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# taz.de -- Umstrittene Reformen in Rumänien: Bukarest stoppt Justizreform
> Die Europäische Union begrüßt die Entscheidung der Regierung in Bukarest.
> Auch die Opposition wittert jetzt plötzlich Morgenluft.
Bild: Eitel Sonnenschein: Rumäniens Ministerpräsidentin Dancila und Kommissio…
Berlin taz | Die umstrittene und in der Europäischen Union scharf
kritisierte Justizreform der rumänischen Regierung wird gestoppt. Das war
die Nachricht, die am Dienstag in einem fast gleich lautenden Kommuniqué
der Bukarester Regierung und der Europäischen Kommission bestätigt wurde.
Das Versprechen, die geplante Reform abzubrechen, machte die
Premierministerin und Übergangschefin der Sozialdemokratischen Partei (PSD)
Viorica Dăncilă in Brüssel, nach einer Unterredung mit
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und seinem Vize, dem
EU-Kommissar für Bessere Rechtsetzung, interinstitutionelle Beziehungen,
Rechtsstaatlichkeit und Grundrechtecharta, Frans Timmermans.
Juncker erklärte, Dăncilăs Zusage sei äußerst erfreulich. Ähnlich äußer…
sich auch der Spitzenkandidat der europäischen Sozialisten für das Amt des
zukünftigen Kommissionspräsidenten Timmermans.
Dieser gehörte in den letzten Monaten zu den schärfsten Kritikern der von
den Sozialdemokraten dominierten Bukarester Regierung. Er war es auch, der
die Beziehungen der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) zu der
rumänischen Schwesterpartei auf Eis legte.
## Totaler Verzicht
Auf europäischer Ebene und seitens der rumänischen Opposition erwartet man
einen totalen Verzicht auf die Lockerungen im Korruptionsstrafrecht, auf
die angestrebte Verkürzung der Verjährungsfristen für mehrere Straftaten
sowie die geplante Straffreiheit für Schmiergeldzahlungen, wenn sich
Betroffene selber anzeigen und gegen sie nicht ermittelt wird.
Vorgesehen war auch eine Halbierung der Haftstrafen für Personen, die wegen
Unterschlagung oder Amtsmissbrauchs verurteilt wurden und sich bereit
erklärten, für den entstandenen Schaden aufzukommen.
Die Gesetze sollten erstinstanzlich dazu dienen, den Chef der PSD, Liviu
Dragnea vor einer drohenden Bestrafung zu schützen. Dragnea, der
gleichzeitig Vorsitzender der Abgeordnetenkammer war und gerne
Regierungschef geworden wäre, hatte seine Partei bis am 27. Juni fest im
Griff und konnte Regierungsmitglieder einsetzen oder abberufen. Seine
Verurteilung wegen Amtsmissbrauchs zu dreieinhalb Jahren Gefängnis am Tag
nach der EU-Wahl wirkte in den Reihen der Sozialdemokraten wie ein
Befreiungsschlag.
Allerdings nicht in den Reihen der Opposition, die sich schon im Wahlkampf
zum Ziel gesetzt hatte, die Koalitionsregierung, aus Sozialdemokraten und
der Liberal-demokratischen Allianz (Alde), zu entmachten und das Ruder zu
übernehmen.
## Kriegsbeil nicht begraben
Die Opposition sah sich in ihrem Vorhaben nach den Ergebnissen der EU-Wahl
bestärkt, wonach die Staatschef Klaus Johannis nahestehende
National-Liberale Partei (PNL) im Europaparlament zehn Mandate zustehen,
der Allianz 2020 acht, der PSD aber nur neun.
Mit dem Kommuniqué ist das Kriegsbeil zwischen Regierung und der vom
Präsidenten unterstützten Opposition nicht begraben. Auch die Polarisierung
in der rumänischen Gesellschaft ist nicht überwunden. Das von Brüssel
angedrohte Rechtsstaatsverfahren gegen Rumänien, das im ersten Halbjahr
auch die EU-Ratspräsidentschaft innehat, konnte allem Anschein nach
abgewendet werden.
Präsident Johannis drängt jetzt auf eine Verfassungsänderung und beruft
sich auf die positiven Ergebnisse des von ihm eingeleiteten, rechtlich
jedoch nicht bindenden Referendums, das parallel zu den EU-Wahlen
stattfand. Die Wähler stimmten mehrheitlich gegen eine Begnadigung für
Korruptionsstraftaten und für das Verbot von Eilverordnungen der Regierung
im Bereich von Straftatbeständen. Der Wunsch der Wähler, sagte Johannis am
Dienstag, sollte nun auch „in das Grundgesetz implementiert werden“.
5 Jun 2019
## AUTOREN
William Totok
## TAGS
Rumänien
Viorica Dăncilă
Europäische Union
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Schwerpunkt Pressefreiheit
Liviu Dragnea
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