# taz.de -- Angriff bei Pegida-Demo in Dresden: Radikale Rentner | |
> Pegida-Demonstranten in Dresden greifen am Montag einen Mann aufgrund | |
> seiner Hautfarbe an. | |
Bild: Pegida-Kundgebung am 29. Juli auf dem Altmarkt in Dresden | |
Teilnehmer und Ordner der rechten Pegida-Demo in Dresden haben am Montag | |
einen Mann mit schwarzer Hautfarbe angegriffen. So berichten es mehrere | |
Augenzeugen vor Ort unabhängig voneinander der taz. Auch [1][ein Video auf | |
Twitter] dokumentiert, wie der Mann an einer Kreuzung an der St. | |
Petersburger Straße in der Dresdner Altstadt mit einer Gruppe aus der | |
Pegida-Demo spricht. Dann schlägt ihm ein älterer Mann unvermittelt in | |
Richtung Kopf. Er trägt die Binde eines Pegida-Ordners. Zuvor sind Rufe aus | |
dem Zug der Demonstranten zu hören: „Ein Paar auf die Fresse hauen“, ruft | |
einer. Und dass der Mann „ein Provozierer“ sei. Mehrere Personen | |
skandieren: „Hau ab, hau ab“. | |
Fünf Jahre nach den großen Pegida-Aufmärschen mit bis zu 25.000 | |
TeilnehmerInnen treibt es mittlerweile nur ein Stammpublikum auf die | |
Straße: 1.500 Menschen waren es nach Zählung der taz am Montag – ein | |
wütender Rest aus RentnerInnen und wenigen jungen Rechtsextremisten. Obwohl | |
geschrumpft, bleiben die Pegida-Demonstrationen Bezugspunkt für eine | |
populistische und neue Rechte. | |
Ein Team aus tazost-ReporterInnen ist an diesem Montag mit dabei: bei den | |
GegendemonstrantInnen, am Rand und auch auf der Pegida-Demo. Wir laufen | |
mit. Nicht allen Rechten geben wir uns sofort als JournalistInnen zu | |
erkennen – aus Sicherheitsgründen. Immer wieder wurden KollegInnen | |
angegriffen. Uns interessiert vor allem, welches Verhältnis die | |
DemonstrantInnen fünf Wochen vor der Landtagswahl zur AfD haben. | |
Der Tumult um den Angriff wird auch weiter vorne in der Demo bemerkt. Ein | |
Mann beruhigt die Umstehenden. „Nee, keine Angst“, sagt er. Die Linken | |
seien „Schisser“, die würden sich nicht trauen, die Demonstration | |
anzugreifen. „Wahrscheinlich ein paar Braune“, erklärt er und meint damit | |
People of Color. | |
## Polizei ermittelt wegen Körperverletzung | |
Der Angriff auf den Mann, laut Polizei ist das Opfer ein 30-jähriger Inder, | |
geschah gegen 19.30 Uhr im hinteren Teil des Aufzugs. Zwei Pakistani, an | |
denen die Polizisten später, als sie Zeugen suchen, vorbeigehen, erklären | |
der taz, dass der Inder wohl über die Straße gehen wollte und dann ein | |
Wortgefecht begann. Von mehreren Demo-Teilnehmern sei er dann mit Fäusten | |
geschlagen worden. Sie wollen einen weiteren Ordner im gelben | |
Pegida-Polohemd unter den Tätern ausgemacht haben. Den hat auch die Polizei | |
später befragt. | |
Auch Anna und Oskar, die vollen Namen sind der taz bekannt, beschreiben den | |
Vorfall. Sie seien als FotografInnen bei einer Sommerakademie in Dresden | |
und zufällig vor Ort gewesen. Auch sie erklären: Die Demo-Teilnehmer hätten | |
angefangen. Sie hätten den Inder angebrüllt, er sei allein gewesen und habe | |
sich aufgeregt. Dann, so sagen es Anna und Oskar, hätten Demonstranten auf | |
ihn eingeschlagen – auch ein Pegida-Ordner mit grauen Haaren und blauem | |
Polo-Shirt sei unter den Angreifern gewesen. Das ist der dritte beteiligte | |
Ordner. | |
Jener Ordner stellt den Vorfall im Gespräch mit der taz anders da. Wer | |
angefangen habe? „Die einen sagen so, die anderen sagen so.“ Der Mann habe | |
die DemonstrantInnen mit „Fick deine Mutter“ beleidigt. Dann sei es zu | |
einer Rangelei gekommen. „Da müssen wir dazwischengehen“, sagt er. | |
