| # taz.de -- taz Ost: Auftakt zur Brandenburg-Serie: Boomtown bei Berlin | |
| > Bernau bei Berlin: Der wachsenden Stadt geht es gut, es wird viel gebaut, | |
| > sie profitiert von den Pendlern, die in Berlin arbeiten. Ein Besuch vor | |
| > Ort. | |
| Bild: Willkommen in Bernau bei Berlin. Es sind nur sieben Kilometer bis zur Sta… | |
| André Stahl steigt in seinen schwarzen Audi, am Rückspiegel baumeln | |
| Lauflernschuhe. Bernaus Bürgermeister von den Linken – der mit Frau und | |
| drei Kindern in einem Haus bei Bernau wohnt, das seiner Großmutter gehörte | |
| –, bleibt kurz am neuen Rathaus stehen, das im Februar Richtfest gefeiert | |
| hat. Oben wird es eine Dachterrasse mit Café geben, und im Inneren werden | |
| im Sitzungssaal auch Kulturveranstaltungen stattfinden, sagt Stahl, denn es | |
| soll ein Rathaus für die Leute werden. Dann geht es zu den Neubaugebieten | |
| an den Rändern in seiner kleinen Stadt. | |
| „Da hinten entstehen gerade 53 Wohnungen“ … „da drüben 220“ … „u… | |
| 700“, sagt Stahl im Fünfminutentakt. Sperrige Worte wie „Nachverdichtung�… | |
| „stecken gebliebene B-Plan-Gebiete“, „zu erhaltende Grünzäsuren“ und | |
| „verkehrliche Erschließung“ kommen hinterher, als hätte er sie schon im | |
| Kindergarten gelernt. Überall tanzen Baukräne am Himmel, und spätestens | |
| nach dem vierten Viertel, wo gerade schicke Ein- oder Mehrfamilienhäuser | |
| entstehen, verliert man den Überblick. | |
| Aber Stahl ist lang noch nicht fertig. Mehr als 2.500 Wohnungen werden dann | |
| bis 2020 innerhalb der vergangenen fünf Jahre entstanden sein, gerade | |
| wurden 100 Millionen in das Gebiet rund ums Krankenhaus investiert, 26 | |
| Millionen in die Sanierung selbst. In der Nähe entstehen derzeit zwei neue | |
| Grundschulen, eine Oberschule, eine Kita, ein Jugendzentrum. Die Stadt | |
| investiere nun vor allem in die Infrastruktur. | |
| Denn Bernau wächst, jedes Jahr ziehen rund 400 Menschen hierher, 19.000 | |
| waren es zur Wende, 10.000 kamen durch Eingemeindung hinzu, die übrigen | |
| 11.000 durch Zuzug. Im Jahr 2015 zählte die Stadt zum ersten Mal 40.000 | |
| Einwohner. | |
| ## 23 Minuten bis zum Berliner Hauptbahnhof | |
| Den Hauptgrund für dieses schnelle Wachstum kann man am vollständigen | |
| beziehungsweise offiziellen Namen der Stadt sehen: Bernau bei Berlin. Denn | |
| nur sieben Kilometer sind es bis zur Stadtgrenze, es gibt zwei | |
| Autobahnanschlüsse. Mit dem Regionalexpress schafft man es in 23 Minuten | |
| bis zum Berliner Hauptbahnhof. Alle 20 Minuten fährt die S2 nach Pankow, | |
| Gesundbrunnen, Potsdamer Platz. Das ist für allem für Pendler ideal, die | |
| sich die Mieten oder die Immobilienkaufpreise in der Hauptstadt nicht mehr | |
| leisten können. „Bernau war schon immer eine Stadt, in der die Ur-Bernauer | |
| in der Minderheit waren“, weiß Stahl. | |
| Bernau ist auch schon immer eine Stadt, wie es sie nicht viele gibt in | |
| Brandenburg. Weder haben die Einwohner mit viel Arbeitslosigkeit zu kämpfen | |
| – die Quote liegt bei 3,3 Prozent – noch mit übermäßiger Segregation, wie | |
| sie etwa in Potsdam herrscht, der Stadt mit extrem Reichen und vielen | |
| Armen. | |
| Und trotzdem knirscht es und knackt es in Bernau. Vielleicht ein wenig | |
| leiser als anderswo, aber dafür umso bedrohlicher. „Das Wachstum stößt | |
