| # taz.de -- Früher Polizist, heute CDU-Politiker: Ganz normal konservativ? | |
| > Bernd Merbitz war ein Polizist, der gegen Rechte kämpfte. Nun kämpft er | |
| > für die Sachsen-CDU. Und ist, scheint es, fast ein bisschen langweilig | |
| > geworden. | |
| Bild: Eine Ausnahme in Sachsen-CDU und Polizei: Merbitz will eine offene Geflü… | |
| Dresden taz | Wer Bernd Merbitz sucht, findet ihn weder auf Twitter noch | |
| auf Facebook. Irgendwann hat es ihm gereicht. Seit Jahren erhält Merbitz | |
| Morddrohungen. Als auch noch Hasskommentare im Netz dazukommen, hat er sich | |
| abgemeldet. Was also tun, wenn man mit ihm über Demokratie sprechen will, | |
| über die Landtagswahl, über alles, was ihm am Herzen liegt? Man erreicht | |
| Merbitz, den Polizisten, über die Pressestelle der CDU. | |
| Merbitz zählt zu den wenigen Polizisten, die sich positionieren, wenn es um | |
| die extreme Rechte geht. Im Jahr 2000 sagt der damalige | |
| CDU-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf, Sachsen sei immun gegen | |
| Rechtsextremismus. Da lebt parallel das untergetauchte NSU-Kerntrio im | |
| Freistaat, verübt im gleichen Jahr seinen ersten Mord. Merbitz hat da schon | |
| fast zehn Jahre lang rechte Verbrechen aufgeklärt. Früh warnt er: „Vom | |
| Rechtsextremismus zum Rechtsterrorismus ist es nur ein ganz kleiner | |
| Schritt.“ Dafür sei er von vielen niedergemacht worden. | |
| 1956 in Thüringen geboren, begann Merbitz’ Karriere bei der Mordkommission. | |
| Trotz früherer SED-Mitgliedschaft gelingt ihm in den Neunzigern ein | |
| schneller Aufstieg. Als die Polizei bei den Pogromen in Hoyerswerda den | |
| rechten Mob nicht unter Kontrolle bekommt, übernimmt Merbitz die Leitung | |
| der neuen „Soko Rex“. Als Ermittler kämpft er gegen Neonazis, lässt rechte | |
| Konzerte auflösen und wird als „Nazi-Jäger“ von der Szene gehasst. Heute | |
| fragt er: „Wo sind denn jetzt die Aufschreie? Haben wir Hoyerswerda | |
| vergessen?“ Der Mord an Walter Lübcke habe ihn eiskalt durchfahren. | |
| 2007 wird Merbitz erneut befördert, nun ist er Polizeipräsident von | |
| Sachsen. Er arbeitet eng mit Verbänden für Opfer von Rassismus und | |
| Antisemitismus zusammen – 2009 verleiht ihm der Zentralrat der Juden die | |
| Paul Spiegel-Medaille. In Interviews erzählt er, wie seine Arbeit ihn zum | |
| Weinen bringt. Drei Jahre später degradiert ihn der damalige | |
| CDU-Innenminister Markus Ulbig zum Polizeichef von Leipzig. | |
| In Leipzig war Merbitz zuletzt wegen Großeinsätzen gegen kleine Dealer | |
| umstritten. PolitikerInnen wie Juliane Nagel von der Linken warfen ihm vor, | |
| er nutze sein Amt aus, um sich für die Landtagswahl zu profilieren. Denn | |
| Merbitz will kein Polizist mehr sein, sondern Politiker. Seit 2000 ist er | |
| in der CDU. Nun kandidiert er in Nordsachsen. Merbitz hatte das im Herbst | |
| bekanntgegeben, ging aber erst im Februar als Polizist in Rente. | |
| Bernd Merbitz war früher der Mann mit den langen Haaren, der trotzdem bei | |
| der Polizei anfing. Er wurde der Polizist, der gegen Rechte kämpft, als | |
| viele keine Probleme sahen. Als CDUler ist er dann aber doch: ganz normal | |
| konservativ. Wenn er gewählt wird, möchte er mehr Macht für die Polizei. | |
| Die Telekommunikationsüberwachung soll ausgebaut werden, die Polizei mehr | |
| Stellen bekommen. Fragt man ihn, ob Sachsens Polizei von Rechten | |
| unterwandert wird, bekommt man die Standardantwort: „Einzelne gibt es | |
| natürlich, und gegen die müssen wir konsequent vorgehen. Das tun wir.“ | |
| Merbitz spricht sich gegen eine [1][Koalition der CDU mit der AfD] aus und | |
| für eine offene Flüchtlingspolitik: Ein reiches Land wie Deutschland müsse | |
| sich Menschlichkeit leisten. Bei rechten Aufmärschen schrien Demonstranten | |
| daher auch: Merkel muss weg, Merbitz muss weg. „Wenn Sie in der Hosentasche | |
| die Faust geballt haben und trotzdem die Contenance bewahren müssen – das | |
| ist schwer.“ Er sagt aber auch: „Wir haben es nicht verstanden, vernünftig | |
| zu reden und zu antworten.“ | |
| Als Polizist ist Merbitz durch Jugendklubs von links nach rechts gezogen. | |
| Als Wahlkämpfer besucht er Kneipen und Lokale. Sein Lieblingsbuch heißt | |
| übrigens: „Die Entscheidung liegt bei dir – Wege aus der alltäglichen | |
| Unzufriedenheit“. | |
| 9 Aug 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Hans-Georg-Maassen-in-Sachsen/!5615123 | |
| ## AUTOREN | |
| Lina Verschwele | |
| ## TAGS | |
| Polizei | |
| CDU | |
| Rechte Gewalt | |
| Schwerpunkt Landtagswahl Sachsen 2024 | |
| Wahlen in Ostdeutschland 2024 | |
| Schwerpunkt Pegida | |
| Albanien | |
| Schwerpunkt Landtagswahlen | |
| Schwerpunkt Landtagswahlen | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Ausländische Wissenschaftler in Dresden: Mikroskop gegen Misanthrop | |
| Shady Sayed forscht über Krebs. Kaum eine Stadt zieht so viele | |
| internationale Wissenschaftler an wie die Hauptstadt von Pegida. Wie geht | |
| das zusammen? | |
| Kleiderkammer und Bürokratie: Das Glück in Prenzlau | |
| Sekine Flämig verließ ihr Land und fand ein neues Zuhause in Prenzlau. Dort | |
| ist sie Ausländerbeauftragte – und sieht manche Geflüchtete kritisch. | |
| Klaus Bartl von der Linken in Chemnitz: Affäre „Sachsensumpf“ geschreddert | |
| Klaus Bartl engagiert sich im Stadtrat von Chemnitz gegen den Rechtsruck. | |
| Ansonsten schreddert er die „Sachsensumpf“-Affäre weg. | |
| CDU-Stadtrat in Freital: Erst Fußballer, dann Politiker | |
| Candido Mahoche braute Bier, spielte Fußball und machte Lokalpolitik, wie | |
| die anderen in seiner Heimatstadt Freital auch. Dann kam das Jahr 2015. |