# taz.de -- Klaus Bartl von der Linken in Chemnitz: Affäre „Sachsensumpf“ … | |
> Klaus Bartl engagiert sich im Stadtrat von Chemnitz gegen den Rechtsruck. | |
> Ansonsten schreddert er die „Sachsensumpf“-Affäre weg. | |
Bild: Klaus Bartl guckt lieber nicht in Aktenordner, sonst liest er sich fest, … | |
Karl Marx groß auf einer Handelsblatt-Titelseite, ein schwarz-weißes Foto | |
der Arbeiterbewegung aus den 1920er Jahren und ein Kalender hängen an den | |
Wänden, eine große Pflanze steht mitten im Raum. Ansonsten ist das Büro von | |
Klaus Bartl im Sächsischen Landtag recht minimalistisch dekoriert. „Es ist | |
ja auch besser, wenn wir nicht so viel Zeit hier verbringen, sondern | |
draußen bei den Menschen“, sagt der Linken-Abgeordnete, während er mit | |
seinem Mitarbeiter das Büro ausräumt. | |
Für die Landtagswahl in Sachsen am 1. September kandidiert er nicht mehr. | |
Das hatte er schon lange bekannt gegeben. Eigentlich wollte sich der Jurist | |
komplett aus der parlamentarischen Politik zurückziehen – aber dann kam es | |
zu den Ausschreitungen und Übergriffen am Rande des Chemnitzer Stadtfestes | |
Ende August 2018. „Das Bild, das die Welt seit diesen Ereignissen von | |
Chemnitz hat, ist ein bisschen unverdient“, findet Bartl, der in Chemnitz | |
lebt, wenn nicht gerade Sitzungswoche im Landtag ist. Unter diesen | |
Umständen könne er es nicht mehr mit sich vereinbaren, sich in den | |
politischen Ruhestand zu verabschieden. Deshalb entschied sich Bartl, in | |
Chemnitz für den Stadtrat zu kandidieren – und wurde Ende Mai gewählt. | |
„Sich von Landespolitik auf Kommunalpolitik umzustellen, wird schon eine | |
Herausforderung“, sagt er. Vor allem, weil er in seiner Rolle als | |
kulturpolitischer Sprecher dann kompletter Quereinsteiger in dem | |
Themengebiet sein werde. | |
## Immobilien und Zwangsprostitution | |
Bartl, zu DDR-Zeiten selbst mal geheimer Mitarbeiter für die | |
Staatssicherheit, war in seinen fast 30 Jahren als Landespolitiker immer | |
für Rechtspolitik zuständig. Als Vorsitzender eines | |
Landtagsuntersuchungsausschusses hat er viel Zeit mit dem „Sachsensumpf“ | |
verbracht, eine nach wie vor nicht ganz aufgeklärte Affäre um Verwicklungen | |
von Politik, Justiz und Wirtschaft in kriminelle Machenschaften wie | |
Zwangsprostitution und Immobiliengeschäfte. | |
Und manche Verfahren im Zusammenhang mit dem „Sachsensumpf“ gehen heute in | |
die andere Richtung: Simone Henneck, die für den Verfassungsschutz dazu | |
recherchiert hat, und Georg Wehling, der Polizeibeamte, den Bartl als | |
damaligen Star-Ermittler bezeichnet, wurde Manipulation der Beweismittel | |
vorgeworfen. | |
Nun steht Bartl also in seinem Büro und mistet aus. Viele seiner Akten rund | |
um den „Sachsensumpf“ hat er schon geschreddert. „Das ist so lange her, i… | |
glaube nicht, dass das jemals weiter aufgeklärt wird“, sagt er mit etwas | |
Enttäuschung im Blick. „Ich gucke jetzt auch nicht noch mal in die | |
Aktenordner rein, sonst les ich mich nur fest und bring es doch wieder | |
nicht über mich, sie zu vernichten“, sagt er und muss lachen. | |
Aber es gibt sicher auch Akten, die er nicht schreddert, oder? „Unterlagen, | |
die mein Nachfolger als rechtspolitischer Sprecher für die Linke brauchen | |
könnte, und wahrscheinlich Dokumente über die allerersten Sitzungen im | |
frisch gewählten Landtag“, sagt er. „Da wurde zum Beispiel darüber | |
gestritten, welche Fraktion wo sitzt. Diese Dokumente gibt es noch nirgends | |
digital. Wenn die weg sind, sind sie weg.“ Noch hat Bartl ein paar Wochen | |
Zeit, bis sein Büro leer geräumt sein muss, und kann sich überlegen, welche | |
Akten er als alte Schätze behält. | |
Eine Sache ist da aber, wegen der er sich doch etwas ärgert, in der | |
nächsten Legislaturperiode nicht mehr Abgeordneter im Landtag zu sein: Der | |
Wahlprüfungsausschuss, in dem er jetzt noch stellvertretender Vorsitzender | |
ist, wird sich nach der Wahl mit einem Beschluss des sächsischen | |
Verfassungsgerichtshofs befassen müssen. Der hatte der Verfassungsklage der | |
AfD nachgegeben, die nun mit 30 statt nur 18 Listenplätzen antreten darf. | |
Damit hat das Landesverfassungsgericht anders entschieden als das | |
Bundesverfassungsgericht und entgegen dem sächsischen Wahlprüfungsgesetz, | |
wonach derartige Klagen von Parteien eigentlich erst nach einer Wahl | |
entschieden werden. | |
7 Aug 2019 | |
## AUTOREN | |
Juliane Fiegler | |
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