# taz.de -- Regierungsbildung in Bremen: Die Keks-Connection | |
> Nach der Bürgerschaftswahl in Bremen haben die Grünen die | |
> Spitzenkandidaten von CDU und SPD zu ersten Sondierungsgesprächen | |
> getroffen. | |
Bild: Redet, aber sagt nix: Grünen-Chefin Maike Schaefer nach dem Treffen mit … | |
BREMEN taz | Dem Bremer CDU-Spitzenkandidaten Carsten Meyer-Heder haben die | |
Kekse geschmeckt. Vegane Vollkornbackwaren waren es laut dem | |
Grünen-Landesvorstand, gereicht hatte man die am Mittwochvormittag. Am | |
Himmelfahrtstag war dann auch SPD-Bürgermeister Carsten Sieling zum Naschen | |
in der Grünen-Geschäftsstelle vorbeigekommen: Vertraulichkeit ist das | |
Einzige, was die jeweiligen Parteien bei ihren Gesprächen fest vereinbart | |
haben, in deren Verlauf die Koalitionsoptionen sondiert werden sollen. | |
Nachdem die SPD eine große Koalition von vornherein ausgeschlossen hat, | |
sind in Bremen nach der Bürgerschaftswahl vom vergangenen Sonntag | |
rechnerisch zwei Dreierbündnisse möglich. einerseits Rot-Grün-Rot, | |
andererseits „Jamaika“, also CDU-Grüne-FDP. | |
Man habe „ja schon im Wahlkampf viele Gemeinsamkeiten festgestellt“, | |
floskelte die Grünen-Frontfrau Maike Schaefer am Mittwoch, „aber auch viele | |
Unterschiede“ – und darüber „konstruktiv gesprochen“. Ähnlich inhaltl… | |
auch die Aussagen am Himmelfahrtstag: Begonnen hatten die Parteien mit dem | |
wechselseitigen Abtasten bereits aufgrund der von den Hochrechnungen | |
prognostizierten Resultaten. | |
Wegen der komplizierten Auszählung lag am 30. Mai [1][nur ein vorläufiges | |
Ergebnis] vor. Bei den für eine Senatsbildung bedeutenden Fragen gab es | |
seit der Montagnachmittag veröffentlichten letzten Hochrechnung keine | |
nennenswerten Abweichungen mehr. Vor allem war schon klar, dass die FDP mit | |
5,95 Prozent den Wiedereinzug ins Parlament schaffen würde. Alleine nämlich | |
hätte ein schwarz-grünes Bündnis kaum eine Sitzmehrheit zusammenbekommen – | |
und die Vollkornkekse hätten in der Dose bleiben können. | |
Ebenso war bereits klar gewesen, dass die SPD in ihrer einstigen Hochburg | |
mit mehr als acht Prozentpunkten Verlust im Vergleich zur letzten | |
Bürgerschaftswahl nur als zweiter Sieger hinter der CDU landen würde: Stand | |
Donnerstag, 18.15 Uhr, hat die SPD magere 24,94 Prozent gegenüber auch | |
nicht üppigen 26,66 Prozent der Union. Die größten Schwankungen gab es beim | |
Linken-Ergebnis, das nicht in allen Hochrechnungen zweistellig modelliert | |
worden war: Am Abend kamen die Linken auf 11,32 Prozent. Auch die AfD | |
dürfte sicher ins Parlament gelangen: Sie lag zuletzt bei 6,13 Prozent. | |
Schon früh hatte sich hingegen das am Wahlabend noch frenetisch bejubelte | |
Grünen-Landesergebnis von 17,6 Prozent abgezeichnet, aus dem am | |
Donnerstagabend 17,42 Prozent geworden waren: Dass es für die Partei | |
reichen würde, um sich als Senatsmacherin zu gerieren, stand also fest. | |
Nüchternen Beobachtern war aber auch da schon klar, dass die Differenz zum | |
Bundestrend, zu den Resultaten in anderen Städten und zum | |
Europawahl-Ergebnis zu groß sein dürfte, um nicht auch ins Grübeln zu | |
geraten: In Hannover und in Hamburg sind die Grünen schließlich stärkste | |
Kraft geworden. Und mit 22,7 Prozent waren die Grünen bei der Europawahl | |
auch im Lande Bremen noch auf Platz zwei gelandet, knapp hinter | |
Sozialdemokraten mit 24,5 und noch vor der CDU mit 21,9. | |
Klar, mitregieren kostet meist Zustimmung – gerade wenn ein aus dem Lot | |
geratener Haushalt zu regulieren ist: Bremen dürfte das einzige Bundesland | |
sein, in dem der Rechnungshof fehlende Investitionen und den Sanierungsstau | |
angemahnt hatte. Bremerhavens Stadtregierung hingegen ist eine große | |
Koalition, und entsprechend haben die Grünen dort bei der Bürgerschaftswahl | |
rund dreimal so viel zugelegt wie in Bremen-Stadt. Andererseits: Die | |
Europawahl-Stimmen müssen ja auch irgendwohin verschwunden sein. Und | |
tatsächlich haben sowohl CDU als auch Linke bei der Bürgerschaftswahl | |
besser abgeschnitten als bei der zum Europaparlament. Wer von beiden hat | |
den Grünen da die Streusel vom Kuchen geklaut? Hätte eine Koalitionsaussage | |
in die eine oder die andere Richtung diese Wählerwanderung verhindert? | |
Darüber gibt es keine Erhebung. Und die Mischungen der Parteipräferenzen in | |
den Wahlbüchern – in Bremen haben alle Wahlberechtigten fünf Stimmen, die | |
sie frei auf Listen und KandidatInnen verteilen können – gehören zu den | |
Analysen, die erst nach Pfingsten vorliegen werden. | |
Beide wären hilfreich, wenn es bei Koalitionsfragen wirklich um so etwas | |
wie den Wählerwillen gehen würde, ein reichlich leerer Begriff: In | |
Wirklichkeit geht es eher um den Willen zur Mehrheit, die Fähigkeit zur | |
Zusammenarbeit und vor allem die Befindlichkeit des Spitzenpersonals: | |
Angesichts des Wahlkampfflirts mit der Union hatte die | |
Grünen-Spitzenkandidatin bereits den Spitznamen Jamaike Schaefer verpasst | |
bekommen. Spätestens beim taz Salon zur Wahl waren die Differenzen zwischen | |
Rot-Rot und Grün offen ausgebrochen. | |
Trotzdem: „Mein Herz schlägt links“, hatte Schaefer danach im Interview | |
betont. Ob Rot-Grün-Rot möglich sei, hänge „insbesondere daran, ob die | |
Linke in der harten Realität begrenzter Mittel ankommen will und ob ein | |
wirksamer Klimaschutz für sie mehr als nur ein wahltaktisches | |
Lippenbekenntnis ist“. | |
31 May 2019 | |
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## AUTOREN | |
Benno Schirrmeister | |
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