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# taz.de -- Deutscher Spitzenkandidat der EVP: Er will den Ton in der EU angeben
> Manfred Weber stellt sich in Athen als Kandidat für die Europäische
> Volkspartei bei der Europawahl vor. Er macht weitrechende
> Wahlversprechen.
Bild: Will die EU-Außengrenze bis 2022 abriegeln: CSU-Mitglied Manfred Weber
Athen taz | Der Kandidat liebt die große Geste. Ausgerechnet im Zappeion,
einem monumentalen, mit riesigen Säulen verzierten Gebäude im Herzen von
Athen, hält Manfred Weber seine erste große Kundgebung für die Europawahl
ab. 1979 wurde hier der Beitritt Griechenlands zur Europäischen
Gemeinschaft unterzeichnet. Nun soll an diesem Ort die europäische
Demokratie erneuert werden.
Nicht mehr die Bürokraten in Brüssel, sondern die Bürger und ihr neuer
Kommissionspräsident sollen die Geschicke der EU bestimmen, verspricht
Weber. Wenn er Ende Mai gewählt werden sollte, werde er 1.000 überflüssige
EU-Regulierungen abschaffen. Welche das sein sollen, bleibt allerdings
offen – wie so vieles an diesem Abend.
Der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei, in der CDU und CSU den
Ton angeben, überrascht mit weitreichenden Wahlversprechen. Doch bei der
Umsetzung bleiben viele Fragezeichen. Die Beitrittsverhandlungen mit der
Türkei will er beenden. Dabei kann die EU-Kommission dafür nur eine
Empfehlung aussprechen, das letzte Wort haben die Staats- und
Regierungschefs.
Die vor allem in Osteuropa und den USA angefeindete deutsch-russische
Pipeline Nord Stream 2 will er stoppen. Allerdings ist die Ostseeröhre
schon in Bau, die Aufsicht liegt bei den deutschen Behörden. Und selbst
Jean-Claude Juncker, der noch amtierende Kommissionspräsident, hat es nicht
geschafft, Nord Stream zu verhindern.
Wenig realistisch auch Webers Forderung, den europäischen Grenzschutz
schneller auszubauen. Bereits 2022 soll die EU-Grenzschutzbehörde Frontex
auf 10.000 Mann aufgestockt werden – und nicht, wie gerade beschlossen,
erst 2027. Doch wie soll das gehen? Webers Parteifreund,
Bundesinnenminister Horst Seehofer, hält bestenfalls 2025 für machbar.
Schneller kann auch Berlin nicht liefern.
## „Strong, smart and kind“ soll die EU werden
Weber ignoriert das. Es sei „inakzeptabel“, die EU-Außengrenze erst so sp�…
vor „illegalen Migranten“ abzuriegeln, ruft er den 1.000 geladenen Gästen
zu, vor allem Anhänger der konservativen griechischen Oppositionspartei Nea
Dimokratia. Man dürfe es nicht „den Schleppern“ überlassen, zu entscheide…
wer nach Europa komme.
Dafür erntet Weber viel Beifall. Applaus gibt es auch, als er ein
europäisches FBI zur Terrorbekämpfung fordert. Oder einen „Masterplan“
gegen Krebs. Oder ein weltweites Verbot von Einweg-Plastik nach EU-Vorbild.
All das seien Ideen, die ihm bei seiner „Listening Tour“, also bei Treffen
mit Bürgern, gekommen seien, so der CSU-Politiker.
Aus diesen Begegnungen will Weber auch „ein Mandat“ ableiten. Seine
Wahlversprechen sollen nicht nur ihn, sondern auch die Staats- und
Regierungschefs binden. Gleich nach der Europawahl im Mai will er mit
Kanzlerin Angela Merkel und ihren Amtskollegen eine Art Regierungsprogramm
festzurren, das natürlich auf seinem Wahlprogramm basieren soll. „Strong,
smart and kind“ soll die EU werden – also stark, clever und
bürgerfreundlich.
Auf keinen Fall dürfe man weiter machen wie bisher und sich die EU-Politik
von „den Bürokraten“ in Brüssel vorschreiben lassen. Erst vor ein paar
Tagen, berichtet Weber verärgert, habe er ein Programm der EU-Kommission
für die nächsten fünf Jahre erhalten. „Das ist völlig absurd“, empört …
der Kandidat. Jetzt hätten die Wähler das Wort, die Politik müsse dann
folgen.
## Webers Chancen sind kleiner geworden
Auch das kommt gut an in Athen. Doch mit der Realität in Brüssel hat es
nicht viel zu tun. Sollte Weber im Mai die Wahl gewinnen und danach
tatsächlich zum Kommissionschef gewählt werden, so bekäme er es zunächst
mit Martin Selmayr zu tun, dem mächtigen Generalsekretär der EU-Kommission.
Der deutsche Jurist zieht in der Brüsseler Behörde alle Fäden. Weber kommt
nicht an ihm vorbei.
Zudem werden es sich die EU-Chefs nicht nehmen lassen, selbst die
Prioritäten für die nächsten Jahre festzulegen. Damit fangen sie sogar
schon auf einem Sondergipfel am 9. Mai im rumänischen Hermannstadt an. Im
Herbst entscheiden Merkel und die Ihren über das nächste EU-Rahmenbudget
für die Jahre 2021 bis 2027. Dabei werden die Prioritäten dann
festgeklopft.
Das Hauptproblem für Weber dürfte aber sein, überhaupt gewählt zu werden.
Denn mit der Entscheidung, den Brexit auf den Herbst zu vertagen und die
Briten zur Teilnahme an der Europawahl zu verpflichten, sind Webers Chancen
kleiner geworden. Nach den letzten Umfragen in Großbritannien liegen die
Brexiteers vorn, auch die Sozialdemokraten rechnen sich gute Chancen aus.
Beides würde Frans Timmermans nutzen, dem Spitzenkandidaten der
Sozialdemokraten. Er ist Webers schärfster Rivale.
24 Apr 2019
## AUTOREN
Eric Bonse
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