| # taz.de -- Landtagswahl in Brandenburg: Der kleine Überraschungssieger | |
| > Die Freien Wähler hatten in Brandenburg wenige auf dem Schirm – nun | |
| > sitzen sie im Landtag und könnten gar bei der Koalitionsbildung mitreden. | |
| Bild: „Klare Sachpolitik“: Péter Vida am Wahlabend in Potsdam | |
| BERLIN taz | Péter Vida ist eher ein nüchterner Typ. In „angenehmer | |
| Stimmung“ befände er sich gerade, sagt der 35-Jährige am Montag. Da ist | |
| Vida längst wieder im Arbeitsmodus. Noch am Wahlabend hing er seinem | |
| Wahlkreis, in Bernau bei Berlin, Plakate ab. Nun düst er nach Potsdam, zur | |
| Einweisung für die neuen Landtagsabgeordneten. | |
| Vida ist nun einer von ihnen. Und er hätte Grund für ausgelasseneren Jubel. | |
| Denn Vida und seinen Freien Wählern gelang am Sonntag ein kleiner Coup: Mit | |
| 5,0 Prozent zog die Wählervereinigung in den Landtag ein, Vida holte in | |
| seinem Wahlkreis Barnim gar das Direktmandat. Nun könnten die | |
| „Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen/Freie Wähler“ gar bei den | |
| Koalitionsverhandlungen ein Wörtchen mitreden. Obwohl die Freien Wähler | |
| vorher nur wenige auf dem Schirm hatten. Der rbb lud sie gar aus einer | |
| Wahlsendung aus, weil der Sender sie für chancenlos hielt. | |
| Dabei saßen die Freien Wähler bereits in den vergangenen Legislaturperiode | |
| im Landtag – wegen einer Brandenburger Sonderregel. Zwar holte die | |
| Wählervereinigung vor fünf Jahren nur 2,7 Prozent, aber schon damals gewann | |
| ein Freier Wähler ein Direktmandat: Christoph Schulze, ein Ex-SPD-Mann. Und | |
| wer in Brandenburg ein Direktmandat holt, für den gilt die | |
| Fünf-Prozent-Hürde nicht. | |
| ## Von Haustür zu Haustür | |
| Nun haben die Freien Wähler ihr Ergebnis verdoppelt und sitzen mit fünf | |
| Abgeordneten im neuen Landtag. Zuletzt war es Péter Vida allein. Denn die | |
| alte Fraktion zerbrach, Schulze und eine Kollegin verließen sie im Streit. | |
| Von damaligen Anlaufschwierigkeiten spricht Vida. Inzwischen sei man im | |
| Land weit besser aufgestellt. „Ich kann garantieren, dass wir diesmal eine | |
| sehr gute Mannschaft haben“, sagte der Anwalt mit ungarischen Wurzeln. | |
| Vida selbst hat für den Erfolg viel geackert. 2009 gehörte er zu den | |
| Gründern der Freien Wähler in Brandenburg, jetzt im Wahlkampf zog er in | |
| seinem Wahlkreis von Haustür zu Haustür. Am Ende schlug er dort mit seinen | |
| 23,9 Prozent gar Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD). In Bernau kennen | |
| die Leute ihn seit Jahren: Vida ist Vorsitzender der | |
| Stadtverordnetenversammlung, sitzt auch im Kreistag, engagiert sich im | |
| Migrationsbeirat. Er kämpfte für Entschädigungen für Bürger, die einst | |
| Wasseranschlussgebühren zahlen mussten, setzte sich gegen | |
| Straßenausbaubeiträge ein. | |
| So wolle er nun auch im Landtag Politik machen, sagt Vida. Für konkrete | |
| Verbesserungen im ländlichen Raum, für einen dortigen „Investionsschub“. | |
| Eine Bestandsgarantie für alle Schulen, der Erhalt von Krankenhäusern, | |
| kostenlose Kitas, ein besserer Straßenausbau. „Die Leute haben erkannt, | |
| dass wir konkrete Probleme lösen“, erklärt sich Vida seinen Wahlerfolg. | |
| „Wir setzen was durch.“ | |
| ## Rechts offen? „Alles Geschwätz“ | |
| Die grundsätzliche politische Ausrichtung der Freien Wähler in Brandenburg | |
| steht indes immer mal wieder in der Diskussion. [1][Andere Parteivertreter | |
| werfen ihnen auch vor, es mit den Fakten bisweilen nicht so genau zu nehmen | |
| oder Versprechungen zu machen, die nicht einzulösen seien.] „Alles | |
| Geschwätz“, sagt Vida. Seine Wählervereinigung mache eine unideologische, | |
| klare Sachpolitik. Auch sei man nicht nach rechts außen offen, wolle | |
| keinesfalls mit der AfD und ihren „Scharfmachern“ zusammenarbeiten. | |
| Dafür könnten die Freien Wähler demnächst womöglich ganz woanders landen: | |
| am Sondierungstisch von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Denn auch | |
| eine Koalition aus SPD, CDU und Freien Wählen hätte eine Mehrheit im Land, | |
| wenn auch eine knappe. Man schiele nicht auf Ministerposten, sagt Vida. | |
| Aber wenn es gemeinsame programmatische Projekte gäbe, sei man zu | |
| Gesprächen bereit. | |
| 2 Sep 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
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