# taz.de -- Bremens neuer Bürgermeister: Der Musterschüler | |
> Andreas Bovenschulte soll neuer SPD-Bürgermeister in Bremen werden. Zuvor | |
> war er Bürgermeister in Weyhe und wurde dort sogar von der CDU gelobt. | |
Bild: Steht als Bürgermeister nicht auf Privatisierungen: SPD-Politiker Andrea… | |
Bremen taz | Was für ein Coup: Sechs Wochen ist es her, dass Bremen gewählt | |
hat. Knapp einen Monat haben die drei designierten Koalitionspartnerinnen | |
SPD, Grüne und Linke verhandelt. Und natürlich hat sich die gestärkte | |
oppositionelle CDU währenddessen schon auf den alten und erwartet neuen | |
Präsidenten des Senats eingeschossen: Carsten Sieling hafte ein | |
Verlierer-Image an, er sei ein Pattex-Bürgermeister – was halt so Sprüche | |
sind. | |
Und am Montag, am Tag der Ergebnisverkündung, erfährt die erstaunte | |
Öffentlichkeit: Sieling macht gar nicht weiter. Er wechselt in die | |
Fraktion. An seiner statt soll dem Vernehmen nach Andreas Bovenschulte ins | |
Rathaus einziehen – und zwar ohne dass die Spatzen das seit Wochen von den | |
Dächern der sonst sehr tratschfreudigen Hansestadt gepfiffen hätten. | |
Offiziell nominiert die SPD am kommenden Samstag beim Parteitag die | |
Nachfolgekandidaten. | |
Der 53-jährige Doktor jur. ist bundespolitisch ein unbeschriebenes Blatt, | |
auch wenn er von 2010 bis 2013 mal Landesvorsitzender der Bremer SPD | |
gewesen war: Außerhalb von Bremen ist er trotzdem nicht völlig unbekannt. | |
Genau genommen kennt man ihn in Weyhe, einer selbstständigen Gemeinde, die | |
verwaltungstechnisch dem niedersächsischen Landkreis Diepholz angehört, | |
lebensweltlich aber dem Bremer Speckgürtel. | |
Wo sonst die Einpendler der Airbus-, Stahlwerk- und Mercedes-Stadt ihre | |
Häuschen mit Garten hinzimmern, ist Bovenschulte jahrelang tagsüber | |
rausgefahren, um zu arbeiten. Sein Job seit 2014: Bürgermeister. Den Posten | |
hat er engagiert wahrgenommen, und zwar sehr zum Entzücken der dortigen | |
CDU, die ihn bei der Bürgerschaftswahl gar nicht hatte ziehen lassen | |
wollen, schließlich läuft die Amtszeit acht Jahre. Als „Fachmann“ mit | |
„hohem Verantwortungsbewusstsein“ lobte der christdemokratische | |
Fraktionsvorsitzende im Gemeinderat, Dietrich Struthoff, den linken Sozi: | |
„Wir fanden, er hat sehr gute Arbeit gemacht.“ | |
Das ist ein gutes Zeugnis, auch wenn Bremen zwei Nummern größer ist. Aber | |
dort hatte man Bovenschulte schon vor seinem Wechsel in die Provinz als | |
künftigen Bürgermeister auf dem Zettel: Seine Verbindung in den Senat war | |
eng geblieben, schließlich gehörte seine Frau Ulrike Hiller der | |
Landesregierung als Staatsrätin an. Durchsetzungskraft bewies er, als 2013 | |
ein SPD-Parlamentsnachrücker den Thilo Sarrazin machte und unterm | |
Parteilogo romafeindliche Schriften veröffentlichte: Der Ausschluss des | |
langjährigen Genossen wurde, was oft so schwerfällt, gerichtsfest | |
vollzogen. | |
Ansonsten hat sich Bovenschulte als Bannerträger der Rekommunalisierung | |
profiliert: Der 2014 vollzogene Teilrückkauf der Energieversorgungsnetze | |
gilt ebenso großteils als sein Werk wie die Privatisierungsbremse: Bremen | |
darf öffentliche Gesellschaften nur verkaufen, wenn es eine | |
Zweidrittelmehrheit dafür gibt oder das Volk zuvor per Referendum zustimmt | |
– eine Regelung, die Bremen zeitgleich mit dem Verschuldungsverbot in | |
seine Verfassung aufgenommen hat. | |
2 Jul 2019 | |
## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
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