# taz.de -- Nachfolge des EU-Kommissionschefs: Grüne Schützenhilfe für Vesta… | |
> Zur Auswahl stehen Manfred Weber, Frans Timmermans und Margrethe | |
> Vestager. Die Liberale könnte grüne Unterstützung bekommen. | |
Bild: Vestager muss nicht nur das Parlament, sondern auch den Rat überzeugen | |
BRÜSSEL taz | Zwei Tage nach der Europawahl herrscht in Brüssel schon | |
wieder Wahlkampf: Die europäischen Parteienfamilien und die Staats- und | |
Regierungschefs der 28 Mitgliedstaaten buhlen um den begehrten Posten des | |
EU-Kommissionspräsidenten. | |
Zur Auswahl für die Nachfolge von Jean-Claude Juncker stehen erstmals drei | |
Spitzenkandidaten: Manfred Weber, Frans Timmermans und Margrethe Vestager. | |
Nur sie können sich Chancen ausrechnen, eine Mehrheit im neuen | |
Europaparlament zu erhalten. | |
Die Grüne Ska Keller und ihr Mitbewerber Bas Eickhout hingegen, die bei der | |
Europawahl eine „grüne Welle“ losgetreten hatten, sehen sich eher als | |
Königsmacher. So ließ Keller erstmals durchblicken, dass sie Vestager als | |
Spitzenkandidatin anerkennen will. | |
Zudem sprach sich Keller für eine Frau an der Spitze der EU-Kommission aus. | |
Es sei „höchste Zeit“, dass es bei den Spitzenposten ein ausgewogenes | |
Verhältnis von Männern und Frauen gebe: „Wenn wir die Europäer vertreten | |
wollen, können wir nicht die Hälfte der Bevölkerung ignorieren.“ | |
## Spitzenteam oder einsame Spitze? | |
Die grüne Schützenhilfe für Vestager ist alles andere als | |
selbstverständlich. Die liberale Dänin hat nämlich als Teil eines | |
mehrköpfigen Teams kandidiert, nicht als einsame „Spitze“. Die Liberalen | |
lehnen das System der Spitzenkandidaten als undemokratisch ab, weil es | |
bisher keine EU-weiten Wahllisten gibt, die Kandidaten selbst also auch | |
nicht überall auf den Wahlzetteln stehen. | |
Um gewählt zu werden, braucht Vestager allerdings nicht nur eine Mehrheit | |
im Parlament, sondern auch grünes Licht der EU-Staaten. Das ist jedoch | |
längst nicht sicher. Die Staats- und Regierungschefs, die sich am | |
Dienstagabend in Brüssel zum Abendessen trafen, sind heillos zerstritten. | |
Hinter Vestager stehen die Regierungschefs aus Belgien, Luxemburg, Finnland | |
und Tschechien. Sie sprachen sich bei einem liberalen Vor-Gipfeltreffen in | |
Brüssel für die scheidende EU-Wettbewerbskommissarin aus. | |
Gesunken sind hingegen sind die Chancen des deutschen Spitzenmanns Manfred | |
Weber. Seine konservative Europäische Volkspartei konnte bei der Europawahl | |
zwar die meisten Sitze erobern. Die EVP-Fraktion ist jedoch geschrumpft – | |
und der Widerstand gegen Weber wächst. | |
## Portugals Premier: Weber hat „null Chancen“ | |
Nach Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron sprach sich am Dienstag auch | |
der portugiesische Ministerpräsident António Costa gegen Weber aus. Der | |
CSU-Politiker habe „null Chancen“, zum Kommissionschef aufzusteigen, sagte | |
er in einem Interview. Im Rat, der Vertretung der 28 EU-Länder, stoße er | |
auf „fast absolute Zurückweisung“. | |
Das sieht Kanzlerin Angela Merkel zwar anders – sie hat Webers Kandidatur | |
von Anfang an unterstützt. Doch von der Großen Koalition in Berlin hat | |
Merkel nur ein Mandat dafür, die Wahl eines Spitzenkandidaten zu | |
unterstützen – aber nicht unbedingt Weber. Denn die SPD steht hinter ihrem | |
eigenen Spitzenpolitiker Frans Timmermans. | |
Wie das Rennen ausgehen wird, ist unklar. Fest steht nur eins: Das | |
Europaparlament will niemanden wählen, der nicht Spitzenkandidat war. | |
Darauf haben sich die Fraktionschefs am Dienstagmorgen verständigt. Es ist | |
als Warnung an die EU-Chefs gemeint, sich nicht über die neu gewählten | |
Abgeordneten hinwegzusetzen. | |
28 May 2019 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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