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# taz.de -- 11 Jahre Gängeviertel: Ruhige Party in den Gängen
> Trotz Corona: Das Gängeviertel feiert sein elf-jähriges Jubiläum mit
> einem Programm, das den Rave in den Kopf verlegt.
Bild: Probieren neue Veranstaltungsformate: die Kuratorinnen des Gängeviertel-…
Hamburg taz | „Es ist das beste Programm, das wir je hatten“, sagt Hannah
Kowalski von der [1][Gängeviertel-Genossenschaft]. Einerseits. Und
andererseits: „Es fehlt das Hedonistische, das Tanzen.“ Das Fest zum
elfjährigen Geburtstag des Gängeviertels ist wie eine Miniaturaufnahme der
Chancen und Grenzen künstlerischer und gesellschaftspolitischer Aktivitäten
zu Coronazeiten.
„Ein bisschen ruhiger“ als zu anderen Zeiten sei das Geburtstagsprogramm,
sagen die Organisatorinnen Olivia Amon und Nadine Schwalb. Ohne Rave also,
aber mit mehr inhaltlicher Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen,
politischen und sozialen Themen, etwa Klimagerechtigkeit, Rassismus oder
dem Recht auf Stadt für alle.
Eingeladen sind Initiativen wie die Seebrücke, Seawatch oder Scientists for
Future. Dabei sind es letzten Endes vielleicht weniger die Themen, die neu
und anders sind, als die Formen: eine Tanzperformance per Zoom, ein
Minifreiluft-Kino und Workshops in den Häusern des Gängeviertels, die nur
kleine Gruppen besuchen können – das Grundprinzip ist: first come, first
serve. Aber gerade die Begrenztheit könnte zu einem ungewohnt intimen und
persönlichen Austausch führen.
Die in Coronazeiten zu neuer Popularität gekommene Eins-zu-eins-Performance
wird es auch geben: ein multimedialer Theaterwalk namens „Verschwörung im
Gängeviertel“ des Kollektivs f.e.t.t. und Verbündeten. Zutaten sind
labyrinthische Souterrain-Räume, Bill Gates und Retortenmenschen, aber auch
die Frage, was als gesichertes Wissen gilt.
Zustande kommen konnte das Projekt eigentlich nur, so sagt Lili Süper vom
f.e.t.t.-Kollektiv, weil sie als WG zu Coronazeiten daran arbeiten konnten.
Sie ist beeindruckt, wie viele Leute sich beteiligt haben. „Es ist so viel
Energie da“, sagt sie – von Leuten, die endlich wieder gemeinschaftlich
arbeiten wollen. Der Stillstand der vergangenen Monate hat die Planung
teils auch erleichtert: Der Rechtsextremismus-Experte und taz-Kolumnist
Andreas Speit, der sonst Monate im Voraus ausgebucht sei, könne diesmal
kommen.
Die Frage, wie man ein Kollektiv zu Coronazeiten organisiert, hat auch das
Gängeviertel als Ganzes umgetrieben. „Alles lief digital“, sagt Christine
Ebeling von der Genossenschaft. Die rund 200 Menschen, die den engeren
Kreis aus MieterInnen, RaumnutzerInnen und Engagierten bilden, treffen sich
per Videokonferenz und stimmen digital ab. So fehlt es an ganz
verschiedenen Ecken an Direktheit: direkten Begegnungen mit den „Momenten
des Unplanbaren“, wie Ebeling es nennt. Und ganz praktisch: an Einnahmen
aus dem normalen Betrieb mit Bar.
Gleichzeitig geht es an Großbaustellen des Gängeviertels voran: Nachdem
drei der zwölf Gebäude bereits saniert sind, soll demnächst mit dem vierten
begonnen werden. Dann muss die Genossenschaft für die Wohnungen im
Speckhaus MieterInnen auswählen. Kriterium soll neben einem
Wohnberechtigungsschein – das Projekt gehört zum sozialen Wohnungsbau –
auch die Frage sein, was die künftigen BewohnerInnen zum kollektiven und
kulturellen Leben im Gängeviertel beitragen können.
Es scheint, dass der „Großbetrieb der Freiwilligkeit“, so nennt es
Christine Ebeling, gut aufgestellt in sein zwölftes Jahr geht. Als einer,
der rechtzeitig eine Konfliktmanagement-Gruppe initiiert hat und seine
Grenzen erkannt hat, etwa bei der Hilfestellung, die er Wohnungslosen geben
kann. Und anderseits: eine Initiative, deren alter Kern noch „angedockt“
ist, so sagt es Ebeling und die sich zugleich „immer wieder verjüngt“. Die
Frau, die als 14-Jährige hinterm Tresen begonnen hat, ist jetzt bei der
Hauptorganisation dabei.
21 Aug 2020
## LINKS
[1] https://das-gaengeviertel.info/
## AUTOREN
Friederike Gräff
## TAGS
Gängeviertel
Recht auf Stadt
Hamburg
Kollektiv
Genossenschaft
Hamburg
Leerstand
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Gängeviertel
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Hannah Kowalski war von Anfang an dabei – und dachte oft ans Aufgeben.
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