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# taz.de -- Proteste in Rumänien: Aufruf zur Verteidigungsschlacht
> In Rumänien richtet sich Unmut gegen Pläne für eine Justizreform.
> Demonstranten fordern den Rücktritt der Regierung.
Bild: Der sozialdemokratische Parteichef Dragnea kämpft nach seiner Verurteilu…
„Seid bereit mit Gewehr bei Fuß. Wenn der Vorsitzende uns herbeipfeift,
kommt alle nach Bukarest!“ Mit diesen Worten appellierte am Samstag Paul
Stănescu, der Vizechef der Sozialdemokratischen Partei Rumäniens (PSD), an
die Jugendorganisation im südrumänischen Bezirk Olt. Es war ein Aufruf zur
Verteidigungsschlacht des sozialdemokratischen Parteichefs, Liviu Dragnea,
der wegen Amtsmissbrauchs am Donnerstag zu dreieinhalb Jahren Haft
verurteilt wurde. Seine Partei bildet mit der Demokratisch-liberalen
Allianz (Alde) die Bukarester Regierungskoalition.
Ihre Versuche, das Strafrecht und die Strafprozessordnung zu „reformieren“,
löst seit Monaten Proteste aus. Aufgebrachte Bürger demonstrieren gegen
diese „Reformbemühungen“. Sie sehen darin den Versuch, die
Strafgesetzgebung zugunsten der unter Korruptionsverdacht stehenden
Politiker aufzuweichen und die Unabhängigkeit der Justizbehörden
einzuschränken.
Am Donnerstag hatten sich vor dem Bukarester Regierungssitz zahlreiche
Demonstranten den Rücktritt der Koalition gefordert. Am Rande der
Kundgebung kam es zu Rangeleien zwischen Ordnungskräften und Teilnehmern
sowie Festnahmen. Unter den in Gewahrsam Genommenen befand sich auch der
deutsche Journalist Paul Arne Wagner. Dieser hatte mit seiner rumänischen
Frau in einem Dokumentarfilm die oligarchisch verzahnten Strukturen eines
von Dragnea kontrollierten Wirtschaftsimperiums dargestellt. Wagner wurde
nach einigen Stunden wieder frei gelassen.
Der Ton der Demonstranten, die seit Monaten den Rücktritt der Regierung
fordern, hat sich verschärft. Die Redner, die am Samstag vor dem
Regierungsgebäude sprachen, bezeichneten die regierenden Parteien als
Kommunisten, die nach dem Krieg auf sowjetischen Panzern Rumänien besetzt
haben. In Kommentaren der virtuellen Kundgebungsteilnehmer fielen die
Stellungnahmen noch rabiater aus: „Schlagt der PSD die Fresse ein!“ und
„Alle an den Galgen!“, hieß es da.
## Schrumpfen der Solidarität
Im Gegenzug posteten Sympathisanten Dragneas die in Osteuropa gängige
Unterstellung, der US-Milliardär mit jüdisch-ungarischen Wurzeln George
Soros bezahle die Leute dafür, um an den Demos teilzunehmen.
Kritische Linke, die die zunehmende Polarisierung der rumänischen
Gesellschaft als Ausdruck eines verheerenden postkommunistischen
Neoliberalismus deuten, beklagen das Schrumpfen der Solidarität mit
wirtschaftlich Benachteiligten. Dabei verweisen sie auf ein Gesetz, das am
Tag vor Dragneas Verurteilung verabschiedet wurde. Sozialhilfeempfängern
wird weitere Unterstützung versagt, wenn sie einen Job oder die Teilnahme
an Programmen der Arbeitsämter ablehnen.
24 Jun 2018
## AUTOREN
William Totok
## TAGS
Rumänien
George Soros
Bukarest
Protest
Justizreform
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