# taz.de -- Kommentar Iranisches Atomprogramm: Den Worst Case verhindern | |
> Nach dem Deal ist vor dem Deal: Weil der Iran gegen das Atomabkommen | |
> verstoßen hat, beginnt für die deutsche Außenpolitik die Arbeit. | |
Bild: Erst Anfang Juni war Außenminister Heiko Maas bei Präsident Hassan Roha… | |
Die Welt konnte dem Scheitern des Iran-Abkommens zusehen wie einem Unfall | |
in Superzeitlupe. Dass es zum Aufprall kommen würde, war schon erkennbar, | |
als die USA vor über einem Jahr aus dem Vertrag ausstiegen und neue | |
Sanktionen gegen den Iran einsetzten. Die Europäer versuchten zwar noch | |
monatelang, deren Auswirkungen abzufedern und den Iran im Abkommen zu | |
halten. Dafür ist die EU aber wirtschaftlich und politisch zu schwach. | |
Was die Internationalen Atomenergiebehörde am Montag vermeldete, hatte sich | |
also abgezeichnet: [1][Der Iran besitzt wieder mehr angereichertes Uran als | |
erlaubt.] Dass er die Atombombe bauen kann, ist wieder wahrscheinlicher. | |
Das Atom-Abkommen ist tot. | |
[2][Nur weil die Bundesregierung und die europäischen Partner einmal | |
scheiterten], sollten sie jetzt aber nicht aufgeben. Auf die Anhänger des | |
Abkommens wartet eine neue Aufgabe, dieses Mal mit größeren Chancen auf | |
Erfolg: Sie müssen den Worst Case verhindern. | |
Wie der aussehen würde? Der Iran stellt immer mehr, auch hochangereichertes | |
Uran her. Aus dem Atomwaffensperrvertrag steigt er aus. Saudi-Arabien | |
reagiert, indem es sich eine eigene Atombombe besorgt. Die USA reagieren, | |
indem sie iranische Nuklearforschungsanlagen bombardieren. Die Situation in | |
der Region eskaliert, der Nahe und Mittlere Osten hat seinen nächsten | |
Krieg, zurück bleibt verbrannte Erde – und das ist nicht als Metapher | |
gemeint. | |
## Es gibt auch ein Best-Case-Szenario | |
So muss es nicht kommen. Es gibt auch ein Best-Case-Szenario: Der Iran | |
reichert nicht noch mehr Uran an und missachtet auch keine weiteren | |
Auflagen des Abkommens. Er belässt es bei symbolischen Verstößen, die die | |
Hardliner im Land befriedigen sollen. | |
Neue Sanktionen sind zwar trotzdem unausweichlich. Die Regierung in Teheran | |
bleibt aber grundsätzlich gesprächsbereit. In zwei Jahren, Inshallah, haben | |
die USA dann einen neuen, demokratischen Präsidenten. Alle Beteiligten | |
einigen sich zusammen auf einen neuen Anlauf. Das Atomabkommen lebt wieder. | |
Deutschland und seine europäische Partner könnten darauf hinwirken, dass | |
sich der Iran für den zweiten Weg entscheidet. Was dafür zu tun ist? Sie | |
müssen einen Fahrplan aufstellen hin zur Wiedereinsetzung des Abkommens. | |
Sie müssen mehrere Außenminister zusammen nach Teheran schicken und so den | |
Willen zur Kooperation demonstrieren. Und sie müssen die schlimmsten Folgen | |
der nun kommenden, neuen Sanktionen abfedern – indem sie zum Beispiel | |
weiterhin versuchen, zumindest den Handel mit humanitären Gütern wie | |
Arzneimitteln zu ermöglichen. | |
Auch diese Aufgabe ist nicht ohne. Dieses Mal geht es aber nicht darum, ein | |
starres Abkommen mit klarem Regelwerk einzuhalten. Es geht nur darum, ein | |
paar Monate lang für eine halbwegs erträgliche Stimmung zu sorgen. | |
Zumindest dafür könnte die Macht der Europäer ausreichen. | |
2 Jul 2019 | |
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## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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