# taz.de -- Tauziehen um Bettenhaus: Retten oder Abreißen? | |
> Die Stadtteil-Genossenschaft im Hulsberg-Viertel will aus dem Bettenhaus | |
> des Klinikums Mitte bezahlbaren Wohnraum machen. Die Stadt ist für | |
> Abriss. | |
Bild: Im Bettenhaus des Klinikums Mitte könnten 90 Wohnungen entstehen | |
BREMEN taz | Wohnen, wo andere flachliegen – das ist der Traum von rund 100 | |
Mitgliedern der Stadtteil-Genossenschaft Hulsberg eG. Sie will, dass das | |
zentrale Bettenhaus des Klinikum Mitte in Wohnraum umgewandelt wird. Etwa | |
90 Wohneinheiten, so rechnen die Mitglieder, könnten dort entstehen. Sie | |
wollen „bezahlbaren Wohnraum gerade auch für Gering- und Normalverdiener in | |
einem gemeinschaftlichen Wohnprojekt schaffen.“ | |
Möglich wäre das, weil die Klinik Platz macht für den Stadtteil um sie | |
herum: Von den derzeit noch 19 Hektar, auf die sich das Klinikgelände | |
erstreckt, werden bald nur noch rund sechs Hektar gebraucht. Ein Neubau | |
vereint künftig fast alle Abteilungen, die derzeit über das gesamte Gelände | |
verstreut liegen. | |
Einige Gebäude wie etwa die Augenklinik stehen unter Denkmalschutz und | |
sollen eine Umnutzung erfahren. Andere, wie auch das neunstöckige | |
Bettenhaus, sollen abgerissen werden – jedenfalls, wenn es nach der | |
Grundstücksentwicklungsgesellschaft GEG geht, die für die Vermarktung und | |
den Verkauf der frei werdenden Klinikareale von der Stadt gegründet wurde. | |
Sie will mit Investoren auf dem freiwerdenden Areal ein Parkhaus sowie ein | |
neues Wohngebäude mit 120 Wohneinheiten bauen. | |
Grundsätzlich keine schlechte Idee, die Parksituation am Zentralklinikum | |
ist bereits jetzt katastrophal und wird vermutlich nicht besser, wenn der | |
Rest des Quartiers erst einmal mit Wohnungen bebaut ist. Andererseits: | |
Bremen braucht Wohnraum, und zwar nicht nur im Premium-Segment. Und gut | |
angebundene innerstädtische Flächen wie das Hulsberg-Quartier sind | |
Filetstücke, die es nicht oft gibt. | |
Der vorliegende Bebauungsplan, der allerdings noch durch die Baudeputation | |
und die Bürgerschaft muss, schließt bislang keine der beiden Möglichkeiten | |
aus: Das Bettenhaus könnte ebenso bestehen bleiben wie abgerissen werden. | |
## Gutachten anvisiert | |
Ein Umbau des Bettenhauses sei günstiger als ein Neubau, argumentiert die | |
Stadtteil-Genossenschaft. Ein gerade gestartetes Crowdfunding soll die | |
Finanzierung einer Machbarkeitsstudie sichern, 6.000 bis 15.000 Euro werden | |
benötigt, um ein aussagekräftiges Gutachten zur Umsetzung ihrer Pläne zu | |
erstellen. „Wir wollen ein dauerhaftes Wohnrecht schaffen und die | |
Spekulation mit Grund und Boden verhindern“, heißt es zur Erklärung des | |
Crowdfunding-Projekts. | |
Für Aufregung nicht nur bei der Genossenschaft, sondern auch der GEG sorgte | |
im Dezember allerdings die Ankündigung der Gesundheit Nord (Geno), das | |
Bettenhaus noch drei weitere Jahre nutzen zu wollen. Grund dafür sind | |
mehrere Pannen beim Neubau, unter anderem ein Wassereinbruch nach einem | |
Starkregen und fehlerhaft eingebautes Material, das zu Problemen bei den | |
Lüftungskanälen führte. Auch die Kosten für den Neubau steigen dadurch | |
massiv. Aus den ursprünglich veranschlagten 230 Millionen Euro sind nach | |
jetzigem Stand gut 350 Millionen Euro geworden. | |
Die Verzögerungen wirken sich auch auf die Nutzung des Bettenhauses aus. | |
Geno-Sprecherin Karen Matiszick sagt: „Wir werden den Neubau nicht | |
schrittweise über einen langen Zeitraum beziehen, sondern die Umzüge der | |
unterschiedlichen Abteilungen des Krankenhauses möglichst dicht | |
hintereinander folgen lassen.“ Das führe dazu, dass die über das Gelände | |
verteilten Notfallambulanzen einschließlich der zentralen Notaufnahme | |
schneller als ursprünglich geplant zusammen gezogen werden. Dafür brauchen | |
wir entsprechend Platz.“ | |
## Umzug im Jahr 2019 | |
Die Planungen sehen jetzt so aus: Anfang 2019 sollen die einzelnen | |
Fachbereiche in den Neubau umziehen, die zentrale Notaufnahme wird Ende | |
2019 mit allen anderen Notfallambulanzen vorübergehend in das Bettenhaus | |
ziehen. „Ab 2021 zieht die Notaufnahme dann an ihren endgültigen Platz im | |
Neubau und das Bettenhaus wird frei. Damit wird das Bettenhaus in der Tat | |
später als ursprünglich geplant von uns geräumt“, sagt Matiszick. | |
Was für die Genossenschaft und ihre Pläne einen herben Rückschlag bedeutet, | |
gilt ebenso für die Vermarktungsgesellschaft: „Die Folgen für das gesamte | |
Vorhaben sind bedeutsam und noch nicht in Gänze abschätzbar“, sagt deren | |
Geschäftsführer Florian Kommer. | |
Fest steht aber, dass die GEG für die Zeit nach dem Freiwerden des | |
Bettenhauses trotz der Verzögerungen ihre Variante favorisiert: Sie möchte | |
weiterhin die Häuser der Chirurgie, der Radiologie und eben das Bettenhaus | |
abreißen, „damit ein Parkhaus am Klinikum Bremen-Mitte und, südlich daran | |
angrenzend, ein Wohnhaus mit ca. 120 Wohneinheiten im geförderten | |
Wohnungsbau entstehen können.“ Dies entspreche auch dem städtebaulichen | |
Entwurf in der Fassung von 2013. | |
Die Genossenschaft indessen gibt sich noch lange nicht geschlagen: | |
„Projekte, die etwas anderes wollen als Kapital und Geld, haben es immer | |
schwer“, sagt Margot Müller von der Stadtteilgenossenschaft. „Uns geht es | |
um bezahlbaren Wohnraum.“ Bei solchen Projekten gebe es „immer harte | |
Auseinandersetzungen – und zwar bis zu dem Tag, an dem das Projekt wirklich | |
steht“. | |
Man habe außerdem schon sehr viel erreicht: Zunächst habe es geheißen, das | |
Bettenhaus werde in jedem Fall abgerissen. Dass dessen Zukunft immer noch | |
offen sei und die Möglichkeit, es in Wohnungen umzuwandeln im Bebauungsplan | |
nicht ausgeschlossen sei, sei schon jetzt ein Erfolg. | |
4 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Karolina Meyer-Schilf | |
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