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# taz.de -- Die Wahrheit: Nehmt lieber Drogen!
> Die Grünen feiern sich und die Umwelt für das Wahlergebnis am Sonntag.
> Das sollte sie allerdings besser nervös als glücklich machen.
Ich bin durchaus der Meinung, dass Menschen gute Laune haben sollten. Mit
oder ohne Hilfe von Substanzen. Da ist ja jeder anders in seinen
Präferenzen. Mit Hilfsmitteln ist die Situation allerdings klarer: Man
weiß, es gibt keinen wirklichen Anlass, fröhlich zu sein, amüsiert sich
aber trotzdem.
Ohne Drogen sollte man sich schon überlegen, worüber man sich freut, um
sich nicht lächerlich zu machen. So erscheint es mir geradezu fahrlässig,
dass Teile der grünen Führung, aber vor allem der sogenannten Basis über
die 20,5 Prozent für ihre Partei bei der Europawahl aus dem Häuschen
geraten.
Manche tun tatsächlich so, als hätten sie am Sonntag einen Wahlsieg
errungen. Ich formuliere es mal so: Ich bin heilfroh, dass 20 Prozent nicht
reichen, um eine Wahl zu gewinnen, denn sonst hätten wir schon längst große
Teile Ostdeutschlands endgültig an die NSDAP – oder wie dieses Partei auch
immer gerade heißt – verloren. Zu Recht trösten wir uns aber damit, dass 20
oder 25 Prozent Zustimmung für die Nazis – so eklig diese Zahlen auch sind
– bedeuten, dass 75 oder 80 Prozent anders wählen. Und damit eine
überwältigende Mehrheit.
Was die Grünen zusätzlich bedenken sollten: Ein Großteil der neu
dazugekommenen Wählerinnen ist auch schnell wieder weg, wenn die Partei
dort, wo sie in Verantwortung ist – oder neu kommen sollte –, wieder so
lappig agiert wie in der rot-grünen Bundesregierung. Ich erinnere nur an
Hartz IV und den Kosovokrieg. Gerade die neue junge Wählerschaft
konfrontiert die Grünen mit radikalen Ansprüchen, die sie seit Jahren nicht
mehr gewohnt sind.
## Die Kids sind alright
Die „Fridays for Future“-Kids, die am Sonntag erstmals an die Wahlurne
durften – oder beim nächsten Mal dürfen –, wählen die Grünen nicht aus
Milieugründen. Sie lassen sich auch nicht von ohrensesselartigen Politikern
wie Winfried Kretschmann vorschreiben, wann, wo und wie oft sie
demonstrieren dürfen. Die wählen die Grünen, damit diese parlamentarisch
Druck machen. Und damit sie, wenn sie an Regierungen beteiligt sind, auch
konsequent agieren.
Man kann die jungen Menschen auch nicht als Ideologen abtun, denn alle
wissen, sie haben recht. In Bezug auf den Klimawandel heißt es: Es muss
heute und morgen was passieren, übermorgen isses zu spät. Radikalität ist
hier einfach nur ein Gebot der Vernunft.
Die Klügeren unter den Grünen wissen auch, was das bedeutet: Eine solche
radikal-rationale Politik gegen Trägheit, Bequemlichkeit und
Profitinteressen durchzusetzen, wird harte Arbeit. Sofern es überhaupt
gelingen sollte. Insofern, liebe Grüne: Die 20 Prozent bundesweit oder die
DDR-artigen Wahlergebnisse in den Hipstervierteln der Großstädte sollten
euch eher nervös als glücklich machen. Wenn ihr einfach nur gut drauf sein
wollt, raucht euch lieber die Birne zu, schluckt Pillen oder holt euch
einen Sechserträger vom Kiosk. Prost.
29 May 2019
## AUTOREN
Hartmut El Kurdi
## TAGS
Europawahl
Schwerpunkt Fridays For Future
Bündnis 90/Die Grünen
Schweizer Messer
The Beatles
Schwerpunkt AfD
Tanzverbot
Bild am Sonntag
Sprachkrieg
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