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# taz.de -- Fehlende Frauenförderung in der CDU: Quote statt Seilschaft
> Das CDU-Damentrio soll für Feminismus stehen? Nein. Die drei verfolgen
> ihre individuelle Karriere, sie sorgen nicht für strukturelle
> Veränderung.
Bild: Mein, mein und mein Stuhl: Der CDU fehlt weibliche Solidarität
Das Bild der Woche ist erfrischend: Die drei großen Frauen der CDU sitzen
einträchtig in einer Reihe in Schloss Bellevue, dem Sitz des
Bundespräsidenten. Frauen sind mächtig, das strahlt das Bild aus von
[1][Bundeskanzlerin Angela Merkel], der CDU-Chefin und neuen
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und der nun mächtigsten
PolitikerIn der Europäischen Union, Ursula van der Leyen.
Aber: Ihr Auftritt ist kein [2][Zeichen des Aufbruchs]. Die drei
repräsentieren sich selbst, mehr nicht. Sie sind hervorragende
Machttechnikerinnen. Sie signalisieren nicht den Beginn einer neuen Ära, in
der die politische Macht von Frauen eine neue Stufe erreicht. Die drei
mächtigsten Frauen der CDU stehen nicht für eine Politik für Frauen, schon
gar nicht für eine feministische Politik. Sie verfolgen individualistische
Karrierestrategien, sie setzen sich nicht für strukturelle Änderungen für
Frauen ein. Das heißt: Sie ebnen anderen nicht den Weg.
Das Trio überdeckt das riesige frauenpolitische Defizit, für das die
Bundeskanzlerin als frühere CDU-Vorsitzende verantwortlich ist. Jenseits
des schönen Scheins ist die Realität ziemlich trostlos. Von den 246
Abgeordneten der Unionsfraktion im Bundestag sind 51 weiblich, 40 davon
kommen aus der CDU. Das sind knapp 20 Prozent – ein Anteil wie im Jahr
1998. Das ist sogar noch weniger als beim Männerverein FDP, der auf aktuell
22,5 Prozent Frauenanteil kommt.
Wenn Angela Merkel je Ambitionen in Sachen Frauenförderung gehabt haben
sollte, dann war sie damit nicht erfolgreich. 2018 waren unter den
Mitgliedern der CDU nur knapp über 26 Prozent weiblich – da war Merkel 18
Jahre Vorsitzende. Wie groß ihr Versagen ist, zeigt ein Blick in den
„Bericht zur politischen Gleichstellung von Frauen und Männern“ in der CDU,
den Annegret Kramp-Karrenbauer noch im Dezember 2018 als Generalsekretärin
vorgelegt hat – ein Offenbarungseid.
## Nur ein „klassisches“ Ministerium weiblich besetzt
Danach ist der Frauenanteil unter den Mitgliedern in den vergangenen 20
Jahren nur marginal gestiegen, von 25 auf 26 Prozent. In den neuen
Bundesländern hat er sogar abgenommen, in Merkels Landesverband
Mecklenburg-Vorpommern zwischen 1998 und 2018 um 8,6 Prozentpunkte. In acht
Landtagen stellt die CDU weniger Frauen als vor 20 Jahren. In fünf
Landesverbänden gibt es keine einzige Kreisvorsitzende. Der Anteil von
Frauen an den mächtigen LandesgeschäftsführerInnen der CDU hat sich von
13,3 Prozent auf sechs Prozent mehr als halbiert.
Dabei gilt seit 1996 in der CDU ein Quorum, nach dem ein Drittel der Posten
mit Frauen besetzt werden sollte – das durchzusetzen gehörte offenkundig
aber nicht zu Merkels Prioritäten. In ihrer Amtszeit als Kanzlerin hat sie
nur ein einziges der „klassischen“ Ministerien weiblich besetzt. Das war
und ist das Verteidigungsministerium, in das sie erst die eine enge
Vertraute, dann die andere entsandte. Finanzen? Innen? Fehlanzeige! Kein
anders der von der CDU besetzten zentralen Ministerien ging unter Merkel an
eine Frau. Seilschaften ersetzen keine verbindliche Frauenquote.
SPD, Grüne und Linkspartei müssen sich in Frauenfragen vor der Union nicht
verstecken. Mehr als ein Drittel der SPD-Abgeordneten sind weiblich, bei
den Grünen und der Linksfraktion sind jeweils mehr als die Hälfte Frauen.
Linke und Grüne haben gemischte Doppelspitzen in Partei und Fraktion, die
SPD entdeckt das immerhin jetzt als Option.
Bei allen drei Parteien gibt es starke Frauen in der ersten, zweiten und
dritten Reihe – und dahinter auch. Der rasche Aufstieg der Grünen-Chefin
Annalena Baerbock zeigt, welche Potenziale es in den Parteien fernab des
öffentlichen Blicks gibt. Und abgesehen von der reinen
Geschlechterrepräsentanz: Im Gegensatz zur Union haben SPD, Grüne und Linke
eine emanzipatorische Frauenpolitik zu bieten. Sie sind es, die sich für
Geschlechtergerechtigkeit etwa mit Paritätsgesetzen in Parlamenten
einsetzen – für alle Frauen und nicht für die Seilschaften einzelner.
20 Jul 2019
## LINKS
[1] /Merkels-Macht/!5607168
[2] /Hohe-Positionen-in-der-Politik/!5607121
## AUTOREN
Anja Krüger
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