| # taz.de -- Grüne will EU-Parlamentschefin werden: Grüne Ansage als Zukunftsa… | |
| > Ska Keller bewirbt sich um das Amt der Parlamentschefin. Ist das | |
| > hochmütig? Nein. Ihre Fraktion will die mächtigste Antwort auf | |
| > Rechtspopulismus sein. | |
| Bild: Ska Keller spricht ein halbes Dutzend Sprachen – kosmopolitischer geht … | |
| Die grüne [1][EU-Abgeordnete Ska Keller] hat Montagabend mitgeteilt, sich | |
| am Mittwoch für das Amt der EU-Parlamentspräsidentschaft zu bewerben. Die | |
| Fraktion der Grünen ist im neuen EU-Parlament die viertgrößte. Bei der | |
| [2][Verteilung der Spitzenämter], um die sich aktuell die 28 | |
| Regierungschefs und EU-Ratspräsident Donald Tusk aktuell kümmern bzw. um | |
| sie balgen spielen die Grünen keine Rolle. Sie sind an verschiedenen | |
| Regierungen in den EU-Ländern beteiligt, haben jedoch nirgendwo eine | |
| Mehrheit. | |
| Die Ämter, die die Chef*innen der EU-Länder verteilen, sind bislang nur für | |
| Konservative/Christdemokrat*innen, Sozialdemokraten und Liberale | |
| vorgesehen. Ska Kellers Anwartschaft auf den eher repräsentativen, aber | |
| öffentlichkeitswirksamen Posten der EU-Parlamentspräsidentin kommt, so | |
| gesehen, wie eine hohle Nummer, wie eine Einladung zur Blamage: Sie wird ja | |
| ohnehin nicht gewählt werden. | |
| Aber die Geste zählt, und kommt sie von der grünen Partei im EU-Parlament, | |
| wirkt sie mächtig. Beziehungsweise: machtansprüchlich. Keller ist für die | |
| Wahl – offen ist ja sowieso, ob sich die 28 Regierungschefs der EU auf | |
| eine*n Konservative*n, eine*n Liberale*n oder eine*n Sozialdemokrat*in | |
| einigen – eine nachgerade perfekte Alternativwahl. | |
| Sie wurde 1981 im brandenburgischen Guben nahe der polnischen Grenze | |
| geboren – sie kennt den marktwirtschaftlichen Westen der EU in- und | |
| auswändig, zugleich hat sie den Fall des Eisernen Vorhangs in ihrer | |
| Familie, zumal in polnischer Nachbarschaft, hautnah erlebt. Seit 2009 ist | |
| sie, studierte Islamwissenschaftlerin und Turkologin, EU-Abgeordnete. | |
| ## Strategische Delikatesse | |
| Sie spricht außer Deutsch auch Englisch, Französisch und Spanisch, jedoch | |
| auch eher im EU-Gehege in Brüssel und Straßburg weniger geläufige Sprachen | |
| wie Katalanisch, Türkisch und etwas Arabisch. Liiert ist sie obendrein mit | |
| einem Finnen: Kosmopolitischer geht es kaum. | |
| Die Grüne Anwartschaft auf das Amt markiert indes weniger mangelndes | |
| Realitätsbewusstsein, vielmehr das gewachsene Selbstvertrauen dieser | |
| Partei, die wahre und fundierteste Antwort im EU-Parlament (und in den | |
| Zivilgesellschaften der noch 28 Mitgliedsländer) auf den wachsenden | |
| Nationalismus wie Rechtspopulismus zu sein: Keller ficht wie keine andere | |
| ihrer Fraktion für ein Denken und Handeln in europäisierender Dimension. | |
| Insofern ist der grüne Vorschlag, Ska Keller zu wählen, ungefähr so | |
| erfolgsversprechend wie das Selbstvertrauen etwa der | |
| baden-württembergischen Grünen der frühen neunziger Jahre, eines Tages die | |
| machterstickende Dominanz des [3][CDU-Konservatismus] in ihrem Bundesland | |
| zu brechen. Am Ende kam Winfried Kretschmann – und die Visionäre hatten | |
| Recht behalten: Grünes kann Mehrheiten gegen den Mainstream des | |
| Traditionellen organisieren. | |
| Ska Keller ist faktisch eine Zählkandidatin, jedoch eine mit | |
| Zukunftsbewusstsein. Zumal mit keiner Partei die wichtigste Politikfrage – | |
| die Bewältigung des Klimawandel – so verbunden wird. Die Ansprüche auf die | |
| nächsten Wahlen öffentlich so zu formulieren: Das hat strategische | |
| Delikatesse. Wenn schon nicht zur nächsten EU-Wahl 2024, dann beim Aufstieg | |
| viel möglicher 2029 – dann möchten die Grünen nicht mehr nur viertgrößte | |
| Fraktion in Brüssel sein. | |
| 2 Jul 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jan Feddersen | |
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