | |
## TAGS | |
Gängeviertel | |
Immobilien Hamburg | |
Stadtentwicklung Hamburg | |
Hamburg | |
Stadtentwicklung Hamburg | |
Hamburg | |
Gängeviertel | |
Denkmalschutz | |
Stadtgeschichte | |
Gängeviertel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Persönlich gefärbte Gängeviertel-Doku: Schandflecken mit Geschichte | |
Sechs Stunden langes Filmepos über das Ende der Hamburger Gängeviertel: | |
„Wir waren das dunkle Herz der Stadt“ von Andreas Karmers. | |
Hamburgs Gängeviertel wird 12: Seltenes Schlangentier | |
Das ehemals besetzte Gängeviertel wird zwölf Jahre alt und feiert. Es will | |
dabei nicht die Probleme aus dem Blick verlieren, die es in der Stadt gibt. | |
11 Jahre Gängeviertel: Ruhige Party in den Gängen | |
Trotz Corona: Das Gängeviertel feiert sein elf-jähriges Jubiläum mit einem | |
Programm, das den Rave in den Kopf verlegt. | |
Denkmalgeschütztes Fabrikgebäude: Abriss anvisiert | |
Ein Bauunternehmen lässt die alte Likörfabrik in Harburg verfallen. Eine | |
Initiative will das denkmalgeschützte Gebäude retten. | |
Stadtgeschichte in Hamburg: Gänge voller Gespenster | |
Der Performance-Gruppe Ligna gelingt ein eindringlicher Audiowalk durch die | |
verdrängte Vergangenheit von Gängeviertel und Stadthaus. | |
Ehemals besetzte Häuser in Hamburg: Das Gängeviertel wird erwachsen | |
Wenn das einst besetzte Gängeviertel in Hamburg seinen 7. Geburtstag | |
feiert, sind 3 von 14 Häusern fertig saniert. Der Architekt erzählt. | |
Zukunft der Städte: Stadtleben selbst gemacht | |
Im Hamburger Gängeviertel wollen KünstlerInnen, HandwerkerInnen und andere | |
Menschen die Idee eines möglichst hierarchiefreien städtischen | |
Zusammenlebens verwirklichen. Was vor exakt zwei Jahren mit einer Besetzung | |
begann, nimmt mittlerweile Form an. | |
Hamburger Künstler um Maler Richter: Höfliche Hausbesetzer | |
Hamburger Künstler okkupieren ein Gebäude im Gängeviertel - mit aller | |
hanseatischer Zurückhaltung. Schirmherr ist Daniel Richter, die Stadt will | |
dies "bis auf weiteres" tolerieren. |