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# taz.de -- Vorsitzende der Tafel Freital: Sie toleriert keine rechten Sprüche
> Karin Rauschenbach leitet die Tafel Freital. Sie mag ihre Kund*innen,
> setzt sich für ein soziales Miteinander ein und geht schlagfertig mit
> Rassismus um.
Bild: Stolz auf ihren Laden: Karin Rauschenbach, Vorsitzende der Tafel Freital …
Freital taz | Der Laden ist klein, aber gut geordnet. Rechterhand stehen
Tütensuppen und Gewürzstreuer sauber aufgereiht, darunter Ketchup, Senf und
Instantnudeln. Das Gemüse ist der Blickfang der Auslage, es strahlt frisch
und knackig aus einem Holzkörbchen. Auf der linken Seite ist eine
Frischetheke mit Wurst, Fleisch und Fisch, im hinteren Teil gibt es einen
Kühlschrank mit Milchprodukten. „Wie ein Tante-Emma-Laden“, strahlt Karin
Rauschenbach. Ihr Laden ist allerdings kein normaler Einzelhandel: Die
52-Jährige ist Vorsitzende des Tafel Freital e.V.
Über der Theke hängen Poster, die der Verein gemeinsam mit bedürftigen
Menschen gestaltet hat. Darauf sind Schmetterlinge zu sehen, Blumen, Bäume,
eine Kuh und ein fliegendes Pferd. „Das war eine zehn Meter lange
Tapetenrolle“, erzählt Rauschenbach. Die Tapete wurde im Rahmen eines
Sommerfests bemalt und anschließend für 150 Euro versteigert.
Für Rauschenbach sind ihre Kund*innen in erster Linie Menschen. Egal, woher
sie kommen. In Freital gebe es viele, die auf Hartz IV angewiesen seien.
Vor allem Ältere kämen hierher, die von ihrer Mindestrente nicht leben
könnten. Ihre älteste Kundin ist 85, hat Skoliose „und kommt trotzdem
regelmäßig, obwohl das anstrengend für sie ist“, erzählt Rauschenbach. Ab…
auch Familien mit Kindern seien oft in ihrem Laden. Manche kämen sogar
extra aus Dresden in den Vorort im Südwesten, um ihre Lebensmittel zu
erwerben, so Rauschenbach. Auch sie wohnt in der Landeshauptstadt und hat
jahrelang bei der dortigen Tafel gearbeitet.
Viele Tafeln seien ohne Liebe und Achtung geführt, die Lebensmittel nur
aufgetürmt und die Leute müssten zusehen, was sie kriegen. Das findet
Rauschenbach würdelos. „Das ist nicht meins“, sagt sie. In ihrem Laden
können die Menschen deshalb mit dem Einkaufskorb herumlaufen und selbst
entscheiden, was sie kaufen möchten: „Dann sind sie auch wieder stolz und
kochen selbst ihr Mittagessen aus dem, was sie sich ausgesucht haben.“
Deshalb sei es ihr auch wichtig, an sechs Tagen in der Woche frische Ware
wie Fleisch und Fisch anzubieten. Inzwischen gibt es zwei Standorte der
Tafel in Freital. „Mein Konzept ist mega“, freut sie sich.
## „Wir brauchen Leute, die miteinander können“
Die Tafel Freital öffnet jeden Tag um 13 Uhr. „Viele Bedürftige sind aber
schon viel früher da“, erzählt sie. Sie träfen sich dann hier, säßen
zusammen und spielten Karten. Rauschenbach mag die Menschen, die zu ihr
kommen. „Das sind DDR-Menschen, die es verlernt haben, sozial miteinander
umzugehen“, sagt sie. „Hier bei der Tafel lernen sie es wieder.“
Insgesamt habe die Tafel Freital etwa 1.000 Kund*innen, am Tag kämen auch
zwischen 40 und 70 Geflüchtete vorbei. Probleme zwischen den Einkaufenden
gebe es fast keine, sagt Rauschenbach. Nur einmal, im Jahr 2017, habe eine
Kundin lauthals verkündet: „Wir sind eine deutsche Tafel!“ Da habe
Rauschenbach heftig widersprochen. „Wir brauchen Leute, die miteinander
können, und nicht gegeneinander“, sagt sie. „Wir sind eine Tafel, die alles
hat“, deshalb müsse niemand Angst haben, nichts mehr abzubekommen. „Die
Deutschen haben auch ziemlich schnell mitbekommen, dass die Ausländer ihnen
nicht das Schweinefleisch wegessen“, lacht sie.
Doch dann erzählt sie auch, dass schon häufiger Hakenkreuze an die Hauswand
des Ladens geschmiert waren. Das letzte Mal sei das 2016 passiert – wohl
auch, weil Rauschenbach schlagfertig damit umgeht. „Wäre das noch einmal
passiert, hätte ich daneben geschrieben: ‚Wenn dir die Farbe ausgeht, komm
vorbei und hol dir neue bei mir‘. Man kann die Leute nur mit ihrer eigenen
Dummheit schlagen.“ Sie ist der Meinung, die Lage in Freital habe sich seit
[1][den Ausschreitungen 2015] und seit der [2][Festnahme der Gruppe
Freital] entspannt: „Es ist sehr still geworden, und das ist auch gut so.“
In Rauschenbachs Tafel zumindest gebe es keine rassistischen
Ausschreitungen.
28 Jul 2019
## LINKS
[1] /Erstaufnahmeeinrichtung-in-Freital/!5206335
[2] /Urteil-fuer-Gruppe-Freital/!5490255
## AUTOREN
Belinda Grasnick
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