| zunehmend auf Skepsis“, fasst Stahl zusammen. | |
| Die Dame in den Siebzigern hat graue Haare und trägt graue Kleidung dazu, | |
| sie lebt seit 30 Jahren in [1][Bernau]. „Unsere Stadt ist einfach nicht | |
| mehr so gemütlich wie früher“, sagt sie und ihr Blick geht auf die dicke | |
| Stadtmauer aus dem Mittelalter, die in großen Teilen erhalten ist, wie auch | |
| Reste der [2][Lughäuser, Mauertürme], und eins von den Stadttoren. Gerade | |
| ruht sich die Dame auf dem Weg zur Bank im Schatten aus, neben einem der | |
| zweigeschossigen Plattenbauten, die hier seit dem Abriss der Altstadt in | |
| den 1980er Jahren das Stadtbild dominieren. | |
| ## Beschauliche historische Altstadt | |
| Die Dame in Grau hat den Kahlschlag zu DDR-Zeiten nicht miterlebt, sagt | |
| aber, dass er von vielen Bernauern begrüßt wurde. „Damals wollte keiner | |
| mehr die schiefen Fachwerkhäuser mit den niedrigen Decken und dem Plumpsklo | |
| auf dem Hof“, sagt sie. Anders als draußen, wo die Baukräne tanzen, wirkt | |
| die historische Altstadt beschaulich, trotz der Plattenbauten überall. Es | |
| gibt noch die mittelalterlichen, krummen Pflasterstraßen, schöne Cafés, | |
| gute Restaurants, und kleine Geschäfte für den alltäglichen Bedarf vom | |
| Bioladen bis zum Metzger des Vertrauens, vom Stoffladen bis zum Edeka, | |
| alles sehr liebens- und erhaltenswert. | |
| „Ich würde Bernau nicht mehr verlassen“, sagt die Frau in Grau. Trotzdem | |
| hat sie Angst, dass die Stadt bald nicht mehr das sein wird, was sie einmal | |
| für sie war. Sie hat weder was gegen „Ausländer“ noch gegen „die Neuen … | |
| Berlin“, wie sie sagt. | |
| Nur manchmal, da findet sie schon, dass es ein bisschen viel wird in | |
| Bernau. | |
| Bei den Bundestagswahlen 2017 war Bernau noch eine feste, rote Burg: Fast | |
| 35,95 Prozent wählten die Linken, 22,2 Prozent die CDU, 14,7 die SPD und | |
| 16,5 die AfD. Bei den Europawahlen im Mai dann ein anderes Bild: Die AfD | |
| wird mit 19,4 Prozent stärkste Partei, dagegen entfallen nur noch 16,6 | |
| Prozent der Stimmen auf die Linke, 14,6 Prozent auf die CDU und 13,1 auf | |
| die SPD. | |
| ## Die Listenvereinigung BVB/Freie Wähler … | |
| Noch interessanter die Kreistagswahlen zur selben Zeit: Die Linke in Bernau | |
| kommt auf 18,1 Prozent, die CDU auf 14,3, die AfD auf 13,8 Prozent und die | |
| SPD auf 9,8 Prozent. Im Stadtparlament konnten die Linken von ihren elf | |
| Mandaten sieben behalten, die CDU fünf von sechs und die SPD vier von fünf. | |
| Die AfD kam erstmals ins Stadtparlament, mit vier Mandanten. Stärkste Kraft | |
| aber wurde die Listenvereinigung BVB/Freie Wähler, die acht Mandate bekam. | |
| Und Parteichef Péter Vida ist Vorsitzender der Bernauer | |
| Stadtverordnetenversammlung geworden. | |
| „Die Leute haben immer schon gedacht, das Boot sei voll.“ Das sagt Bernd | |
| Eccarius, ein stadtbekannter Mann, geboren 1955, mit langen Haaren und | |
| kleinem Ohrring. Seine Eltern kamen aus Königsberg, groß geworden ist er in | |
| Bad Freienwalde, in den 1970er Jahren studierte er in Leipzig Geschichte, | |
| trieb sich in der Hausbesetzerszene der DDR herum, und hatte viele Freunde | |
| aus Chile. | |
| Im Jahr 1984 kam Eccarius nach Bernau, war auch mal Stadtrat für Kultur. | |
| Heute arbeitet er fürs Heimatmuseum, führt Touristen durch ein kleines | |
