| # taz.de -- Die Grünen während der Koalitionskrise: Nicht übermütig werden | |
| > Je stärker die Regierung wackelt, desto mehr Blicke richten sich auf die | |
| > Grünen. Die wollen den Eindruck vermeiden, sie seien die lachenden | |
| > Dritten. | |
| Bild: Die Grünen seien „kein Reserverad“, sagt Annalena Baerbock (r.) zum … | |
| Berlin taz | Die Grünen fühlen sich gewappnet für den Fall, dass es zu | |
| Neuwahlen kommt und sie bald wieder in den Wahlkampfmodus schalten müssen. | |
| „Ich habe den Eindruck, wir sind momentan als Partei so gefestigt, dass wir | |
| mit jeder Situation umgehen können“, sagt Britta Haßelmann, | |
| parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion der taz – auch | |
| wenn ein erneuter Wahlkampf kurz nach der Europawahl für die Partei | |
| organisatorisch, finanziell und personell „eine Riesenherausforderung“ | |
| wäre. | |
| Vermeiden will Haßelmann den Eindruck, die Grünen seien die lachenden | |
| Dritten [1][der Koalitionskrise:] „Wir sind keineswegs übermütig.“ Die | |
| aktuelle Situation sei für alle Parteien schwierig, weil sie das negative | |
| Bild vieler Menschen von PolitikerInnen bestätige. Trotzdem: Je stärker die | |
| Große Koalition wackelt, desto mehr Blicke richten sich auf die derzeit so | |
| erfolgreichen Grünen. | |
| Ob sie Lust habe, Kanzlerin zu sein, fragt ein Journalist Annalena Baerbock | |
| bei einer Pressekonferenz am Montagnachmittag. Andere wollen wissen, ob im | |
| Kanzleramt eine Doppelspitze nach grünem Vorbild denkbar wäre. Doch diese | |
| wie alle anderen Personalfragen blockt die Parteivorsitzende konsequent ab. | |
| Die Grünen wollen nicht den Anschein erwecken, wie die Regierungsparteien | |
| um sich selbst zu kreisen und sich am verrufenen Poker um Posten zu | |
| beteiligen. | |
| Inhalte first, lautet die Devise. „Die Regierungsparteien müssen sich jetzt | |
| fragen, ob sie die Kraft haben, die großen Fragen anzugehen, vor denen wir | |
| stehen“, sagt Baerbock. Haben sie diese Kraft nicht, wäre „die Situation | |
| gekommen, wo die Menschen noch einmal neu wählen sollten“. Eine klare | |
| Absage erteilt sie all jenen, die jetzt über einen neuen Anlauf für die an | |
| der FDP gescheiterten Jamaika-Verhandlungen spekulieren. Die Grünen seien | |
| „kein Reserverad“. | |
| ## Eine völlig andere Situation | |
| Unattraktiv ist die Variante für die Grünen, weil sie in solche | |
| Verhandlungen auf der Basis ihres Wahlergebnisses bei der Bundestagswahl | |
| 2017 gehen müssten. Damals lagen sie bei 8,9 Prozent – etwa ein Drittel von | |
| dem, was manche Umfrageinstitute ihnen derzeit zutrauen. | |
| Doch Annalena Baerbock wehrt sich gegen den Verdacht, leichtfertig nach | |
| Neuwahlen zu rufen, nur weil die Grünen aktuell gut dastehen: „Wir sind | |
| damals sehr ernsthaft in die Jamaika-Verhandlungen gegangen – auch weil wir | |
| gesagt haben, dass es gefährlich für die Demokratie ist, ständig neu wählen | |
| zu lassen.“ Allerdings sei die Situation im Sommer 2019 eine völlig andere | |
| als Ende 2017. Da in fast allen Parteien das Spitzenpersonal ein anderes | |
| ist, seien Neuwahlen mittlerweile „auch aus demokratietheoretischen Gründen | |
| geboten“, wenn die Große Koalition scheitern würde, findet Baerbock. | |
| Hans-Christian Ströbele, Grüner der ersten Stunde, rät seiner Partei, sich | |
| im Falle von Neuwahlen programmatisch besser vorzubereiten. Beim Thema | |
| Klimaschutz hätten die Grünen zwar überzeugende Konzepte, aber das reiche | |
| nicht aus. So sei beispielsweise die Kriegs- und Friedensfrage „völlig | |
| ungelöst“. Und: Gerade weil die Grünen oft als Gegengewicht zur AfD | |
| wahrgenommen würden, müsse sie sich bei der Einwanderungs- und Asylpolitik | |
| klarer positionieren. | |
| „Wie gehen wir damit um, wenn plötzlich wieder viel mehr Flüchtlinge | |
| kommen? Tragen wir es mit, wenn die EU mit Unterstützung der | |
| Bundesregierung ihre Außengrenzen dicht macht und die Menschen zurück nach | |
| Libyen zwingt?“ Auf solche Fragen müsse man Antworten formulieren. | |
| Grundsätzlich aber findet er, seine Partei mache derzeit viel richtig. „Sie | |
| sind glaubwürdig, auch wegen Personen an der Spitze, denen man das abnimmt, | |
| was sie sagen.“ | |
| [2][Die Misere der SPD] dagegen macht Ströbele ratlos – und bedeute auch | |
| für seine Partei nichts Gutes. „Den Grünen kommt die Alternative abhanden�… | |
| sagt er. Dabei seien die Schnittmengen seiner Partei mit den | |
| Sozialdemokraten noch immer viel größer als mit der Union. „Außerdem | |
| schwächt es unsere Verhandlungsposition für kommende | |
| Koalitionsverhandlungen.“ | |
| 4 Jun 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Alicia Lindhoff | |
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