# taz.de -- Europawahl in Rumänien: Auslandsrumänen schieben Frust | |
> Viele im Ausland lebende Rumänen beanstanden eine zu geringe Zahl an | |
> Wahllokalen – und vermuten dahinter gezielte Desorganisation. | |
Bild: Vor einem Wahllokal in Nürnberg herrschte am Sonntag großer Andrang | |
BERLIN taz | Die Aufregung in den sozialen Medien war nicht zu überhören: | |
Hunderte Auslandsrumänen hätten in deutschen Städten wie München, Berlin, | |
Offenbach oder Stuttgart vor Wahllokalen gestanden und ihre Stimme bei der | |
Europawahl nicht abgeben können. Beanstandet wurde die geringe Anzahl von | |
Wahlurnen und Wahllokalen. All diese Missstände seien vorsätzlich von der | |
regierenden Sozialdemokratischen Partei (PSD) eingefädelt worden. | |
Dass die schlechte Organisation vielleicht etwas mit Unregelmäßigkeiten zu | |
tun haben könnte, die bislang alle Wahlen begleitet hatten, wurde kaum | |
thematisiert. Auch nicht die Tatsache, dass die Wahlbeteiligung der | |
Auslandsrumänen bescheiden ausfiel und weniger das Ergebnis einer von | |
langer Hand vorbereiteten und gezielten Desorganisation war. | |
Von den etwa fünf Millionen im Ausland lebenden wahlberechtigten Rumänen | |
wohnt mehr als die Hälfte in den EU-Staaten, 1,1, Millionen in Italien, | |
über 600.000 in Spanien und rund 500.000 in Deutschland. Laut der | |
Bukarester Zentralen Wahlbehörde nahmen an der Abstimmung nur 375.219 | |
Personen. Diese kleine Zahl kann keinesfalls nur auf die angeblich geringe | |
Zahl von weltweit 441 eingerichteten Wahlzentren zurückgeführt werden. | |
Die abgegebenen Stimmen der Auslandsrumänen sind ein Spiegelbild des | |
Wahlausgangs im Inland. Die oppositionelle National-Liberale Partei (PNL) | |
mit 26,23 Prozent und die Allianz 2020 (bestehend aus der Union Rettet | |
Rumänien und der Partei der Freiheit, Einheit und Solidarität – PLUS) mit | |
20,51 Prozent haben die sozialdemokratische Regierungspartei überflügelt, | |
für die 23,68 Prozent stimmten. | |
## Zweifelhafte Machenschaften | |
Die Verluste für die Sozialdemokraten sind vor allem dem korrupten | |
Parteichef Liviu Dragnea zuzuschreiben. Er schaffte es durch zweifelhafte | |
Machenschaften, seiner Partei jede Glaubwürdigkeit zu entziehen. | |
Rücktrittsforderungen in der Partei konnte er abwürgen. | |
Jedoch war es ihm nicht gelungen, durch umstrittene Justizreformen ein ihm | |
drohendes Urteil wegen Korruption abzuwenden. Am Montag verurteilte der | |
Hohe Kassationsgerichtshof Dragnea wegen Machtmissbrauchs zu dreieinhalb | |
Jahren Haft. | |
Der Spitzenkandidat der oppositionellen National-Liberalen, Rareş Bogdan | |
erklärte in mehreren Stellungnahmen, die Regierung müsse zurücktreten und | |
durch eine neue Mannschaft ersetzt werden. Der frühere populistische | |
Fernsehmoderator und eingefleischte Demagoge präsentierte die | |
Europawahlergebnisse so, als hätte es sich um eine Abstimmung für das | |
rumänische Parlament gehandelt. | |
Das Wunschdenken von Leuten wie Bogdan, der demnächst im EU-Parlament | |
sitzen wird, widerspricht allerdings den bestehenden Mehrheitsverhältnissen | |
im Bukarester Parlament. Umsturzphantasien, die jetzt einige | |
Oppositionspolitiker artikulieren, werfen auch auf deren | |
Demokratieverständnis ein zweifelhaftes Licht. | |
27 May 2019 | |
## AUTOREN | |
William Totok | |
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