| # taz.de -- Geflüchtetenhilfe in Brandenburg: Die Grundsolidarische | |
| > Friederike Westphal hilft an allen Ecken. Momentan kämpft sie vor allem | |
| > für einen: ihren von Abschiebung bedrohten besten Freund Anees M. | |
| Bild: Friederike Westphal, 23, studiert Not- und Katastrophenhilfe | |
| Das Solidarische kam mit den Joghurtbechern. Schon als kleines Mädchen fiel | |
| Friederike Westphal auf, dass ihre Mutter die leeren Becher erst spülte, | |
| bevor sie in den Müll kamen. „Wenn die gelben Säcke sortiert werden, dann | |
| müssen die Leute da doch reinfassen“, erklärte sie ihr damals. Das hat | |
| Westphal geprägt. Solidarität und der Gedanke an andere ziehen sich seit | |
| jeher wie ein roter Faden durch ihr Leben. | |
| Aus der Luckenwalder Geflüchtetenhilfe ist die 23-Jährige mittlerweile | |
| nicht mehr wegzudenken, selbst ihr Studium der Not- und Katastrophenhilfe | |
| ist auf das Leben im Engagement ausgerichtet. Seit Jahren organisiert | |
| Westphal in der Kleinstadt im Brandenburger Landkreis Teltow-Fläming | |
| südlich von Berlin Theatertreffen, passt auf geflüchtete Kinder auf und | |
| hilft bei Behördengängen. | |
| Mit gerade mal 16 Jahren bezog Friederike Westphal ihre eigene Wohnung. In | |
| ihrer Heimat in der Nähe von Luckenwalde hatte sie es nicht mehr | |
| ausgehalten; in der Schule gab es Probleme, und so richtig warm wurde sie | |
| nicht mit den Gleichaltrigen. Mit den gesellschaftlichen Vorstellungen à la | |
| neues iPhone und Markenklamotten sei sie einfach nicht zu begeistern | |
| gewesen, erzählt Westphal. | |
| Heute möchte sie für ihre Kindheitsfreunde ein Vorbild sein. Und auch | |
| zeigen, dass an ihren neuen syrischen Freunden nichts auszusetzen ist. Mit | |
| ihrer Haltung ist die Studentin allerdings noch immer in der Minderheit. | |
| „Man spricht darüber“, hätten Bekannte ihr zuletzt gesagt. | |
| ## Journalist auf der Flucht | |
| Und auch in ihrer Wahlheimat Luckenwalde stößt Westphal nicht immer auf | |
| Zustimmung. Zwar sei die Stadt politisch eher lethargisch, sagt sie. Zu | |
| Pöbeleien und anderen Zwischenfällen käme es aber trotzdem immer wieder, | |
| auch im Netz wurde sie schon öffentlich an den Pranger gestellt. | |
| Aber Friederike Westphal macht weiter. Und lernt neue Leute wie Anees M. | |
| kennen, der mittlerweile ihr bester Freund ist. Vor fünf Jahren floh er aus | |
| Pakistan, nachdem er es sich als Journalist mit den falschen Leuten | |
| verscherzt hatte. In Brandenburg beantragte er nach einer langen Reise | |
| schließlich Asyl. | |
| Westphal und er lernten sich durch Zufall kennen, mittlerweile gehört Anees | |
| M. quasi zur Familie. Beide glauben an eine bessere Gesellschaft, teilen | |
| gemeinsame Werte. „Das hat uns unglaublich verbunden“, sagt Friederike | |
| Westphal. | |
| Doch im Juni kam dann ein Brief von der Ausländerbehörde: Innerhalb der | |
| nächsten zwei Wochen solle Anees M. nach Pakistan abgeschoben werden, hieß | |
| es dort. Sein Asylantrag war zuvor abgelehnt worden. Ein Schock. | |
| Schließlich ist Anees bestens integriert, wollte im Herbst seine Ausbildung | |
| zum Dachdecker beginnen. Westphal war klar: Jetzt muss sie handeln. | |
| ## Blick auf die Wahlen | |
| Und so starteten sie und ihre Freunde die Kampagne „Team Anees“. Eine | |
| Petition gegen seine Abschiebung bekam knapp 30.000 Unterstützer. Der Druck | |
| hat sich ausgezahlt: Anees M.s Antrag wird nun von der brandenburgischen | |
| Härtefallkommission geprüft. Vorerst darf ihr bester Freund bleiben: ein | |
| Teilerfolg. Doch wie es dann mit M. weitergeht, das weiß Westphal nicht. | |
| Ihr kommen die Tränen. Für Gedanken an ein mögliches Scheitern habe sie | |
| keine Kapazitäten, sagt sie. „Für mich ist das keine Option. Es muss | |
| einfach funktionieren.“ | |
| Ob Anees M. letztendlich bleiben darf, hängt auch vom Ausgang der | |
| brandenburgischen Landtagswahlen ab. Denn wer auch immer dann Innenminister | |
| wird: Er oder sie allein hat es in der Hand, ob Friederike Westphals bester | |
| Freund bleiben und arbeiten darf. | |
| Auch deswegen blickt sie mit Sorge auf den 1. September. Schließlich weiß | |
| sie Bescheid über die Macht, die Politiker über jene Menschen haben, für | |
| die sie sich täglich einsetzt. Erst vor Kurzem war sie bei der UN in Genf, | |
| hat die Arbeit der Politiker gesehen. Interessant sei das gewesen, aber | |
| mehr Händeschütteln und Business. Ihr Ding sei das nicht: „Ich mache Sachen | |
| mit meinen Händen. Und ich mache das nicht, um mich selber darzustellen.“ | |
| 31 Jul 2019 | |
| ## AUTOREN | |
| Julian Schmidt-Farrent | |
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