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# taz.de -- Kolumne Jung und Dumm: Die jungen Leute und das Unbenehmen
> Wie schön war die Jugend früher. Damals wollte sie nur Kekswichsen
> veranstalten und Kaugummis aus Automaten klauen – heute will sie alles
> zerstören.
Bild: Für die einen sind das leckere Kekse, für die anderen – nun ja, lesen…
Macht man eigentlich noch Kekswichsen? Oder gibt es dafür auch schon eine
App? Und was ist mit Kaugummiautomaten? Wie viele von uns tragen stolz auf
ihren Armen die Narben vom gewaltsamen
In-den-Ausgabeschlitz-um-die-Ecke-hoch-zum-Füllbehälter-Greifen-und-trotzde
m-nicht-Rankommen? Und wie soll die kommende Generation ohne diese
prägenden Erfahrungen nur aufwachsen? Es sind diese und andere Fragen, die
sich verzweifelt die Älteren stellen angesichts der erdrutschartigen
Gewinne und Verluste [1][bei der Bremer Bürgerschaftswahl].
Aber auch andere Ältere wegen einer anderen Wahl wegen anderen Jüngeren
(stellen sich andere, aber doch vergleichbare Fragen). Die Null- bis
Dreißigjährigen, diese unisono irgendwie jugendlich (also dumm) seiende
Rätselgruppe, gibt sie ihnen auf. Denn wie kann man sie verstehen? Was
wollen sie? Und warum gucken sie so böse?
Es klingt wie eine Gruppe Zoobesucher vor dem Affengehege, was da an
Meinung wieder übers Land gebreitet wird. [2][Begreifen wir hingegen zum
Beispiel das Video] des auch uns vorher gänzlich unbekannt gewesenen Rezo
mit dem Philosophen Jacques Rancière als Zursprachekommen derer, die vorher
vom lógos ausgeschlossen waren, dann handelt es sich dabei um einen eminent
politischen Akt.
Und dann mag auch das unmittelbar folgende Auf- und Überschäumen mit
allerlei Erwartbarem und in seiner konkreten Peinlichkeit dann aber doch
wieder Faszinierendem als polizeiliche Ordnungsmaßnahme gar nicht
überraschen.
## AKK will nicht alle töten
So will dann auch Annegret Kramp-Karrenbauer, die sich mit dem Schäumen
auskennt, prompt das Internet verbieten. [3][Das ist natürlich Quatsch], am
liebsten würde sie alle umbringen, die nicht konservativ und aus dem
Saarland sind, und ja, klar ist das Satire. Nochmal in aller Deutlichkeit:
Annegret Kramp-Karrenbauer möchte selbstverständlich nicht alle umbringen,
die nicht konservativ und aus dem Saarland sind. Das dann doch nicht.
Aber seltsam macht es sich aus, wenn man bedenkt, wie wohl eine Angela
Merkel, Jahrgang 1905, auf das alles reagiert hätte. Mit Dialog nämlich,
was gut ist und, anders als blauhaarige Fakten-Vorwürfe, die Gemüter
beruhigt; und schaut man nochmal ihre Interviews mit dem schildkrötigen
Besserwisser LeFloid (man hört trotz allem nicht auf, sich zu fragen, wie
groß die Portion Beliebigkeitstoleranz ist, die unsere Kinder bei ihrem
Internetfantum an den Tag legen (müssen?)) oder dem wackelkontaktigen
Statisten-Quartett vor der letzten Bundestagswahl an, dann fällt einem
durchaus auf, wie gespannt man gewesen wäre, zu erfahren, was es noch so
alles von ihr zu erfahren gäbe, nachdem man schon erfahren hat, dass sie,
Merkel, ein Lieblings-Emoji besitzt.
Das war ja eine Jugend, mit der man durchaus über Politik reden konnte,
Dialog, was gut ist und die Gemüter beruhigt. Aber nun will sie ja lieber
zerstören, kaputtmachen. Und wenn auch nur ein bisschen.
Darauf einen Kaugummi. Um Kekse können sich die Erben kümmern.
30 May 2019
## LINKS
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## AUTOREN
Adrian Schulz
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