| # taz.de -- Bio-Schokolade aus Bolivien: Blühendes Geschäft in El Alto | |
| > Die Kakaobauern der bolivianischen Genossenschaft El Ceibo produzieren | |
| > Schokolade in der eigenen Fabrik. Die Nachfrage im Land steigt rasant. | |
| Bild: Nicht nur die Kakaobäume, sondern auch die Geschäfte von El Ceibo trage… | |
| El Alto taz | Froilan Beltrans Blick wandert über die Kunden, die geduldig | |
| an der Kasse von El Ceibo aufs Bezahlen warten. Einige halten ein paar | |
| Tafeln Schokolade in der Hand, andere Schokoriegel, und wieder andere | |
| schieben Pappkartons vor sich her, in denen sich etliche Artikel stapeln. | |
| Es ist 11 Uhr morgens in El Alto, der über La Paz liegenden Boomtown | |
| Boliviens. Beltran, Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von El | |
| Ceibo, lächelt zufrieden angesichts des Kundenansturms. Dann weist er den | |
| Weg zu einem der Aufgänge in dem mehrstöckigen Einkaufs- und Bürogebäude. | |
| Das hat sich Boliviens erfolgreiche Kakaogenossenschaft zu Beginn dieses | |
| Jahrtausends als zusätzliches ökonomisches Standbein gebaut. | |
| Damals wie heute ging es darum, mehr Einnahmen für die Genossen zu | |
| generieren und unabhängiger vom Auf und Ab des Weltmarktpreises für Kakao | |
| zu werden. Das funktioniert, denn nicht nur die Mieteinnahmen machen die | |
| Genossenschaft unabhängiger vom Export von Kakaobohnen und -butter, sondern | |
| auch die eigene Schokoladenfabrik. Dort werden rund sechzig verschiedene | |
| Produkte, von der Tafel bis zum Schokomüsli, produziert, und von Jahr zu | |
| Jahr steigt der Absatz in Bolivien und sinkt der Export nach Übersee. | |
| „In diesem Jahr haben wir den Abnahmepreis für Kakao um einhundert | |
| Bolivianos pro hundert Kilogramm Kakaobohnen erhöht“, erklärt Froilan | |
| Beltran mit einem stolzen Lächeln. 100 Bolivianos, das entspricht 12 Euro. | |
| Die Gewinne aus der Schokoladenfabrik, die noch im Hinterhof des Centro | |
| Comercial untergebracht ist, machen es möglich, und die boomende Nachfrage | |
| sorgt für ein durchschnittliches Wachstum von knapp 10 Prozent pro Jahr. | |
| ## Der Rohstoff mitten aus dem Regenwald | |
| Eine Reihe von eigenen Läden in La Paz, Cochabamba und Santa Cruz sorgen | |
| für den Vertrieb der Schokoware. In Bolivien ist die Marke El Ceibo längst | |
| zum Synonym für gute Schokolade geworden. | |
| Der Rohstoff dafür stammt aus der Region von Sapecho, einem kleinen Dorf | |
| rund vier Fahrtstunden von El Alto entfernt. Das liegt mitten im tropischen | |
| Regenwald, und Froilan Beltran hat wie alle Genossen dort ein Stück Land, | |
| wo seine Familie Kakao, Obst und andere Produkte des täglichen Bedarfs | |
| anbaut. | |
| Über fünf Hektar erstreckt sich seine Plantage, wo die Kakaoschoten im | |
| Schatten von Urwaldriesen wachsen, bis sie gelborange und damit erntereif | |
| sind. Das ist ab Ende März der Fall, und dann läuft bis Ende Juli, Anfang | |
| August die Ernte. Mehrere Dutzend Kakaobohnen liegen sauber aufgereiht wie | |
| in einer Erbsenschote im weißen, süßlich schmeckenden Fruchtfleisch, werden | |
| von den Bauern herausgelöst und auf langen Tischen in der Sonne getrocknet, | |
| bis sie fermentieren. | |
| ## Bio und Expertenwissen als Erfolgsrezept | |
| Auf Bio setzen die Genossen bereits seit 1978. „Da haben die ersten | |
| Compañeros angefangen, umzustellen“, so Beltran. Seitdem ist der Bioanteil | |
| an der Produktion auf gut 96 Prozent gewachsen – die restlichen paar | |
| Prozent befinden sich noch in der Umstellung und werden dabei von Auditoren | |
| von Naturland und Fairtrade International (FLO) begleitet. | |
| Für die nötigen Kontakte zu den Zertifizierern sorgten Anfang der 1980er | |
| „Brot für die Welt“ und damals noch der Deutsche Entwicklungsdienst (DED), | |
| die die Genossen aus Sapecho lange berieten und auch dafür sorgten, dass | |
| [1][ein eigenes Team von Beratern, Agrartechnikern und Analysten] | |
| geschaffen wurde. | |
| Das kümmert sich um Qualitätsstandards, um alternative Strategien zur | |
| Schädlingsbekämpfung und experimentiert vor Ort in Versuchsgärten mit | |
| unterschiedlichen Kakaosorten. | |
| ## Immer mehr Kakao bleibt in Bolivien | |
| Von den Experten können sich die Bauern beraten lassen, aber auch Saatgut | |
| von Tropenbäumen sowie auch Setzlinge junger widerstandsfähiger | |
| Kakaopflanzen einkaufen. Basis der Erfolgsgeschichte von El Ceibo. | |
| Die hat mit dem Aufbau der eigenen Schokoladenfabrik Mitte der 1990er Jahre | |
| an Dynamik gewonnen. „Seitdem sinkt der Exportanteil kontinuierlich. | |
| Derzeit gehen nur noch 30 Prozent ins Ausland, 70 Prozent in den nationalen | |
| Markt“, sagt Michel Yucra Vargas von der Geschäftsführung. | |
| Zu den langjährigen Geschäftspartnern gehört auch die [2][Gepa, die mit | |
| Rohstoffen wie Kakaobutter beliefert wird]. Das könnte sich noch ändern, | |
| denn die Genossen von El Ceibo hoffen, dass die Gepa auch die fertigen | |
| Tafeln von den Chocolatiers aus El Alto irgendwann ins Programm nehmen. | |
| Vielleicht sei die Eröffnung der neuen Fabrik, die für nächstes Jahr | |
| anvisiert ist, dafür der richtige Zeitpunkt, hoffen Froilan Beltran und | |
| sein Kollege Michel Yucra Vargas. Ein Traum, der gar nicht so abwegig | |
| klingt. | |
| 16 Jul 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Knut Henkel | |
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