# taz.de -- Pro & Contra Bürohunde: Oder soll man es lassen? | |
> Für die einen entspannend und inspirierend, für die anderen eine Waffe. | |
> Was für und was gegen Vierbeiner am Arbeitsplatz spricht. | |
Bild: Bürohund ja oder nein? Dieser Vierbeiner hatte Glück und darf seinen Be… | |
Keine Hunde | |
Der Arm vom Hundebesitzer ist sein Hund. Es kann auch sein Kopf oder das | |
Herz sein. Tritt jemand nach dem Hund, ist das, als stoße er den | |
Hundebesitzer am Arm, als löse er bei ihm Herzschmerz oder Migräne aus. | |
Denn Herr und Hund sind eins. Deshalb gucken Hundebesitzer auch gerne zu, | |
wenn ihre ausgelagerten Ichs auf Bürgersteige kacken. Endlich zeigen, was | |
man von anderen hält: Ich scheiß auf euch. | |
Der Hund ist erweitertes Selbstobjekt des Hundehalters, wie das Motorrad | |
erweitertes Selbstobjekt des Bikers und der Twitter-Account erweitertes | |
Selbstobjekt von Trump ist. Allen sei geraten, Hund, Motorrad und | |
Trump-Tweets zu liken. Dann sind Sie ein guter Mensch – in den Augen der | |
BesitzerInnen und des US-Präsidenten. Bei Motorrädern und Hunden mache ich | |
das so. „Ein schöner Hund.“ „So braun.“ „Und sein röhrender Auspuff… | |
buschiger Schwanz.“ | |
Meine Haltung indes ist eine Täuschung: In Wirklichkeit interessieren mich | |
Motorräder nicht und Hunde halte ich meist für überflüssig. Ich kenne | |
keine, außer jenen, die mit in die Redaktion gebracht werden. Als | |
Seelenspiegel verraten sie mehr über die KollegInnen, als ich eigentlich | |
wissen möchte. Es gibt Blindenhunde, Suchhunde, Spürhunde, Wachhunde – alle | |
wichtig und gut trainiert. Aber Bürohunde? Heißt das: Nichts auf der Arbeit | |
ist so wichtig wie der Hund? | |
In der taz haben sich in den letzten Jahren viele Hunde das Terrain | |
erobert. Sie liegen auf Decken neben den Redakteurinnen, rennen um | |
Stuhlbeine, liegen unter den Tischen – oben PC, unten Hund – ihre zerkauten | |
Fake-Knochen verstauben in den Ecken. | |
Jetzt ist die Geschäftsführung in diese Tier-Mensch-Symbiose gefahren: Seit | |
bekannt ist, dass sie Hunde im neuen Haus untersagt, wird die | |
Gerechtigkeitsfrage gestellt. Ausgrenzung der HundebesitzerInnen dräut. Es | |
gibt keine Kita im Haus, aber das Gewese um ausgesperrte Hunde ist größer. | |
Ja klar, Kinder schreien. | |
Hunde sind eine Waffe. Schlecht erzogene gar eine entsicherte. Angst vor | |
ihnen ist berechtigt, aber ungünstig. Hunde müssen wissen, wer in der | |
Rangordnung über ihnen steht. Jemand mit Angst ist das nicht. Bleibt mir | |
nur, die Hunde zu ignorieren. Auch das hat Nachteile. Denn Hunde merken, | |
wenn sie ignoriert werden. Auf so jemanden kommen sie zu, schnuppernd, | |
schwanzwedelnd. Ich fasse sie trotzdem nicht an. Ist es unvermeidbar, | |
wasche ich mir sofort die Hände. | |
Was die Hunde in der taz angeht: Natürlich bewundere ich sie, um mir | |
Sympathiepunkte bei deren BesitzerInnen zu holen, bis auf den einen | |
taz-Hund, der mich biss, weil er, was ich nicht wusste, unter einem Tisch | |
im Hof des Cafés lag und ich auf seinen Schwanz trat, was mir die | |
Besitzerin, glaube ich, übel nahm, weil es sie schmerzte. | |
Waldtraud Schwab | |
Mehr Hunde | |
Einem Hund auf der Arbeit zu begegnen, einen Augenblick über weiches Fell | |
anstatt Tastaturtasten zu streichen, wärmt mich von innen wie Kakao. Danach | |
habe ich das Gefühl, eine Spur besser, schneller, effektiver arbeiten zu | |
können. | |
So funktioniert das natürlich nicht bei allen. Eine gute Freundin von mir | |
hat Angst vor Hunden. Trotzdem haben wir früher immer Möglichkeiten | |
gefunden, uns zu treffen, auch wenn ich auf den Hund aufpassen musste. Im | |
Laufe der Zeit hat sie jede zusammenfantasierte Angst vor dem Hund mit | |
einer konkreten Erfahrung aus dem Weg räumen können. Der Hund war für sie | |
irgendwann nicht bedrohlicher als ein Gummibärchen. Meine Freundin hat sich | |
ihrer Angst entgegengestellt, anstatt sich ihr hinzugeben. | |
Wer Flugangst hat, kann sich entscheiden, nicht zu fliegen. Wer aber Angst | |
hat vor Hunden, Spinnen, Vögeln, vorm Telefonieren oder davor, seine Post | |
zu öffnen, der sollte einen Weg finden, damit umzugehen. Die Welt da | |
draußen ist voll von alldem. | |
Ängste muss man behandeln. Das geht am besten in einem geschützten Raum. | |
Das kann eine Freundschaft sein, aber auch der Arbeitsplatz. Fürchten sich | |
Kolleg*innen vor Hunden, so hat man gerade im Büro die Möglichkeit, das | |
Aufeinandertreffen mit einem Hund empathisch, strukturiert und angstfrei zu | |
gestalten. | |
Es gibt verschiedene Möglichkeiten: Leinenzwang in den Fluren, festgelegte | |
Räume, die der Hund keinesfalls betreten darf, konkrete Hausverbote bei | |
wirklich problematischen Tieren. Im Büro sind lange Schleppleinen von | |
Vorteil, die Hundebesitzer an ihrem Schreibtisch befestigen können. Dadurch | |
kann sich der Hund frei bewegen und gleichzeitig mit einem kräftigen Tritt | |
auf die Leine oder durch eine auf dem Schreibtisch positionierte | |
Not-Schlaufe effektiv kontrolliert werden. | |
Es ist auch nicht einfach nur ein Luxus, den Hund mit auf die Arbeit zu | |
nehmen. Für viele ist ein solch hochsozialer und vorurteilsfreier | |
Vierbeiner unverzichtbar und lebenswichtig: Blindenführhunde geleiten | |
sehbehinderte Menschen durch den Tag, Signalhunde helfen Menschen mit | |
chronischen Erkrankungen wie Epilepsie und Diabetes, Servicehunde erlauben | |
Menschen mit Behinderung mehr Mobilität. Es gibt Hunde, die ihre Besitzer | |
bei Schizophrenie, Essstörungen, Depressionen und Angststörungen begleiten. | |
Seinen Hund ins Büro mitbringen zu dürfen fällt also auch unter | |
Barrierefreiheit. | |
Ein pauschales Hundeverbot im Büro ist diskriminierend, es stellt viele | |
Halter*innen vor Probleme, weil Hundesitter*innen teuer sind. Und es | |
schützt Angsthabende nur bis zum Feierabend. | |
Hanna Voß | |
8 Aug 2018 | |
## AUTOREN | |
Waltraud Schwab | |
Hanna Voß | |
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