# taz.de -- Denkmalgeschütztes Fabrikgebäude: Abriss anvisiert | |
> Ein Bauunternehmen lässt die alte Likörfabrik in Harburg verfallen. Eine | |
> Initiative will das denkmalgeschützte Gebäude retten. | |
Bild: Darf nicht betreten werden: Die alte Likörfabrik in Hamburg-Harburg | |
HAMBURG taz | „Betreten verboten! Einsturzgefahr! Lebensgefahr!“, mahnt in | |
Großbuchstaben ein gelber Zettel im Fenster. Zusätzlich versperren Bauzäune | |
und ein Container den Weg zu den Hilke-Häusern im Harburger Binnenhafen. | |
Seit 1985 wird in dem denkmalgeschützten Fabrikgebäude kein Schnaps mehr | |
gebrannt. Seitdem steht die alte Likörfabrik leer – und verfällt. Die | |
Initiative Lifa will das Gebäude retten, doch der Eigentümer sperrt sich. | |
2001 hat das Hamburger Bauunternehmen HC Hagemann, das Grundstück samt | |
Gebäuden gekauft, diese jedoch trotz des Denkmalschutzes nie saniert. Und | |
die Geschäftsführer Arne und Christian Weber wollten das Gebäude bereits | |
wieder loswerden. 2018 stand die Likörfabrik im Netz zum Verkauf. | |
Georg Kühnelt wurde über die Verkaufsanzeige auf die alte Fabrik | |
aufmerksam. Gemeinsam mit Freunden aus einem gewerkschaftsnahen Umfeld | |
gründete er die Initiative Lifa, die sich für die Rettung des ältesten | |
Industrieensembles im Binnenhafen einsetzt. | |
Die Gruppe hat viele Ideen für das Gebäude: „Wir wollen nicht alleine | |
leben. Und wir haben einen gesunden politischen Idealismus, um etwas | |
Soziales auf die Beine zu stellen“, sagt Kühnelt. Er wünscht sich ein | |
soziales Wohnprojekt, einen Begegnungsort mit Museumscafé und frei | |
nutzbaren Räumen für Anwohner*innen des Viertels. | |
## Bezahlbarer Wohnraum | |
Die Sanierung der Fabrik würde mehrere Jahre dauern und Millionen kosten. | |
Die Initiative setzt auf eine Mischfinanzierung aus Direkt-, Bankkrediten | |
und Eigenkapital. Beraten wird die Initiative vom Mietshäuser-Syndikat, | |
einem Projektverbund, der sich für den Kauf von Häusern einsetzt, die | |
selbstorganisiert in Gemeineigentum überführt werden. So soll bezahlbarer | |
Wohnraum geschaffen werden. | |
In der alten Fabrik war Kühnelt selbst noch nie. 2019 wollte der Eigentümer | |
die Gebäude abreißen lassen. Ein privates Gutachten sollte die | |
Einsturzgefahr der Fabrik beweisen. Das Denkmalschutzamt habe den Zustand | |
nach einer Begehung der Fabrik jedoch anders bewertet, sagt Kühnelt. Eine | |
endgültige Entscheidung über die Abrisspläne steht allerdings noch aus. | |
Darum darf niemand die Gebäude betreten. | |
HC Hagemann äußerte sich auf Anfrage der taz zu den Abrissplänen: „Derzeit | |
verhandeln wir mit der Freien und Hansestadt Hamburg sowohl über den 2019 | |
gestellten Abbruchantrag als auch einen möglichen Verkauf der Gebäude und | |
des Grundstücks.“ Einzelheiten nannte das Unternehmen nicht. | |
Anfang des Jahres machte HC Hagemann der Stadt jedoch ein überraschendes | |
Angebot: Für einen symbolischen Euro würde Geschäftsführer Arne Weber die | |
Gebäude verkaufen – das Grundstück in der attraktiven Lage im Binnenhafen | |
aber nicht. | |
Das Gutachten und das Angebot seien Teil der Hinhaltetaktik des | |
Eigentümers, meint Kühnelt: „Wir glauben nach wie vor, dass HC Hagemann und | |
Arne Weber bisher eine Verzögerungstaktik fahren und nicht so richtig | |
wollen. Und es wäre schön, wenn sie irgendwann wollen würden.“ Umso länger | |
die Fabrik leer stehe, desto wahrscheinlicher werde ein Abriss. | |
## Bezirk befürwortet Pläne | |
Anfang April hat die Initiative bei einem Treffen mit dem Bezirksamt | |
Harburg ihre Pläne zur weiteren Nutzung der Likörfabrik vorgestellt. „Das | |
Bezirksamt zeigt sich den Vorschlägen auch weiterhin aufgeschlossen | |
gegenüber“, sagt Bezirksamtssprecher Dennis Imhäuser gegenüber der taz. | |
„Derzeit ist ein Verfahren zu diesen Gebäuden bei Gericht anhängig.“ | |
Ohne Webers Zustimmung ist ein Kauf des Grundstücks und der Gebäude nicht | |
möglich. „Es steht und fällt letztlich mit der Entscheidung des | |
Eigentümers“, sagt Kühnelt. Jede Anfrage der Initiative an Weber sei | |
unbeantwortet geblieben. Aber der Zuspruch der Ämter motiviere, | |
weiterzumachen, sagt Rieke Warnecke von der Initiative. Sie glaubt daran, | |
dass es in der Likörfabrik bald soziale Projekte geben wird. Denn wo ein | |
Wille sei, sei auch ein Weg, sagt sie. | |
14 May 2020 | |
## AUTOREN | |
Michelle Bauermeister | |
## TAGS | |
Denkmalschutz | |
Wohnprojekt | |
Wohnraum | |
Selbstverwaltete Wohnprojekte | |
Hamburg | |
Hamburg | |
Rote Flora | |
Gängeviertel | |
Immobilien Bremen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Zukunft der Harburger alten Likörfabrik: Stößchen auf die Hoffnung | |
Die alte Likörfabrik im Harburger Binnenhafen verfällt. Ein Verein will sie | |
retten, doch der Besitzer will sie ihm nicht verkaufen. | |
Besetzerin über Anfänge der Roten Flora: „Die Flora hat ganz viel geschafft… | |
Berit K. kam in der Nacht der Besetzung zur Flora. 30 Jahre später spricht | |
sie über die politische Bedeutung des Hausprojekts. | |
Mitstreiterin über 10 Jahre Gängeviertel: „Es wird immer Krisen geben“ | |
Das Hamburger Gängeviertel-Projekt feiert sein zehnjähriges Bestehen. | |
Hannah Kowalski war von Anfang an dabei – und dachte oft ans Aufgeben. | |
Tauziehen um Bettenhaus: Retten oder Abreißen? | |
Die Stadtteil-Genossenschaft im Hulsberg-Viertel will aus dem Bettenhaus | |
des Klinikums Mitte bezahlbaren Wohnraum machen. Die Stadt ist für Abriss. |