# taz.de -- Kommentar SPD-Krise: Keine Angst vor einer Neuwahl | |
> Seit der Entscheidung der SPD, weiter mit der Union zu koalieren, geht es | |
> mit ihr abwärts. Jetzt muss die Partei dringend aus der Groko raus. | |
Bild: Neuwahlen sollte die SPD nicht als Gefahr wahrnehmen | |
Die SPD ist nach der Bundestagswahl falsch abgebogen. Da war diese eine | |
kurze Phase alter Prinzipientreue, als Noch-Parteichef Martin Schulz den | |
stolzen Gang in die Opposition ankündigte. Und schon lag man wieder in den | |
Armen der Union. | |
Die SPD hätte die Chance gehabt, sich als antifaschistische Kraft zu | |
positionieren. Sie hätte die Partei sein können, die als stärkste | |
Oppositionsfraktion im Bundestag ein Momentum gegen die AfD aufbaut. Dann | |
hätte man zumindest gewusst, wofür diese Partei steht; nein, wofür sie | |
kämpft und wogegen. Leidenschaftlich und aus Überzeugung. | |
Aber der Verlockung der Macht kann die SPD nicht widerstehen. Zumal, was | |
stand da nach den gescheiterten Jamaika-Verhandlungen auf dem Spiel? Die | |
Stabilität der Republik, hieß es, die Regierungsfähigkeit, Neuwahlen | |
drohten, Staatsräson war gefordert. Zugegeben, die Warnungen waren sehr | |
überzeugend. Nur das hat die SPD nun davon: Es geht stabil nach unten. Und | |
so wie diese Koalition derzeit regiert, muss man vor Neuwahlen keine Angst | |
haben. | |
Zwei Themen haben vor den Europawahlen die öffentliche Diskussion in | |
Deutschland geprägt, zwei Themen, die Leidenschaft und Haltung erfordern: | |
Klimaschutz und [1][der europäische Rechtsruck]. In dieser Debatte hat die | |
SPD keine Rolle gespielt. Sie hat gar keine Rolle gespielt, nicht einmal | |
mehr die eigenen Mitglieder schienen noch für sie gestimmt zu haben. Wie | |
tief muss die Partei noch fallen, bis sie jenseits der Zwänge des | |
Regierungshandelns entdeckt, wofür sie eigentlich wirklich steht? | |
## Nicht erneut falsch abbiegen | |
Um angeschobene Klimagesetze nicht zu gefährden, dürfe die Koalition jetzt | |
nicht auf Spiel gesetzt werden, heißt es. Welche Klimagesetze? Die Union | |
hat immer noch nicht begriffen, dass die globale Erwärmung nicht vor den | |
EU-Außengrenzen haltmacht. Und niemand unterstellt Umweltministerin Svenja | |
Schulze gesteigerte Durchsetzungskraft, geschweige denn ausreichend | |
Rückhalt im Kabinett. | |
Der Zerfall der Volksparteien hat nicht im Willy-Brandt-Haus in Berlin | |
angefangen, der Niedergang der Sozialdemokratie mag ein Symptom sein. | |
Eines hat nur noch nie gegolten: dass man nicht handeln müsse, bloß weil | |
man nicht schuld ist. Die Europawahl hat eine unübersehbare Wegmarke | |
gesetzt. Die SPD darf hier nicht erneut falsch abbiegen. Sie muss jetzt | |
raus aus dieser Koalition. | |
Dass diese Entscheidung eine Neuwahl zur Folge haben kann, sollte nicht als | |
Gefahr wahrgenommen werden, sondern als Chance. Nicht zuletzt für den | |
Klimaschutz. | |
3 Jun 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Europawahl-und-rechte-Parteien/!5592154 | |
## AUTOREN | |
Barbara Junge | |
## TAGS | |
SPD | |
GroKo | |
Deutsche Politik | |
Innenpolitik | |
Regierung | |
Grüne | |
Bündnis 90/Die Grünen | |
SPD | |
GroKo | |
SPD | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar Szenario Grün-Rot-Rot: Bündnis 19/Die Grünen | |
Die Große Koalition droht zu scheitern. Für die Grünen wären Neuwahlen | |
attraktiv – doch sie bekennen sich nicht zur Möglichkeit Grün-Rot-Rot. | |
Die Grünen während der Koalitionskrise: Nicht übermütig werden | |
Je stärker die Regierung wackelt, desto mehr Blicke richten sich auf die | |
Grünen. Die wollen den Eindruck vermeiden, sie seien die lachenden Dritten. | |
Debatte Sozialdemokratie in der Krise: Die SPD muss etwas riskieren | |
Zögerlichkeit, eine tote Sprache, die Groko und keine Ideen für die Zeit | |
jenseits der Volksparteien. Wenn die SPD so weitermacht, verliert sie | |
alles. | |
Nach Nahles' Rücktritt: Union will bei der SPD bleiben | |
Die CDU demonstriert öffentlich den Dreiklang von Partei, Unionsfraktion | |
und Kanzleramt: Sie möchte die große Koalition fortführen. | |
Kommentar Nahles' Rücktritt: Knapp vor der Staatskrise | |
Mit dem Abgang der SPD-Chefin kippelt die GroKo auf einmal gewaltig. Wer | |
bei einer Neuwahl mit wem koalieren könnte, steht in den Sternen. |