| Museum im Steintor. „Auch die Hugenotten wurden hier stark angefeindet, | |
| dabei haben sie viel Know-how mitgebracht und waren bald vollständig | |
| integriert“, sagt er. „Das Dumme ist nur, dass die Ängste der Leute jetzt | |
| geschürt und benutzt werden.“ Worauf Ecaarius anspielt, ist die AfD. Worauf | |
| andere Bernauer anspielen, sind aber auch die BVB/Freien Wähler, die etwa | |
| 100 kommunale Bürgervereinigungen und Bürgergruppen bündeln. | |
| Entstanden ist Brandenburgs Vereinigte Bürgerbewegung/Freie Wähler, so der | |
| volle Name, aus den Parteien Brandenburgs Vereinigte Bürgerbewegungen/50 | |
| Plus und dem Landesverband der Freien Wähler 2008. Involviert waren damals | |
| unter anderen der vermögende Bernauer Zahnarzt Dirk Weßlau, der 2003 als | |
| Bürgermeisterkandidat für die Schillpartei in Eberswalde angetreten ist – | |
| und dem heutigen Landesvorsitzenden Péter Vida. | |
| ## Immer wieder: Péter Vida | |
| Erklärtes Ziel war von Anfang an sachbezogene Politik für jene, die sich | |
| nicht mehr gehört fühlen, und Partei für die Enttäuschten zu sein, wie man | |
| es selbst formulierte. | |
| Bereits 2009 trennten sich die Freien Wähler auf Bundesebene von der | |
| heutigen Partei BVB/Freie Wähler in Brandenburg – wegen des Verdachts auf | |
| Unterwanderung von rechts. Seit 2014 sitzt Vida für die BVB/Freie Wähler im | |
| Landtag Brandenburg, außerdem im Kreistag Barnim, wo die BVB/Freie Wähler | |
| sieben statt bisher fünf Sitze errungen hat. | |
| Manche Bernauer erzählen sich, Vida sei in seiner Jugend in einer | |
| rechtsextremen Studentenverbindung gewesen, er sei wegen parteischädigenden | |
| Verhaltens aus der Bernauer CDU ausgeschlossen worden, auch habe er auf | |
| seiner Webseite Fotos mit Ungarns Staatspräsident Viktor Orbán hochgeladen, | |
| er sei nur zum Schein im Migrationsbeirat aktiv. Vida selbst wies solche | |
| Anschuldigungen stets zurück und hat als Abgeordneter keine Äußerungen | |
| gemacht, die man ihm ankreiden könnte. | |
| Statt dessen hat er sich für die sogenannten Altanschließer eingesetzt, | |
| jene Grundstücksbesitzer, die vor der Wiedervereinigung ans Wassernetz | |
| angeschlossen wurden, dafür zahlen mussten und nun ihr Geld zurück wollen. | |
| 2014 wählten die Bernauer durch einen von Vida mitinitiierten | |
| Bürgerentscheid sogar ihren alten Bürgermeister – Hubert Handke von der CDU | |
| – ab, weil er die Altanschließer nicht gegen geltendes Recht entschädigen | |
| konnte. Außerdem startete Vida mit seiner Liste eine Volksinitiative zur | |
| Abschaffung der Straßenausbaubeiträge in Brandenburg. Am 10. April 2019 | |
| verwies der Landtag Brandenburg einen gemeinsamen Antrag von Péter Vida für | |
| die BVB/Freie Wähler, SPD und Linken an den Innenausschuss, die | |
| Straßenausbaubeiträge abzuschaffen. Erst vor wenigen Tagen wurde das Gesetz | |
| beschlossen. | |
| ## Eine bodenständige wie weitsichtige Frau | |
| „Es stört mich, dass Herr Vida Menschen einfängt, indem er sie | |
| beschwindelt“, sagt die gelernte Buchhändlerin Sylvia Pyrlik, geboren und | |
| aufgewachsen in Bernau, studiert in Leipzig, gearbeitet in Eberswalde und | |
| Zehlendorf. 1993 kehrte Pyrlik zurück, eröffnete die schöne Bernauer | |
| Buchhandlung Schatzinsel, ist gerade Abgeordnete für die Linken im Barnimer | |
