# taz.de -- R2G präsentiert Bremer Koalitionsvertrag: Das Wunder von Bremen | |
> Carsten Sieling verkündet den rot-grün-roten „Aufbruch“ und tritt dann | |
> als Bürgermeister doch ab. Und was ist sonst noch wichtig im | |
> Koalitionsvertrag? | |
Bild: Verkündigung im Bremer Rathaus: Die VertreterInnen von Grünen, SPD und … | |
BREMEN taz | Für die SPD-Landesvorsitzende Sascha Aulepp ist er eine | |
„Vision“, für Hermann Kuhn, den Landessprecher der Grünen, ein „Wunder�… | |
der rot-grün-rote Koalitionsvertrag. Nach nur dreiwöchiger Verhandlungszeit | |
wurde er am Montag in bemerkenswerter, parteiübergreifender Harmonie der | |
Öffentlichkeit vorgestellt. | |
## Was wurde beschlossen? | |
Ganz oben auf der Wunschliste stehen der Neu- und Ausbau von | |
(Ganztages-)Schulen und Kindertagesstätten und deren bessere personelle | |
Ausstattung, insbesondere in den benachteiligten Quartieren. Bis 2023 | |
sollen mindestens 60 Prozent der Unter-Dreijährigen in ihrem Stadtteil | |
einen Betreuungsplatz haben. Auch die energetische Sanierung öffentlicher | |
Gebäude ist nun vorrangig, zudem sollen 10.000 Wohnungen entstehen und | |
städtische Grundstücke nur noch in Erbpacht vergeben oder selbst | |
entwickelt, nicht aber an Investoren verkauft werden. Die Zahl der | |
Sozialwohnungen soll wieder steigen, und zwar auf 8.000. Kinder und | |
Jugendliche sollen billiger ins Freibad kommen und kostenlos Bus- und Bahn | |
fahren können, wenn sie aus prekären Verhältnissen stammen. Die | |
Tarifbindung soll gestärkt, der Landesmindestlohn erhöht und die | |
Unternehmerschaft im Zweifelsfall genötigt werden, in einen | |
Ausbildungsfonds einzuzahlen, wenn Firmen nicht ausbilden. | |
Polizei und Justiz bekommen mehr Personal, aber keine neuen Befugnisse, | |
also auch keinen „Staatstrojaner“. Schon vorher bekannt war, dass die | |
Innenstadt bis 2030 autofrei werden soll. Außerdem will Rot-Grün-Rot den | |
örtlichen Energieversorger swb drängen, seine Kohlemeiler bis 2023 | |
stillzulegen. Und: Ab sofort stehen alle Beschüsse unter einem | |
„Klimavorbehalt“, wie die Grünen betonen. | |
## Was wird nur geprüft? | |
Die Idee eines kostenlosen Nahverkehrs für alle BremerInnen hat es ebenso | |
wie die konkurrierende Idee eines 365-Euro-Jahrestickets nach Wiener | |
Vorbild nur auf die Liste der Prüfaufträge geschafft. Ähnliches gilt für | |
einen Mietendeckel, wie ihn die rot-rot-grüne Landesregierung in Berlin | |
plant. | |
## Wer soll das alles bezahlen? | |
Rot-Grün-Rot ist sich einig, dass mehr beschlossen wurde, als in vier | |
Jahren zu schaffen und zu bezahlen ist. Wir werden „teilweise beginnen“, | |
sagt Hermann Kuhn, außerdem gibt es eine zehnteilige Prioritätenliste. 80 | |
Millionen Euro der Schulden sollen pro Jahr getilgt werden, die geplanten | |
Schul- und Kitaneubauten deshalb die Gewoba und die Brebau bezahlen und | |
dann an Bremen vermieten. Trotz aller demonstrativer Einigkeit lauern hier | |
Konflikte. Die nun anstehenden Haushaltsberatungen werden deshalb „zweite | |
Koalitionsverhandlungen“, prognostiziert Kuhn. | |
## Wer wird was? | |
Darüber dürfen jetzt die Parteien alleine entscheiden. Nach dem gestrigen | |
Rücktritt von Bürgermeister Carsten Sieling wird der frisch gewählte | |
Fraktionschef Andreas Bovenschulte wohl Präsident des Senates und | |
Kultursenator. Claudia Bogedan als Bildungs- und Ulrich Mäurer als | |
Innensenator gelten als gesetzt, das wirr neu geschaffene Ressort für | |
Justiz, Wissenschaft und Häfen bekommt Claudia Schilling aus Bremerhaven. | |
Bei den Grünen bleibt wohl Anja Stahmann Sozialsenatorin und | |
Spitzenkandidatin Maike Schaefer übernimmt das Bau- und Umweltressort. Als | |
grüner Finanzsenator ist der bisherige Staatsrat Dietmar Strehl im | |
Gespräch. Für die Linken wird wahrscheinlich Kristina Vogt die Senatorin | |
für Wirtschaft, Arbeit und Europa dazu Claudia Bernhard jene für | |
Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz. Insgesamt gibt es damit neun | |
statt bisher acht SenatorInnen, dazu 15 StaatsrätInnen. | |
## Wird Bremen mit R2G jetzt Vorbild für den Bund? | |
„Eher nicht“, sagt Hermann Kuhn von den Grünen. Und bei der Linkspartei | |
findet man die Frage „sekundär“. | |
2 Jul 2019 | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
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