# taz.de -- Regierungssturz in Rumänien: Triumph des Neoliberalismus | |
> Per Misstrauensvotum wurde Rumäniens unbeliebte Regierung gestürzt. | |
> Sowohl die Besiegten als auch die Sieger schlagen unappetitliche Töne an. | |
Bild: Erledigt: Ein rumänischer Abgeordneter freut sich über den Sturz der Re… | |
„Guten Tag. Erledigt!“ Mit diesen lakonischen Worten leitete der rumänische | |
Staatspräsident Klaus Johannis sein vom Zettel abgelesenes Statement ein, | |
in dem er der Opposition gratulierte, die [1][Regierung zu Fall gebracht] | |
zu haben. | |
In Wirklichkeit aber hat sich die pseudosozialdemokratische Regierung aus | |
Bukarest selbst „erledigt“. Sie hat es nicht mehr geschafft, ihre | |
sozialdemokratisch übertünchte, neoliberale Politik überzeugend zu | |
verkaufen. Sieger in diesem seit Monaten tobenden Machtkampf sind die in | |
einem heterogenen Block aufgetretenen Oppositionsparteien, die sich nun | |
selbstbewusst als rechte Heilsbringer darstellen und den Rumänen | |
Rechtsstaatlichkeit, [2][eine unbestechliche Justiz] und eine | |
korruptionsfreie Gesellschaft versprechen. | |
Die nach dem erfolgreichen Misstrauensantrag zum Rücktritt gezwungene | |
Regierung konterte [3][mit ultrarechten Argumenten], die der ehemalige | |
Außenminister Titus Corlăţean im Parlament den Siegern entgegenschleuderte. | |
In einer mit apokalyptischen Anspielungen gespickten Ansprache warnte der | |
„Sozialdemokrat“ vor einer bevorstehenden Machtübernahme der Neo-Marxisten. | |
Diese, so der frühere Chefdiplomat und EU-Abgeordnete, hätten die Absicht, | |
für schwangere Frauen ohne Einkommen Zwangsabtreibungen einzuführen. | |
Gleichzeitig stünde nun der Legalisierung der Homoehe nichts mehr im Wege. | |
## Homophobie, Frauenhass und Sozialdarwinismus | |
In Rumänien ist es keinesfalls eine Spezialität der gestürzten | |
Sozialdemokraten, mit klerikal angereicherten, homophoben, | |
frauenfeindlichen Äußerungen oder sozialdarwinistischen Darlegungen Politik | |
zu machen. | |
Aus dem Lager der Sieger waren vereinzelt Stimmen zu vernehmen, die in | |
ihrem neoliberalen Überschwang von der Abschaffung des staatlich | |
geförderten Schulunterrichts und der landesweiten Einführung von | |
Privatschulen schwadronierten. Andere wiederum forderten die Kürzung der | |
Sozialhilfe für „arbeitsscheue Elemente“. Bekanntlich ist in Rumänien mit | |
dem Euphemismus „arbeitsscheu“ die [4][Roma-Bevölkerung] gemeint, die unter | |
der Härte des postkommunistischen Kapitalismus besonders zu leiden hat. | |
Eins steht jetzt schon fest: Die Verlierer dieses Machtgerangels an der | |
Staatsspitze werden die Unterprivilegierten sein. Jene, die weder eine | |
Toilette noch fließendes Wasser in ihren Wohnungen haben. Und das sind | |
immerhin mehr als 10 Millionen Menschen. | |
11 Oct 2019 | |
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## AUTOREN | |
William Totok | |
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