| Kreistag geworden. „Herr Vida konnte gar nicht halten, was er den | |
| Altanschließern versprochen hat“, fügt Pyrlik an. „Ich habe selbst erlebt, | |
| wie die Freien Wähler den Bernauern auf der Straße erzählt haben, dass das | |
| neue Rathaus abgerissen werden sollte, als das neue gebaut wurde. Das war | |
| frei erfunden.“ | |
| Sylvia Pyrlik ist eine ebenso bodenständige wie weitsichtige Frau. Aber | |
| sind das auch die Bernauer, die Vida gewählt haben? | |
| Als kürzlich Pläne für ein Wohngebiet mit 3.000 bis 5.000 Wohnungen publik | |
| wurden, war die Aufregung groß und auch Péter Vida zeigte sich echauffiert. | |
| In einem Artikel der Märkischen Oderzeitung antwortete Bürgermeister André | |
| Stahl, dass bisher weder die Eigentumsverhältnisse noch die | |
| Verkehrsanbindungen für das betreffende Gelände geklärt seien. Trotzdem | |
| schrieb ein Leser, dieser „Bau-Wahn“ solle „endlich ein Ende finden“. | |
| Warum sind viele Bernauer, denen es doch so gut geht im Vergleich zu | |
| anderen Brandenburgern, so ängstlich, so argwöhnisch? | |
| ## Deutschlernen in jeder freien Minuten | |
| „Vielleicht ist es nur wegen meines Kopftuchs“, vermutet Maawia A., die mit | |
| ihrem Mann und ihren beiden Kindern seit drei Jahren in Bernau lebt. Maawia | |
| A. war Allgemeinärztin in Damaskus, bevor sie aus Syrien floh. Sie will | |
| unbedingt wieder arbeiten, lernt Deutsch in jeder freien Minute, die | |
| Ergebnisse sind beeindruckend. | |
| Weil sie die Fachsprachprüfung nicht geschafft hat, würde sie gern in einem | |
| Krankenhaus im Umkreis hospitieren, um mehr Deutsch zu sprechen, erhält | |
| aber auch trotz der Hilfe der sehr engagierten Bernauer Integrationsstelle | |
| bislang wenig Feedback. Die Familie der 35-Jährigen wohnt seit zwei Jahren | |
| in einer eigenen Wohnung, wird aber von den Nachbarn ignoriert, nicht | |
| zurück gegrüßt und manchmal sogar beschimpft. Das ältere Kind findet in der | |
| Grundschule keinen Anschluss zu den Mitschülern und hat Schwierigkeiten | |
| Deutsch zu lernen. Eine deutsche Freundin hilft ihnen bei Problemen im | |
| Alltag. | |
| Sie fühlen sich allein, denn während in Berlin wie im bundesweiten Schnitt | |
| heute etwa ein Mensch mit syrischer auf 100 Menschen mit deutscher | |
| Staatsbürgerschaft kommen, sind es in Bernau nur einer auf 700. Viele | |
| suchen das Weite, sobald sie keine Wohnsitzauflage mehr haben. | |
| „Rassismus ist so schön einfach, er kaschiert Privilegien“, so erklären | |
| sich Katrin Schudde und Robert Reichelt vom linken Jugendtreff Dosto die | |
| Lage, wo selbst jetzt, in den Ferien, an einem sonnigen Freitagvormittag | |
| einige Mädchen abhängen. Letztes Jahr haben sie hier viel über den | |
| Hambacher Forst geredet, dieses Jahr viel über Greta Thunberg, erzählen die | |
| beiden. Sie freuen sich, dass die Jugendlichen wieder ein Thema gefunden | |
| haben, für das sie kämpfen. Das ist es, wofür der Dosto seit seiner | |
| Gründung nach der Wende da ist. | |
| ## Die Somewheres und die Anywheres | |
| Sie können sich aber auch noch gut erinnern, wie in den Neunzigern die | |
| Nazis am Bahnhof saßen, an die harten Kämpfe der Antifa. „Es ist ruhiger | |
| geworden“, sagen Schudde und Reichelt, finden das aber nicht unbedingt | |
| beruhigend. Die Rechten sind nicht mehr so greifbar wie früher. Und manche | |
