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# taz.de -- Kolumne Psycho: Die Lässigkeit der Superhündin
> Hunde spüren, wenn Menschen Angst haben und spiegeln sie, sagt die
> Ratgeberliteratur. Stecke ich meine neue Hündin mit meiner Angststörung
> an?
Bild: Tiefenentspannt
Seit drei Wochen habe ich eine Hündin. Sie ist so großartig, dass ich ihren
Namen hier nicht erwähne, sonst kommt noch jemand auf die Idee, sie zu
klauen.
Die Hündin kommt aus Thailand, fährt gerne Roller, hat sich im Rudel der
Tempelhunde ganz nach oben gekämpft und in ihrem gerade mal
dreieinhalbjährigen Leben bereits zwei Kobras gestellt, um Menschen zu
retten. Außerdem fängt sie Fliegen, und davon gibt es in meiner Wohnung
viele. Nennen wir sie also einfach: Superhündin.
In den sechs Monaten, während ich auf sie warten musste, habe ich viele
Bücher über Hunde gelesen. Die Superhündin ist meine erste, ich wollte
vorbereitet sein. Ich bekam dann relativ schnell ein bisschen Angst. Hunde,
so las ich, können spüren, ob ein Mensch unsicher oder ängstlich ist – und
spiegeln ihn. Wenn sich der Mensch nicht durchsetzen kann und inkonsequent
ist, macht der Hund außerdem, was er will.
Das waren ja tolle Aussichten. Es reichte offenbar nicht, dass ich eine
Angststörung habe, nein, ich würde damit auch noch die Superhündin
anstecken! Und wenn ich nur vorspielte, dass ich alles im Griff habe, würde
sie mich gnadenlos auffliegen lassen.
## Sorgen verschwunden
Dementsprechend nervös war ich, als die Superhündin am Flughafen
Berlin-Schönefeld landete. Doch sobald ich sie sah, in ihrer Transportbox,
mit fröhlich wackelndem Schwanz und einem Blick zum Niederknien, waren alle
Sorgen verschwunden. Und sind es immer noch. Ich habe schlicht keine Zeit
mehr dafür.
Seit drei Wochen geht es nur noch um unmittelbare Bedürfnisse und schnelle
Reaktionen: Was liegt da neben dem Mülleimer und wie halte ich die
Superhündin davon ab, es zu fressen? Wo in dieser verdammten Tasche sind
die Tüten für die Hundescheiße? Und wo ist der nächste Mülleimer, neben dem
kein angebissenes Sandwich liegt? Zeit, mir Sorgen zu machen, habe ich
höchstens, wenn die Superhündin schläft, aber ich bin dann auch immer so
müde.
Das Einzige, wovor die Superhündin Panik schiebt, ist übrigens Wasser. Das
hat sie definitiv nicht von mir. Vielleicht ist sie abgesehen davon aber
auch deshalb so mutig, neugierig und selbstsicher, weil ich nicht mal mehr
den Anflug von Angst verspüre, seit sie da ist.
## Arzt-Panik
Bis wir vor ein paar Tagen beim Tierarzt waren. Ärzte lösen bei mir so
sicher Panikattacken aus wie die 112 den Notruf, also saß ich im
Wartezimmer und versuchte vergeblich, ruhig zu atmen. Was, wenn der
Superhündin Blut abgenommen werden musste? Und ich umkippte, anstatt sie
beruhigend hinter den Ohren zu kraulen?
Ich schaute unter meinen Stuhl, und dort lag die Superhündin. In stabiler
Seitenlage, absolut tiefenentspannt. Vielleicht ist meine Angst gar nicht
ansteckend. Die Lässigkeit der Superhündin allerdings schon.
3 Jun 2018
## AUTOREN
Franziska Seyboldt
## TAGS
Psycho
Angststörungen
Hund
Entspannung
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