# taz.de -- Zukunft der Harburger alten Likörfabrik: Stößchen auf die Hoffnu… | |
> Die alte Likörfabrik im Harburger Binnenhafen verfällt. Ein Verein will | |
> sie retten, doch der Besitzer will sie ihm nicht verkaufen. | |
Bild: Sieht von außen schön aus, aber in den Wänden ist Schwamm: alte Likör… | |
HAMBURG taz | Die alte Likörfabrik von 1833 im Harburger Binnenhafen ist in | |
keinem guten Zustand. Das Dach ist nicht gedeckt, nur mit durchhängenden | |
Planen bedeckt. Bauzäune und ein Container stehen vor dem backsteinfarbenen | |
Gebäude. Von außen nicht sichtbar breitet sich innen der Hausschwamm aus. | |
Zuletzt wurde hier im Jahr 1985 Likör gebrannt; seitdem steht die alte | |
Fabrik leer. Dennoch steht das Ensemble am Karnapp 15/16 im Zentrum der | |
Bemühungen einer Gruppe von Freunden, dem Verein Li.Fa, der das historische | |
Gebäude sanieren und bewohnbar machen will. Doch dafür müssten sie es erst | |
einmal kaufen, aber ob das klappt, ist unklar: der Investor Arne Weber, dem | |
das Gelände gehört, will nicht an sie verkaufen. | |
Unterstützung gibt es vom Bezirksamt. Das verhandelt mittels eines | |
Projektentwicklers mit Weber über einen Kauf der Anlage. An ihr ließe sich | |
„in besonderer Weise die Siedlungsgeschichte Harburgs“ nachvollziehen, sagt | |
Bezirksamtssprecher Dennis Imhäuser. Deshalb sei es im Interesse des | |
Bezirksamts, das Ensemble zu retten. Sollten die Verhandlungen erfolgreich | |
sein, will das Bezirksamt dem Verein das Gelände weiterverkaufen, zusammen | |
mit zwei städtischen Nachbargrundstücken. Der Verein soll dann die alten | |
Gebäude sanieren und auf den städtischen Grundstücken neu bauen und dort | |
Gewerbe ansiedeln. So soll die Sanierung der Likörfabrik quer finanziert | |
werden. Die wird nämlich kostspielig. Katharina Kucza und Georg Kühnelt vom | |
Li.Fa gehen aktuell von fünf Millionen Euro aus. Ausschließlich Gewerbe | |
wollen sie aber nicht in die Neubauten holen. „Wir wollen ja Wohnraum | |
schaffen“, sagt Kucza. | |
Gemeinsam mit elf anderen hatten sie und Kühnelt im Oktober 2018 die Idee, | |
ein gemeinschaftliches Wohnprojekt zu starten. Viele von ihnen kommen aus | |
der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit. Kühnelt lebte anfangs noch in Halle | |
und fuhr für die Gruppentreffen alle zwei Wochen nach Hamburg. Sie suchten | |
nach möglichen Gebäuden und fanden die alte Likörfabrik. Weber, dem das | |
Gelände seit 2002 gehört, wollte sie eigentlich abreißen. Wegen des | |
Denkmalschutzstatus, den das Ensemble 2013 erhalten hat, ist das nicht ohne | |
Weiteres möglich. So bot Weber das Grundstück Ende 2018 zum Verkauf für | |
zwei Millionen Euro an. | |
„Wir haben uns sofort in die alte Likörfabrik verliebt“, sagt Kucza. Obwohl | |
sie keine zwei Millionen Euro hatten, schrieben sie Weber an – und | |
erhielten nie eine Antwort, sagt Kucza. | |
Trotz dessen begannen sie sich zu organisieren, zu planen und politische | |
Zustimmung zu gewinnen. „Die ersten anderthalb Jahre waren eigentlich nur | |
Recherche“, sagt Kühnelt. Sie gingen eine Kooperation mit dem | |
Mietshäusersyndikat ein, das Eigentum entprivatisieren möchte und dafür ein | |
spezielles Finanzierungsmodell bereitstellt. Darüber hinaus informierte | |
sich die Gruppe über die Geschichte des Ortes, brachte sich in der | |
Nachbarschaft ein und nahm an Sitzungen der offenen Bürger:innenrunde | |
„Begleitgruppe Harburger Binnenhafen“ teil, in der viele Investoren und | |
Projektentwickler, aber auch Behördenvertreter sitzen. | |
Da Weber aber nicht an Kucza und Kühnelt verkaufen will, braucht ihr Verein | |
Unterstützung. Seit Hans-Christian Lied Harburgs Baudezernent ist, | |
involviert sich das Bezirksamt stärker in das Vorhaben, sagen Kucza und | |
Kühnelt. | |
Und das ist dringend nötig. Obwohl trotz mehrerer Gutachten nicht ganz klar | |
ist, ob die Gebäude zu retten sind – das von Weber sagt Nein, das des | |
Denkmalschutzamts sagt Ja – verfallen sie immer weiter, eine Rettung wird | |
schwieriger. | |
Sollte der vom Bezirksamt beauftragte Projektentwickler in den | |
Verhandlungen mit Weber erfolgreich sein, wird der Verein ein Jahr Zeit | |
haben, sich für einen Kauf zu entscheiden. Die Likörfabrik käme im Paket | |
mit den zwei städtischen Grundstücken. Kucza und Kühnelt freuen sich auf | |
die Herausforderung und sind bereit, dafür zu kämpfen, entgegen des | |
aktuellen Bebauungsplans neuen Wohnraum zu schaffen. Den Bebauungsplan zu | |
ändern, wäre ein langwieriger Prozess mit wenig Aussicht auf Erfolg. | |
Bezirksamtssprecher Imhäuser sagt, für eine Änderung müsse der Wohnraumplan | |
des Vereins positiv bewertet werden, was „aufgrund der Rahmenbedingungen | |
jedoch nicht gegeben“ sei. An der Stelle ist eine viel befahrene Straße und | |
Zugstrecke, der Lärm entsprechend hoch. Den höre man in den Gebäuden selber | |
aber nicht, sind sich Kucza und Kühnelt sicher. | |
Sie hoffen, dass ein Verkauf noch dieses Jahr klappen wird. Bis dann | |
wirklich jemand dort wohnen kann, wird es wohl mindestens weitere fünf | |
Jahre dauern. | |
15 Mar 2021 | |
## AUTOREN | |
Hagen Gersie | |
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