| Jugendliche wissen heute gar nicht mehr, was Antisemitismus bedeutet, wenn | |
| sie zum Dosto kommen. | |
| Und das hat natürlich auch nichts mehr mit der DDR zu tun, jenem kleinen | |
| Land, in dem sich Bernau vor 30 Jahren befand. Und auch nichts mehr mit dem | |
| oft angeführten fehlenden Training der DDR-Bürger, was den Umgang mit | |
| anderen Kulturen anging. | |
| Der britische Journalist David Goodhart hat eine neue Ursache für den neuen | |
| Populismus ausgemacht, der sich überall ausbreitet. Eine Ursache, die über | |
| die Trennung der Gesellschaft in Arm und Reich oder in Schwarz und Weiß | |
| weit hinaus geht. Nach Goddhart haben sich weltweit zwei neue Meta-Klassen | |
| herausgebildet, zwei Lebensweisen, die eine Art Kulturkrieg gegeneinander | |
| führen. Die einen nennt er Somewheres, die anderen Anywheres. | |
| Somewheres sind Abgehängte und Dagebliebene. Sie leben in Kleinstädten, in | |
| denen es längst keinen guten Buchladen und kein Schwimmbad mehr gibt, in | |
| Dörfern, die kein Bus mehr erreicht. Die Anywheres dagegen können jederzeit | |
| umziehen, sie sind gut bezahlte, mobile Angestellte, gebildete Kosmopoliten | |
| und Gewinner der globalen Urbanisierung. | |
| Gibt es diese beiden Klassen in Bernau? | |
| ## Ein bisschen komisch … | |
| Robert L. ist ein Bekannter einer Bekannten, er ist um die Wende geboren, | |
| in Bernau aufgewachsen, hat in Süddeutschland studiert und ist dann nach | |
| Bernau zurückgekehrt, um Grundschullehrer zu sein. Mit den Kindern macht er | |
| Projektwochen zum Thema Programmieren oder Trendsportarten. Zweimal hat | |
| seine Klasse schon einen Forscherpreis gewonnen. | |
| An einem Montagabend trifft Robert L. seinen alten Schulfreund Sascha M. | |
| Auch er hat woanders studiert, auch er ist zurückgekommen und fängt hier | |
| demnächst als Stadtplaner an. Sie beide mögen ihre Stadt, wollen hier was | |
| bewegen. Bislang haben sie in der Südstadt gelebt, einem Viertel, wo eher | |
| Menschen mit Migrationshintergrund und Hartz IV-Empfänger wohnen. Demnächst | |
| zieht Robert mit seiner Freundin in den Panke-Park, ins ehemalige | |
| Heeresbekleidungsamt, das sie so schick saniert haben, wo die Wohnungen | |
| jetzt schon 8,50 Euro der m2 kalt kosten und die Stadt mit 19 Hektar Fläche | |
| den größten Stadtpark Brandenburgs anlegen lässt. Ein bisschen komisch | |
| findet er das schon, mindestens. | |
| Anja R. ist eine Zufallsbekanntschaft aus der frisch renovierten Plansche | |
| in Bernau, eine Art Freibad für Kleinkinder, wo sie an einem | |
| Freitagnachmittag mit ihrem Kind einen sonnigen Nachmittag verbringt. Ach | |
| sie ist nicht lang vor der Wende geboren, lebt seit knapp zwei Jahren in | |
| Bernau, auch in der Südstadt, aber nicht in den Platten, sondern nebenan, | |
| in einem neuen Einfamilienhaus, das nicht viel weniger gekostet hat als | |
| eine Vierzimmerwohnung in Pankow heute kosten würde, wie sie sagt. | |
| Wahrscheinlich könnten sich das nur noch die wenigsten Bernauer leisten. | |
| Sie mag Bernau, fühlt sich freundlich aufgenommen, pendelt aber täglich mit | |
| der Bahn nach Berlin zur Arbeit, sodass momentan noch wenig Zeit bleibt für | |
| einen Blick über den Tellerrand – oder gar Engagement vor Ort. | |
