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# taz.de -- Die Wahrheit: Der Weise aus den Bergen
> Friedrich Merz, dieser buddhistische Sauerländer, gibt gerade den
> Propheten von Blackrocks Gnaden. Er beglückt uns mit seinen Weisheiten.
Jede Wahrheit braucht einen Mutigen, der sie ausspricht.“ Dieser
Werbespruch des Springer-Thinktanks Bild beschreibt nicht nur dessen
Selbstverständnis, sondern ist auch das Credo von Friedrich Merz.
Im vergangenen Jahr beendete der faktenliebende Sauerländer sein
ausgedehntes politisches Sabbatical, das er in einem buddhistischen Kloster
in den Blackrock Mountains verbrachte – schweigend, auf einem im Kreis
fahrenden Mofa meditierend. Er stieg vom Berg, um Klartext zu reden.
Oft haben seine Weisheiten etwas Prophetisches. Merz spürt Entwicklungen
lange, bevor andere sie wahrnehmen. Leider aber werden seine durch ihre
gnadenlose Ehrlichkeit funkelnden Verkündigungen durch die Medien oft nur
entschärft wiedergegeben, weil man glaubt, man könne dem Volk die Wahrheit
nicht zumuten.
So wurde aus dem Merz’schen Gedankenblitz „Wenn der Pöbel nicht zu doof
wäre, um sich Aktien zu kaufen, dann hätte jeder in Deutschland zwei
Flugzeuge wie ich“ medial nur ein windelweiches „Deutschland hat eine viel
zu kleine Zahl an Aktionären“.
Nun hat Merz wieder gesprochen: „Wir verlieren offenbar Teile der
Bundeswehr und der Bundespolizei an die AfD.“ Viele reagierten auf diese
Erkenntnis mit Erstaunen. Der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft Rainer
Wendt – der vor einiger Zeit in die Kritik geriet, weil er neben seiner
Tätigkeit als Gewerkschafter jahrelang ein Bundesgehalt als Antifa-Aktivist
bezog – sagte: „Merz tut ja grade so, als ob junge Menschen zur Polizei
gingen, weil sie auf Uniformen und Befehlsstrukturen stünden, dabei wurden
zwei Drittel unserer Beamten in antiautoritären Krabbelgruppen
sozialisiert, die Hälfte arbeitet ehrenamtlich bei Pro Asyl und über
vierzig Prozent entschuldigt sich nach jedem Knüppelschlag schriftlich. Und
alle, wirklich alle, lehnen das sogenannte Racial Profiling ab. Menschen
aufgrund ihrer Hautfarbe zu kontrollieren, widerspricht unserem Ethos.“
Auch die Historie belegt Wendts Aussagen. So entstand die Bundespolizei
bekanntlich in den frühen achtziger Jahren aus einer Fraktion der Friedens-
und Anti-Atom-Bewegung, die die autoritären Strukturen der staatlichen
Institutionen fortan von innen reformieren wollte. Bis heute tragen viele
Polizisten „Atomkraft? Nein Danke“-Buttons und „Schwerter zu
Pflugscharen“-Aufnäher an ihren Uniformen, auch wenn das offiziell nicht
erlaubt ist. In der Regel werden diese Bekenntnisse aber aus Gründen der
Traditionspflege geduldet. Ebenso wie die abgewetzten „Mach meinen Kumpel
nicht an“-Anstecker, die ältere Polizisten gern bei ihren Einsätzen gegen
Rechtsradikale zeigen.
Und dennoch: Wenn man um den vorausschauenden Geist eines Friedrich Merz
weiß – sollten wir ihn dann nicht ernster nehmen und genauer hinschauen?
Auch wenn uns seine Prophezeiungen und Analysen nicht nur zu Bundeswehr und
Bundespolizei zunächst absurd erscheinen?
26 Jun 2019
## AUTOREN
Hartmut El Kurdi
## TAGS
Schwerpunkt AfD
Friedrich Merz
Bundespolizei
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