Vor Ort erklärt ein Polizist, der Vorfall werde von beiden Seiten | |
unterschiedlich dargestellt. „Tatsache ist aber, dass es nur einen | |
Verletzten gab.“ Die Polizei ermittelt wegen Körperverletzung. | |
## Etwa 150 GegendemonstrantInnen vor Ort | |
Auch zwei weitere Ermittlungsverfahren wurde eingeleitet: Gegen 19 Uhr soll | |
ein Teilnehmer der Pegida-Demonstration den Hitlergruß gezeigt haben. | |
Später habe ein 70-jähriger Pegida-Teilnehmer einen Gegendemonstranten | |
bespuckt. | |
Tatsächlich sind die Rechten auf dem Altmarkt nicht alleine: Initiativen | |
wie „Nationalismus raus den Köpfen“ und „Hope – fight racism“ haben … | |
Beginn der Pegida-Demo an unterschiedlichen Punkten positioniert: Eine | |
kleine Gruppe steht mit Transparenten an der Westseite des Altmarktes – ein | |
paar Meter neben einem Solidaritätsstand für Ursula Haverbeck, die wegen | |
Holocaust-Leugnung inhaftiert ist. | |
Andere GegendemonstrantInnen ziehen zu Beginn der Pegida-Kundgebung einmal | |
um den Altmarkt herum. An einzelnen Stellen der Kundgebung wird laut | |
gepfiffen, um extreme Positionen zu übertönen. Als der rechte Aufzug | |
startet, kommen die insgesamt etwa 150 GegendemonstrantInnen auf dem | |
Altmarkt zusammen. | |
Das Verhältnis zur Polizei basiere mittlerweile auf gegenseitigem Respekt, | |
erzählt eine Gegendemonstrantin, die seit mehreren Jahren nur wenige | |
Montage verpasst hat. Aus der Pegida-Abschlusskundgebung kommen immer | |
wieder einzelne Menschen zu der Gegendemo, machen Fotos, wollen | |
Diskussionen anfangen und schimpfen. Die GegendemonstrantInnen sind das | |
gewohnt, reagieren abwehrend aber ruhig. | |
## Rechtsextreme Symbole | |
Der Altersdurchschnitt der Pegida-TeilnehmerInnen auf dem Altmarkt ist | |
deutlich höher als bei den GegendemonstratInnen. Karohemden, Socken in | |
Sandalen, Schildkappen, knielange Sommerkleider mit Blumenmustern: Sie | |
sehen größtenteils aus wie durchschnittliche Rentner. Über der Menge wehen | |
Deutschlandflaggen, Angela Merkels Gesicht ist auf einem Plakat mit einem | |
fetten, roten Balken durchgestrichen. Auch Anhänger der Abspaltung AdP von | |
André Poggeburg sind vor Ort. | |
Von den wenigen jüngeren Leuten, die dabei sind, geben sich viele durch | |
T-Shirts, Aufkleber oder andere Symbole als Rechtsextremisten oder Neonazis | |
zu erkennen. Eine Fahne der „Identitären Bewegung“ ist zu sehen, ein Mann | |
hat deren „Lambda“-Symbol auf seine Fahnenstange geklebt. | |
Mehrere Männer tragen den Thorshammer als Anhänger um den Hals, ein | |
heidnisches Symbol, das zum rechten Erkennungszeichen wurde. Ein Mann trägt | |
ein T-Shirt der Cottbusser Neonazi-Band „Frontalkraft“, neben ihm läuft ein | |
Mann mit einem olivfarben Shirt, darauf der Aufdruck „Wolfschanze 2014, | |
Heidenauer Schützenbund e.V.“ | |
Viele Gespräche in der Versammlung drehen sich um die AfD. Eine Fahne der | |
AfD ist zu sehen, ein offizielles Wahlplakat und ein selbstgemaltes Schild, | |
das dazu aufruft, sie zu wählen. Flyer werden verteilt, „Trau dich | |
Sachsen“, steht darauf. Auch der AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier soll | |
da sein, sagt Pegida-Anführer Lutz Bachmann. Er gibt eine indirekte | |
Wahlempfehlung ab, indem er rät, keine „Altparteien“ zu wählen. | |
30 Jul 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/AZeckenbiss/status/1155902117586067456 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
Linda Peikert | |
Alexander Nabert | |
Juliane Fiegler | |
Michael Bartsch | |
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