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# taz.de -- Kolumne Jung und dumm: Der Beginn der großen Enthundung
> Neben dem Verschissenheitspotenzial städtischer Parks bereiten Hunde vor
> allem Traumata. Ein Vogel tut es doch auch.
Bild: Der Hund, immer schneller, kläff, kläff, ich bekam: Angst – noch schn…
„Ich bin vielleicht einfach nicht dafür geschaffen“, brachte Tante Cordula
gerade noch so heraus, nachdem sie sich einen Nagel in den Kopf geschlagen
hatte, dann kippte sie um. Es war mir eine Lehre. Familienstreitereien
sollten nicht derart enden müssen, erkannte ich. Und überhaupt: Alles wäre
anders vielleicht sogar besser.
Aus der neueren feministischen Theorie ist das Postulat bekannt, die
Menschen sollten sorgfältiger überlegen, ob sie wirklich so viele
(Menschen-)Babys brauchen. Das fordert die große Hundefreundin Donna
Haraway, die sich einprägsamerweise auch als „Kompostin“ bezeichnet. Die
Hunde selbst können sich schlecht gegen die Aneignung durch eine hippe
Mode-Philosophin wehren; und nicht nur den Kompost ihrer stinkenden
companion species scheint Haraway vergessen zu haben. Vor allem jedoch:
weitere Fragen zu stellen. Brauchen wir so viele Hunde? Was macht das mit
unserer Gesellschaft?
Neben dem wie ein Schleier lastenden Verschissenheitspotenzial städtischer
Parks bereitet es vor allem Traumata. Als Beispiel mein Leben. [1][Da gab
es all die Hunde, vor denen ich Angst hatte als Kind;] all die Kläffer, vor
denen ich mir, sobald sie losgekläfft hatten (wann genau, schien
unberechenbar), die Ohren verschließen wollte, aber die Hände nicht
rechtzeitig an die Ohren bekam. Da gab es diesen Hund, der hinter mir
herlief, als ich einmal den Hügel hinabrollerte nach dem Kindergarten,
immer schneller, auch der Hund, immer schneller, kläff, kläff, ich bekam:
Angst – noch schneller, noch schneller, rüber über die Straße, Autos, egal,
nur weg. Und nachher war ich natürlich schuld.
Da gab es schließlich diesen Besuch in der Schule, vor dem die anderen
Kinder und ich wieder einmal einen dieser Unterschriftenschnipsel bekommen
hatten, die die fleißigen Kinder pünktlich zurückbrachten und die reichen
Kinder nicht, aber bei denen war das nicht so schlimm wie bei den armen.
Ein Mann kam mit Hund, um uns die Angst vor Hunden zu nehmen. Das klingt
erst einmal ehrenwert-pädagogisch, vorbildlich – nicht nur Gedichte, auch
was fürs Leben! Der hat unsere Hände dann reihum in das Fell seines Tieres
gepackt und gesagt, man dürfe dem bloß nie in die Augen gucken, sonst werde
er wütend. Das kannte ich schon von den großen Jungs im Bus.
## Hetzt sie auf mich
Im Nachhinein fühle ich mich betrogen. Genauso, wie sich die fußlahmen
Rentner gefühlt haben müssen, für die irgendein Politiker kürzlich
Ampelschulungen forderte, um sie schneller über die Straße zu schleusen. So
fließe der Autoverkehr besser.
Es wird Sommer. Wir könnten so viel schöner leben – so viel stressfreier.
Begrabt Eure Hunde, wenn sie gestorben sind. Und überlegt Euch gut, ob Ihr
neue kaufen wollt oder müsst! Oder hetzt sie halt auf mich, wenn Ihr sauer
seid. Ich habe einen ganzen Handwerkskasten, um mich zu verteidigen.
Ein Vogel tut es doch auch.
23 Jun 2019
## LINKS
[1] /Pro--Contra-Buerohunde/!5522490
## AUTOREN
Adrian Schulz
## TAGS
Jung und dumm
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