| Sowohl Robert L. als auch Anja R. wissen wenig über die stärkste Kraft im | |
| Bernauer Stadtparlament, die BVB/Freien Wähler. Gewählt haben beide ganz | |
| andere Parteien. Für Leute wie sie funktioniert die Unterscheidung von | |
| Somewheres und Anywheres nicht. | |
| Leute wie sie sind Somewheres und Anywheres zugleich. Leute wie sie findet | |
| man häufig in Bernau, und sie sind die Zukunft dieser Stadt. | |
| „Vielleicht sollten die Leute einfach mal weniger meckern“, sagt Bernd | |
| Eccarius, der Historiker. „Vielleicht brauchen wir einfach nur eine | |
| Hochschule vor Ort“, sagt Robert L. „Und eine gute Bar und ein | |
| Programmkino.“ – Wahrscheinlich haben sie beide recht. | |
| 20 Jul 2019 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.bernau-bei-berlin.de/ | |
| [2] https://www.bernau-bei-berlin.de/de/stadtportraet/bernau-heute/historische-… | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Messmer | |
| ## TAGS | |
| Lesestück Recherche und Reportage | |
| Bernau bei Berlin | |
| Berlin Brandenburg | |
| Wahlen in Ostdeutschland 2024 | |
| Schwerpunkt Ostdeutschland | |
| Schwerpunkt Landtagswahl 2019 in Brandenburg | |
| Bauhaus | |
| Landtag Brandenburg | |
| Musikfestival | |
| Gewässerschutz | |
| Wochenvorschau | |
| Schwerpunkt Landtagswahlen | |
| Lesestück Meinung und Analyse | |
| Schwerpunkt Landtagswahlen | |
| Schwerpunkt Rassismus | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Mosaik-Comics im Bauhausdenkmal Bernau: Lernen und lesen unter Kiefern | |
| In der ehemaligen Bundesschule, einem Bauhaus-Denkmal in Bernau, ist | |
| Aktionstag. Es gibt Workshops und ein eigens erstelltes Mosaik-Heft. | |
| Landtagswahl in Brandenburg: Der kleine Überraschungssieger | |
| Die Freien Wähler hatten in Brandenburg wenige auf dem Schirm – nun sitzen | |
| sie im Landtag und könnten gar bei der Koalitionsbildung mitreden. | |
| Bergfunk-Festival in Königs Wusterhausen: Wenn der Funkerberg ruft | |
| Das Festival wird vor allem von Menschen gemacht, die mal dort gelebt haben | |
| – es bindet sie an die Stadt. Am Wochenende findet es wieder statt. | |
| Straussee bei Stausberg: Ein See mit Pegelproblem | |
| Seit bald einem Jahrzehnt verliert der Straussee erheblich an Wasser. | |
| Umweltschützer und Bootsbesitzer*innen sind über die ratlose Politik | |
| empört. | |
| Die Wochenvorschau für Berlin: Der Wolf und das Paradies | |
| Der Wolf, er muss halt fressen. Der Bauer will sich nichts wegfressen | |
| lassen: Konflikt. Und dann gibt es noch eine Ausstellung im Gropiusbau. | |
| Wahlkampfauftakt der AfD in Cottbus: Höckes Hochburg | |
| Die AfD läutet den Wahlkampf ein. Von innerparteilichem Streit wollen die | |
| Redner nichts wissen – doch Björn Höcke wird euphorisch empfangen. | |
| Debatte Regionale Identität: Der Osten muss sterben, um zu leben | |
| Wir brauchen eine empathische Debatte über Ostdeutschland. Aber bitte ohne | |
| identitätspolitische Schlagseite. | |
| Stonewall-Jubiläum in Brandenburg: „Liebe, Respekt und Sichtbarkeit“ | |
| Zwei Monate vor den Brandenburg-Wahlen findet der erste CSD in Falkensee | |
| statt, auch als Parade gegen Rechts. Ilona Bubeck hat ihn mitorganisiert. | |
| Kolumne Minority Report: Baden mit Nazis | |
| Ein Kurztrip ins Brandenburger Umland ist nicht immer schön. Vor allem wenn | |
| einem NPD-Plakate und Nazis begegnen. |