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# taz.de -- CDU-Stadtrat in Freital: Erst Fußballer, dann Politiker
> Candido Mahoche braute Bier, spielte Fußball und machte Lokalpolitik, wie
> die anderen in seiner Heimatstadt Freital auch. Dann kam das Jahr 2015.
Bild: Politik sei wie Fußball, sagt Candido Mahoche, man müsse die Fehler der…
Candido Mahoche ist Fußballtrainer, und das hat ihn politisch gemacht.
Mahoche lebt in Freital. Sein Verein, der Hainsberger e. V., brauchte eine
Spielstätte, seine Stadt hatte eine passende Halle, eigentlich. Aber auch
Angst, die Halle könnte beschädigt werden. Sie ließ nicht mit sich
verhandeln. Also trat Mahoche in die CDU ein, kandidierte bei den
Kommunalwahlen 2015 und schaffte es in den Freitaler Stadtrat. Dort sitzt
er bis heute.
Mahoche ist 60 Jahre alt. 1980 war er aus Mosambik in die DDR gekommen,
begann eine Ausbildung als Brauer, verliebte sich in seine zukünftige Frau.
Als die Wende kam, gingen viele Gastarbeiter. Candido Mahoche blieb und
wurde Freitaler. Er hat die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Bis
heute arbeitet er als Braumeister für eine Traditionsbrauerei.
Es war die Arbeit, die ihn damals ankommen ließ, sagt er. Er war
ausgelastet, hatte Ansprechpartner. Mit seinem eigenen Gehalt konnte er
sich integrieren. Deshalb erklärt er sich den Rechtsruck seit 2015 auch
damit, dass viele Geflüchtete nicht arbeiten gehen können: „Es ist
unmöglich, dass Menschen, die über 20 Jahre alt sind, nicht arbeiten dürfen
und deshalb nur rumhängen“, sagt er. Das sei schlecht organisiert gewesen,
und er verstehe diejenigen, die fragten, warum Geflüchtete teure Handys
besäßen, wenn sie doch nicht arbeiten gingen. Politiker*innen hätten auf
viele Fragen der Freitaler*innen keine Antworten gehabt. Sagt er.
Anders hingegen sei Michael Kretschmer, der CDU-Ministerpräsident von
Sachsen. Mit ihm zieht Mahoche gemeinsam in den Wahlkampf, er sagt,
Kretschmer höre zu und interessiere sich für Sorgen. Das brauche es, um den
Kampf gegen die AfD zu gewinnen. „Als Trainer sage ich meinen Spielern: Wir
müssen immer die Fehler unserer Gegner erkennen, um selbst ein Tor zu
schießen.“ Das gelte auch für Politik.
Mit Pegida auf dem Spielfeld
Damals, 2015, hatte Mahoche die Stadt endlich überzeugt, seinen Verein in
der Halle spielen zu lassen. Dann kam der Rassismus. Er, der seit 25 Jahren
im Ort lebte, wurde nun von manchen Nachbar*innen nicht mehr angeschaut.
Andere machten Affengeräusche, wenn sie ihn sahen. Er wurde beschimpft.
Aber ob es viele Rassist*innen in Freital gäbe? Mahoche zögert, antwortet
ausweichend.
„Es sind nicht alle Menschen Rassisten in Freital“, sagt er. Die Mehrheit
nicht. Und die Beleidigungen, die Ausgrenzungen? „Ich lasse mich von den
Pappnasen nicht provozieren“, sagt er. Es scheint ihm wichtiger, den Ruf
seiner Stadt zu schützen, als sich selbst. „Wenn es wirklich so viel
Rassismus in Freital gäbe, wer würde dann sein Kind einem schwarzen
Fußballtrainer anvertrauen?“
Manchmal verbindet Sport. Und manchmal zwingt er zu den seltsamsten
Begegnungen. Zum Beispiel zu der mit Lutz Bachmann. Bachmann ist der
Gründer von Pegida. Mahoche kennt ihn vom Fußballplatz. Einmal, so erinnert
sich Mahoche, soll Bachmann zu ihm gesagt haben: Candido, es geht ja nicht
um dich, es geht um die anderen! „Ich habe direkt gesagt, dass das Quatsch
ist, was er sagt“, erzählt Mahoche.
Im Mai wurde Mahoche als Stadtrat wiedergewählt. Sein großes Ziel für diese
Wahlperiode ist eine Mehrzweckhalle für Freital. Dort sollen alle Sport
machen können. Sport, das ist für Mahoche auch Integration. Die vielen
kleinen Sportvereine möchte er zusammenlegen, sagt er, sie sollen so
erfolgreicher werden. Die DDR wolle er zwar nicht zurück, sagt er, doch
etwas mehr Sozialismus schade nicht.
Als die taz ihn fragt, ob es sich auch eine Kandidatur auf der Landesebene
vorstellen könne, lacht Mahoche herzlich. „Das habe ich mir noch nicht
überlegt“, sagt er. Und dann: „Aber warum nicht?“
7 Aug 2019
## AUTOREN
Linda Peikert
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